Colin-Saga 02 - Das Armageddon-Vermächtnis
Um genau zu sein: bei den HyperWerfern. Da wir uns nicht auf Strahlenwaffen verlassen können, brauchen wir Raketen, aber Raketen ziehen eben wieder ganz eigene Probleme nach sich. Wie Colin so gerne sagt: ›Alles hat seine Vor- und Nachteile‹.
Unterlicht-Raketen kann man von jedem beliebigen Punkt aus abfeuern, aber die lassen sich recht leicht abfangen, vor allem über interplanetarische Entfernungen hinweg. HyperRaketen kann man nicht abfangen, allerdings kann man die auch nicht durch die Atmosphäre schicken. Selbst Luft besitzt eine gewisse Masse, und die Masse, mit der eine HyperRakete in den Hyperraum eintritt, ist entscheidend dafür, wo sie wieder in den Normalraum zurückkehrt. Deswegen bringen Kampfschiffe ihre HyperRaketen ja immer innerhalb ihrer Schilde in Position, bevor sie sie abschießen.«
Hatcher beugte sich vor und lauschte aufmerksam. Vor der Meuterei war Horus Geschütz-Spezialist gewesen; was auch immer er zu diesem Thema zu sagen hatte: Der General wollte keine Silbe davon verpassen.
»Das können wir nicht von einem Planeten aus tun. Na ja, wir könnten schon, aber planetare Schutzschilde sind etwas anderes als die Schilde eines Kampfraumers! Zumindest bei bewohnten Planeten. Die Schilddichte ist abhängig von der Schildfläche; über ein gewisses Maß hinaus kann man einen Schild nicht weiter verdichten, wie viel Energie man auch hineinsteckt. Um den Schild zur Abwehr auch wirklich großer Projektile dicht genug zu machen, müssten wir den Schild bis in unsere Mesosphäre hinein kontrahieren. Die meisten kleineren Waffen können wir auch dann noch abwehren, wenn der Schild über die Atmosphäre hinausreicht, aber nicht die richtig großen Brocken! Und wir können nicht einfach davon ausgehen, dass wir es nicht mit schweren Geschossen zu tun bekommen werden. Eigentlich dürfte eben der Einsatz schwerer Geschosse sogar genau der Grund sein, aus dem wir unsere eigenen Raketen von planetaren Stützpunkten aus werden abfeuern müssen.«
»Und wenn der Schild kontrahiert wird, dann befänden sich die Raketen außerhalb, sodass die Achuultani sie einfach ausschalten könnten.«
»Ganz genau. Also müssen wir einplanen, die Raketen unmittelbar bei Abschuss in den Hyperraum zu schicken; und das bedeutet, dass wir Werfer brauchen, die groß genug sind, das gesamte HyperFeld einzuschließen – also etwa das Dreifache des Volumens der jeweiligen Rakete selbst –, oder die Werfer reißen Stücke aus dem Verteidigungszentrum heraus, wenn sie losjagen.« Horus zuckte mit den Schultern. »Da eine schwere HyperRakete etwa vierzig Meter lang ist, und der Werfer luftdicht abgeschlossen und außerdem jederzeit innerhalb von Sekundenbruchteilen evakuierbar sein muss, ist wohl klar, dass allein schon der Bau von diesen Dinger eine wirklich innovative Ingenieurleistung verlangt.«
»Ich verstehe.« Nachdenklich legte Hatcher die Stirn in Falten. »Wie weit sind Sie bisher hinter dem Zeitplan zurückgefallen, Horus? Wir werden diese Werfer brauchen, um unsere Orbital-Verteidigung zu decken, egal was passiert.«
»Ach, bisher stecken wir noch nicht in Schwierigkeiten. Geb hatte in seinen Plänen von vorneherein einen gewissen Zeitverlust einkalkuliert, von dem er meint, er könne den auch wieder aufholen, sobald erst einmal mehr imperiales Gerät online gegangen ist. Lassen Sie uns noch sechs Monate, dann sollten wir wieder ganz im Zeitplan liegen! Selbst gemäß der pessimistischsten Schätzung, die Dahak abgegeben hat, bleiben uns noch zwei Jahre, bis die Achuultani eintreffen, und bei der ersten Angriffswelle sollten wir es nur mit etwa eintausend Aufklärern zu tun bekommen. Wenn wir denen eine hinreichend starke Abreibung verpassen, dann bleibt uns schätzungsweise ein weiteres Jahr, in dem wir unsere Verteidigung ausbauen können, bevor die Hauptflotte eintrifft. Und es steht zu hoffen, dass wir selbst bis dahin auch über weitere Kriegsraumer verfügen.«
»Das steht zu hoffen«, pflichtete Hatcher ihm bei. Er versuchte, möglichst zuversichtlich zu klingen, doch Horus und er wussten genau, was hier auf dem Spiel stand. Sie wussten, dass sie eine gute Chance hatten, die Aufklärer der Achuultani abzuwehren. Aber wenn Colin nicht die Hilfe fand, die sie unbedingt brauchten, dann hatte die Erde gegen die Hauptangriffswelle des Feindes nicht den Hauch einer Chance.
Der kalte Winterwind und der dunkle, wolkenverhangene Himmel über den Betonautobahnen von T'ai-yuan erschien Marschall Tsien
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