Colin-Saga 03 - Die Erben des Imperiums
abgeschlossen haben, dürften sie nach Osten ziehen, geradewegs auf den Tempel zu.«
»Das ist auch meine Vermutung«, bestätigte Rokas.
»In der Zwischenzeit«, wandte sich Vroxhan wieder an Frenaur, »sehe ich keine andere Möglichkeit, als Malagor mit dem Interdikt zu belegen. Bitte kümmere dich um die Proklamation!«
»Das werde ich«, gehorchte Frenaur unglücklich. Was sein musste, das musste eben sein.
»Versteht mich richtig, meine Brüder!«, sagte Vroxhan sehr leise. »Es wird keine Kompromisse geben, was diese Ketzerei betrifft. Mutter Kirche hat das Schwert gezogen; es wird nicht eher wieder in seiner Scheide verschwinden, bis auch der letzte Ketzer tot ist!«
Kapitel Sechsundzwanzig
Robert Stevens – mittlerweile nicht mehr ›Hochwürden Stevens‹ – starrte mit hasserfüllten Augen auf das Display, auf dem gerade die Übertragung lief. Von einer reich mit Schnitzereien verzierten Kanzel aus blickte Bischöfin Francine Hilgemann auf die Kongregation hinab, und ihre sanfte, klare Stimme klang sehr mitfühlend.
»Brüder und Schwestern, Gewalt ist keine Antwort auf Furcht. Vielleicht mögen ja manche Seelen sich verirrt haben , doch die Kirche kann und wird das Handeln derjenigen nicht gutheißen, die den Willen eines liebenden Gottes trotzen, indem sie in vernunftlosem Hass nach anderen schlagen! Gottes Volk wird sich weder die Hände mit Blut besudeln, noch ist es angemessen, dass im Zorn der Tod eines Menschen herbeigeführt wird. Diejenigen, die sich selbst das ›Schwert Gottes‹ nennen, sind nicht Seine Diener, sondern die Zerstörer all dessen, was Er lehrt, und ihre …«
Stevens schnaubte und schaltete den Bildschirm aus. Ihm war übel bei dem Gedanken, dass er einst Respekt empfunden hatte vor dieser … dieser … Ihm fiel einfach keine Bezeichnung ein, die in angemessener Art und Weise abwertend gewesen wäre.
Langsam ging er auf und ab, und seine Augen begannen hässlich zu funkeln. Widerwille und Abscheu hatten ihn aus der Kirche vertrieben, doch Hilgemann und Menschen wie sie würden das ›Schwert Gottes‹ niemals zu schwächen vermögen! Deren Verderbtheit steigerte nur die Entschlossenheit der wahren Gläubigen, und mit jedem Tag wurden die Wunden, die das ›Schwert‹ schlug, tiefer und tiefer!
So wie er, Stevens, zugeschlagen hatte. Der erschreckendste – und befriedigendste – Tag seines Lebens war der Tag gewesen, an dem er begriffen hatte, warum seine Zelle gegen Vincente Cruz ausgeschickt worden war. Dass auch Cruz' Frau und die Kinder den Tod hatten finden müssen, hatte einigen aus seiner Gruppe zu schaffen gemacht. Aber Gottes Werk erforderte Opfer, und wenn Unschuldige starben, so würde Gott sie als die Märtyrer empfangen, zu denen sie geworden waren. Dass er jedoch das Instrument gewesen sein sollte, das die Erben des Imperiums ausgelöscht hatte – Erben, die so verdorben waren, einen Narhani als ihren Freund bezeichnet zu haben, das hatte Stevens immens begeistert.
Es hatte noch andere Aufträge gegeben, aber nicht einer davon war so befriedigend gewesen wie dieser … oder wie der, auf den er sich jetzt schon freute. Es war an der Zeit, dass Francine Hilgemann begriff, dass die wahren Auserwählten Gottes ihre sie selbst der Verdammnis überantwortenden Kompromisse mit dem Antichristen ablehnten.
Mit ruhigen Augen und ganz entspannt saß Unteroffizier Graywolf da, denn er wusste, wie man wartete. Vor allem, wenn man auf etwas so Befriedigendes wartete.
Er wusste nicht, woher die Analytiker diese Information erhalten hatten. Der Einsatzbesprechung nach musste wohl ein Kurier abgefangen worden sein. Wirklich von Bedeutung allerdings war eigentlich nur, dass sie jetzt wussten, was sie zu wissen hatten. Mit ein wenig Glück würde er vielleicht sogar einen dieser Dreckskerle lebendig fassen können. Daniel Graywolf ging stets professionell vor, und er wusste, wie nützlich das sein würde … doch tief in seinem Innersten hoffte er, dass die andere Seite dann vielleicht doch nicht ganz so viel Glück haben würde.
Stevens dankte dafür, dass die Nacht so verregnet war. Die feuchte Schwärze würde die imperialen Überwachungssysteme nicht behindern, aber die Menschen, die diese Systeme nutzten, waren eben nur Menschen. Der triste, kalte Winterregen würde deren Verstand einlullen, sie langsamer machen – genau das, worauf es wirklich ankam.
Arm in Arm gingen Alice Hughes und Tom Mason hinter ihm her, wie ein verliebtes
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