Colin-Saga 03 - Die Erben des Imperiums
waren schließlich in zufriedenstellendem Maße erfolgreich gewesen, die Offiziere dazu zu ermutigen, Fragen zu stellen, wann immer sie irgendetwas nicht verstanden. Dieses Mal jedoch nickte nach und nach jeder Hauptmann ernsthaft.
»Gut!« Bewusst forsch faltete Sean die Karte zusammen, dann wandte er sich um und blickte nach Nordosten, zu den Dragonern hinüber, die er ausgeschickt hatte, um die gesamte Flanke der vorrückenden Truppen zu sichern. In einiger Entfernung konnte er ein Dorf erkennen, das eigentlich vollständig hätte evakuiert sein sollen … doch das war es nicht.
Sandys Warnung, dass noch Einheimische in der Gegend seien, war rechtzeitig eingetroffen – hoffte Sean jedenfalls. Er hatte Flankierungskolonnen von Dragonern vorgeschickt, dann hatte er sie von Osten her das Gelände aufrollen lassen, und sie schienen tatsächlich alle Dorfbewohner eingesammelt zu haben, bevor irgendjemand nach Malz hatte entkommen können.
Es war der neunte Tag seit ihrem Aufbruch nach Erastor. Seans ursprünglichen Schätzungen und Plänen gemäß hätte er schon nah genug an Ortak herangekommen sein müssen, um dessen Nachhut anzugreifen. Tatsächlich befanden sich Sean und seine Malagoranern immer noch südlich des Mortan; das Wetter machte ihnen wieder das Leben schwer, und die vordersten Rotten des Entsatzheeres für den Gegner sollten die Weggabelung kurz vor Malz innerhalb der nächsten vier Tage erreichen. Seans Zeitfenster war jetzt extrem eng geworden, und wenn tatsächlich irgendeiner dieser Bauern geflohen sein und dem Feind vom Kommen der feindlichen Truppen berichtet haben sollte, bekäme Sean bald richtig dicken Ärger hier.
Na ja, Sandys getarnte Spione würden ihn schon warnen, wenn die ›bösen Jungs‹ wirklich Wind davon bekämen, dass er gegen sie vorrückte. Was ihm bedauerlicherweise natürlich nicht allzu viel helfen würde, wenn es tatsächlich dazu kam, jetzt, nachdem auf seinen Befehl hin die Malagoraner den Fluss überquert hatten: Nun saßen seine Leute genau zwischen Ortak und dem Entsatzheer unter dem Kommando von Oberhauptmann Terrahk in der Falle.
Sean schüttelte seine Sorgen ab und nickte seinen Offizieren zu.
»Dann wollen wir das Ganze mal in Bewegung setzen«, sagte er, und sie schlugen sich zur Bestätigung gegen den Brustpanzer, ehe sie davoneilten.
Wenn man die unerwarteten Strapazen bedenkt, die ihnen der Sumpf aufgezwungen hat, sind meine Männer ausgezeichnet in Form, dachte Sean, angestrengt, aber noch längst nicht erschöpft. Ihre Kampfmoral war sogar besser, als er sich jemals erhofft hatte. Sie alle hatten diesen Sumpf verabscheut , aber trotz ihrer Verspätung war ihre Zuversicht ungebrochen. Und das war auch gut so, denn sie mussten an diesem Tag noch zehn weitere Kilometer zurücklegen. Malz war zudem an die Semaphoren-Kette angebunden, die Erastor mit östlich gelegenen Orten verband: Jede dieser Semaphoren-Stationen war eine hoch aufragende, kranartige Konstruktion, die es der Besatzung gestattete, kilometerweit in jede Richtung zu schauen, sodass sie zugleich auch ein Wachturm war. Das bedeutete, dass diese Kette im Schutz der Nacht würde durchbrochen werden müssen, bevor eine Warnung abgesendet werden konnte, egal in welche der beiden Richtungen, und das entschied nicht nur, wann Sean Malz erreichen und sichern musste, sondern auch, wann er seine Truppen über den Fluss zur Hauptstraße zwischen Baricon und Erastor zu schaffen hatte.
Er rief sein eigenes Branahlk herbei und ging dann langsam zu seiner Infanterie zurück. Gerne hätte er die Dragoner persönlich begleitet. Aber wenigstens wachte Sandys getarnter Kutter über sie. Sandy würde ihm schon Bescheid geben, wenn irgendetwas schief liefe, und er musste bei seinem Haupttruppenverband bleiben, jederzeit bereit, auf jedwede Warnung zu reagieren, die Sandy vielleicht schicken würde.
Sean drehte sich im Sattel um und schaute zu, wie Hauptmann Juahl die Dragoner gen Osten führte. Juahl ist ein guter Mann, sagte er bei sich, und er hat den Plan verstanden. Das wird einfach ausreichen müssen.
Es war schon fast Mitternacht, als die Vorhut von Seans Gewehrschützen-Regiment Malz erreichte. Feuerstellen waren rings um den Ort angelegt worden, und einzelne Dragoner-Trupps sicherten die wenig spektakulären Stadtmauern. Es war keine große Stadt – kaum mehr als achttausend Einwohner zu normalen Zeiten, und die Bevölkerung war drastisch geschrumpft, als die Heiligen Heerscharen auf dem Weg
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