Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Colin Cotterill

Titel: Colin Cotterill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Siri und seine Toten
Vom Netzwerk:
Grabzeremonie beigesetzt. Eingeäschert werden konnten sie nicht, weil man fest daran glaubte, dass ihre Seele noch nicht bereit sei, in den Himmel aufzusteigen.
    Aberglaube, Religion und Brauchtum fielen in Laos oft zusammen, und selbst Siri, der keinerlei spirituel e Überzeugung hegte, fand an dieser Praxis nichts Besonderes. Die Gebeine hielten Zwiesprache mit der Erde, bis die Familie übereinkam, dass ausreichend Zeit verstrichen sei. Dann wurde der Leichnam, so die Familie ihn denn wiederfinden konnte, ausgegraben und mit al en Feierlichkeiten eingeäschert.
    Siri fand Kumsing im Projektbüro, das er sich mit fünf Soldaten teilte. Er saß an einem Schreibtisch in der Ecke, dem kleinsten Schreibtisch in der Stube.
    Siri merkte, dass der dünne Mann bei der Arbeit zuckte, und fragte sich, ob der Tic von dem Stress herrührte, unter dem er stand. Um seinen Rang zu verbergen, trug er ein weißes T-Shirt und hatte al en verboten, ihn zu grüßen.
    Wenn die Hmong ihn nicht umbrachten, würde er wahrscheinlich vor Angst sterben.
    Er nahm den Hauptmann mit nach draußen und erzählte ihm, was er gefunden oder, besser, nicht gefunden hatte. Gemeinsam gingen sie über die Lichtung. Nicht einmal in Vientiane hatte Siri je so viele Baumaschinen an einem Ort gesehen wie hier.
    »Sol das heißen, sie sind eines natürlichen Todes gestorben?«
    »Nein, das sol nur heißen, dass sie keines nicht natürlichen Todes gestorben sind. Ich habe al erdings auch keinerlei Hinweise auf eine natürliche Todesursache gefunden.«

    »Aber der Hauptmann ist gegen den verdammten Baum gerast. Also, wenn das keine nicht natürliche Todesursache ist, weiß ich es auch nicht.«
    »Da war er schon tot.«
    »Ausgeschlossen. Die Männer haben gesagt, er hätte buchstäblich auf dem Gaspedal gestanden und sich die Seele aus dem Leib gebrül t. Sie müssen sich irren.«
    »Schön wär’s. Aber ich habe nicht den geringsten Zweifel. Weder ist er bei dem Zusammenstoß mit dem Baum ums Leben gekommen, noch hat ein Herzanfal seinen Freund dahingerafft. Ich habe keinerlei Anhaltspunkte dafür gefunden, dass sie mit einem traditionel en Wirkstoff vergiftet worden sind.
    Aber ich habe von Wundermitteln gehört, die einen Menschen umbringen können, ohne nachweisbare Spuren zu hinterlassen. Es würde ewig dauern, die entsprechenden Tests durchzuführen.«
    Diese Unterredung bereitete Kumsing offensichtlich wenig Freude, denn sein Tic schien mit jedem Satz schlimmer zu werden. Er schlug mit einem Bambuszweig auf seinen Oberschenkel ein.
    »Haben Sie die Einheimischen befragt?«, erkundigte sich Siri.
    »Die Hmong? Die streiten einfach al es ab. Sie werden wohl kaum einen ihrer eigenen Leute ans Messer liefen. Ein komisches Völkchen, diese Hmong mit ihrem Geister-Hokus-pokus. Es würde mich nicht wundern, wenn einer ihrer Medizinmänner in seiner Hexenküche Gifte und Drogen in großen Mengen produziert.«
    »Wie weit ist es zum nächsten Dorf?«
    »Vier, fünf Kilometer. Warum?«
    »Ich möchte mit den Leuten reden.«
    »Ach. Das wird Ihnen wenig bringen.«
    »Hauptmann, fal s überhaupt eine Droge im Spiel war, können wir sie nur isolieren, wenn wir wissen, wonach wir suchen. Um das herauszufinden, müssen wir Proben nehmen und sie in Vientiane analysieren. Erst dann können wir die genaue Todesursache feststel en, und Sie können jemanden verhaften. Al es klar?«
    »Ich glaube schon.«

    »Gut. Dann brauche ich einen Fahrer.«
    »Wie, jetzt gleich?«
    »Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.«
    »Aber in ein paar Stunden wird es dunkel.«
    »Dann trifft es sich ja gut, dass ich im Dunkeln keine Angst habe, nicht wahr?«
    Sie fuhren einen überwucherten Pfad entlang, ähnlich dem am Flugplatz.
    Diese Pisten waren vermutlich von Schmugglern angelegt worden und aus der Luft deshalb wahrscheinlich nicht zu erkennen. Der Ho-Chi-Minh-Pfad hatte ähnlich ausgesehen, ein schmaler Tunnel durch den Dschungel. Kein Wunder, dass es den Amerikanern nicht gelungen war, die Nachschublinie der Vietnamesen abzuschneiden. Die Hmong hatten den Trick offenbar bei ihren Feinden abgeschaut.
    Hauptmann Kumsing hatte es vorgezogen, im Lager zu bleiben. Er hatte Siri einen Fahrer und einen jüngeren Hauptmann zur Seite gestel t. Der Fahrer war der Freundlichere der beiden.
    Siri wol te wissen, ob sie am Projektgelände vorbeikommen würden.
    »Nein, Doktor. Das liegt etwa dreizehn Kilometer in dieser Richtung.«
    »Ach ja? Ziemlich weit vom Schuss für

Weitere Kostenlose Bücher