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Colin Cotterill

Titel: Colin Cotterill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Siri und seine Toten
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du… hat er, nur mit einem Ochsenhorn bewaffnet, zwanzigtausend Annamesen in die Flucht geschlagen.«
    »Vor tausendfünfzig Jahren?« Wieder lachte Siri, und die Hmong lachten mit.
    Sie waren ein gutes Publikum. »Ich weiß, al mählich sieht man mir mein Alter an, aber tausendfünfzig Jahre? Habt Mitleid mit einem alten Mann.«
    Nabai meldete sich zu Wort. »Das ist nicht der Körper, den du damals hattest.
    In diesem Körper würdest du ja selbst gegen einen halben Vietnamesen den Kürzeren ziehen.«
    »Das ist sehr freundlich von Ihnen.« Noch so eine Redensart der Hmong. Ihre Sprache war offenbar recht simpel, wenn er sie al ein durch den Umgang mit diesen Leuten erlernen konnte. »Aber wenn ich einen anderen Körper habe, woher wisst ihr dann, dass ich es bin?«
    Der Hauptmann verlor endgültig das Interesse an diesem Trauerspiel und ging mit den Wachposten essen.
    »Den Körper kann man wechseln«, erklärte Tshaj, »die Augen aber bleiben.
    Die Flussfrosch-Smaragde sind unverkennbar. Zai, der Geist des Regenbogens, hat zwei Flussfrösche in Smaragde verwandelt, um dem ersten Schamanen dafür zu danken, dass er ihm mehr Farben geschenkt hat. Sie werden von Körper zu Körper weitergegeben.«
    Also lag es an den Augen. Es lag einzig und al ein an seinen grünen Augen.
    Trotz seiner Beteuerungen während des anschließenden Essens hielten sie hartnäckig an ihrer Überzeugung fest, dass er ein tausend Jahre alter Schamane sei, da half es auch nichts, wenn er ihnen seinen Motorradführerschein zeigte. Und selbst nachdem er sich hatte breitschlagen lassen, im Dorf zu übernachten, und der Hauptmann und der Fahrer den Heimweg angetreten und ihn der Obhut der ständigen Wachposten überlassen hatten, schien ihm die Sache nicht ganz geheuer. Es war ihm peinlich, sich al ein durch die Ähnlichkeit mit Yeh Ming Kost und Logis erschlichen zu haben. Dennoch amüsierte er sich prächtig.
    Das Rätsel, das er lösen sol te, war irgendwie in den Hintergrund gerückt.
    Aber als vermeintlicher Schamane würde er am Ende vermutlich mehr erfahren als der Hauptmann. Er saß mit den männlichen Ältesten unter einem grob gezimmerten Pavil on am Dorfrand. Sie leerten eben die zweite Flasche des köstlichsten aromatisierten Reiswhiskys, den er je getrunken hatte.
    »Ich wil euch verraten, warum ich hier bin«, sagte er.
    Tshaj fiel ihm ins Wort. »Wir wissen, warum du hier bist.«
    »Ach ja? Warum denn?«
    »Wegen der toten Soldaten.«
    »Stimmt. Kannst du mir sagen, woran sie gestorben sind?«
    »Ja.«
    Im entscheidenden Augenblick erschien die reizende Tante Suab. Sie fertigte und verkaufte Amulette und kam mit zwei Handvol ausgesuchter Exemplare an den Tisch.
    Tshaj war verärgert. »Suab, das hier ist eine Männer Versammlung.«
    »Es tut mir schrecklich leid, Bruder. Aber das hat keine Zeit bis morgen früh.«
    Sie kippte das Sortiment von Pendeln, Amuletten, Kult- und Opfergegenständen vor Siri auf den Tisch und trat zurück. Siri lachte.
    »Um Gottes wil en. Die muss ich doch hoffentlich nicht al e tragen?« Auch die anderen lachten.
    Suab schüttelte den Kopf. »Nein,Yeh Ming. Nur eins. Ich habe eins davon mit deinem Zauber gesegnet.«
    »Welches?«
    »Das wirst du schon sehen.«
    »Wie?«
    »Es wird sich dir offenbaren.«
    Siri starrte stirnrunzelnd auf die über dreißig Medail ons. Wenn er das Falsche wählte, würden sie ihn als Pathologen viel eicht ernster nehmen. Seine Chancen standen gut. Zwar wäre der Zauber des Abends dann dahin, aber das musste nicht unbedingt ein Nachteil sein.

    Er griff nach dem größten Amulett. Es war ein hässlicher, verstaubter Klumpen. Ein gesegnetes Amulett hätte Suab gewiss vom Staub befreit, wenn nicht sogar gespült oder gesalbt. Das reinste Kinderspiel.
    Doch als er die Hand ausstreckte, blieb er mit dem losen Manschettenknopf irgendwo hängen. Er hob den Arm und sah, dass der Knopf sich in dem Lederriemen eines kleinen schwarzen Prismas verfangen- hatte. Das Amulett war so alt, dass die Schriftzeichen oder Bilder, die es viel eicht einmal geschmückt hatten, längst nicht mehr zu erkennen waren.
    »Ja«, sagte Tante Suab und seufzte. »Ja.«
    »Nein, warte. Das gilt nicht. Darf ich noch mal?« Aber es war zu spät.
    Suab klaubte die übrigen Medail ons zusammen, ging zufrieden lächelnd davon und ließ die Männer mit dem gesegneten Amulett zurück.
    »Eigenartig«, räumte Siri ein.
    »Wil st du es nicht anlegen?«, fragte ein Mann.
    »Das fehlte gerade noch, dass ich auf

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