Colin-Saga 03 - Die Erben des Imperiums
ein hartes Stück Arbeit werden; aber er musste es schaffen, bevor noch irgendjemand eine Dummheit beging. Stomald und die ›Engel‹ hatten – nicht zuletzt dank der blutrünstigen Dienstvorschriften eines gewissen Hauptmann-Generals namens ›Erlaucht Sean‹ – eine bemerkenswert gut organisierte Armee auf die Beine gestellt.
Die Tatsache, dass sie sich als Eliteeinheit ansahen und voller Zuversicht damit rechneten, einer sehr viel größeren Armee beizeiten ganz gewaltig in die empfindlichsten Körperteile zu treten, half natürlich dabei, ihnen ein gewisses Image zu verleihen, dem sie jetzt auch nachkommen mussten. Sean wusste eines mit Sicherheit: Bisher hatte es vor allem deshalb keine brutaleren Übergriffe auf den Feind gegeben, weil es den Heiligen Heerscharen nicht gelungen war, Malagor zu erreichen. Die Tempelgarde von Malagor hatte zwar auf ihrem erfolglosen Marsch gegen Klippenend reichlich Dörfer in Brand gesteckt, vielleicht genug, um Rachegelüste aufkommen zu lassen. Doch die Hälfte der Männer, die daran beteiligt gewesen waren, waren danach angesehene Angehörige der ›Armee der Engel‹ geworden und hatten ihr Bestes gegeben, um Wiedergutmachung zu leisten. Yorstadt und die Einnahme der Thirgan-Schlucht hatten all die anderen Gräuel, die sich bei religiös motivierten Kriegen fast nie vermeiden ließen, verhindert, und Seans Männer hatten daher tatsächlich kaum das Bedürfnis, Rache zu nehmen. Sean hatte die Absicht, dafür zu sorgen, dass es auch weiterhin so blieb. Eine Hand voll aufgebrachter, panischer Dorfbewohner, die es sich in den Kopf gesetzt hatten, ›dieser Ketzerei zu widerstehen«, oder vielleicht auch nur überzeugt davon waren, sie müssten ihre Familien verteidigen, konnten mit Leichtigkeit ein Feuergefecht provozieren, das sehr schnell in einem ausgewachsenen Massaker enden konnte.
Aber das darf und wird nicht passieren!, sagte er sich selbst entschieden. Er war der ›Teufel mit der goldenen Zunge‹, der seine Ziele zu erreichen versuchte, indem er nichts als die Wahrheit sagte, und schließlich hatte er noch Tibold an seiner Seite, der ihm Ratschläge erteilen konnte. Gemeinsam würden sie es schon schaffen, die Bevölkerung dazu zu bringen, ihre Tore zu öffnen, ohne dass auch nur ein einziger Schuss würde abgefeuert werden müssen.
Weit außerhalb der Reichweite glattläufiger Gewehre blieb er stehen und wartete auf Tibold, und währenddessen begann er darüber nachzudenken, wie genau er sein erklärtes Ziel wohl würde erreichen können.
»Sie haben Malz eingenommen, und auf beiden Seiten wurde niemand verletzt«, verkündete Harriet, als sie das Kommandozelt betrat, und ihre Erleichterung war so offensichtlich, dass Tamman davon Abstand nahm, sie darauf hinzuweisen, dass jede Menge Männer in ein paar Tagen, nämlich vor Erastor, verletzt werden würden . Harry hat viel zu viel Ähnlichkeit mit ihrem Vater, und, vom Äußeren mal abgesehen, viel zu wenig Ähnlichkeit mit ihrer Mutter, dachte er traurig.
»Das sind ja wunderbare Neuigkeiten«, meinte Stomald, und Tamman nickte. Es sind auch wunderbare Neuigkeiten, dachte er. Wenigstens war Sean endlich aus diesen gottverdammten Sümpfen raus! Niemand von ihnen hatte erwartet, dass sie bei dem Versuch, diese Sümpfe zu durchqueren, derart viel Zeit verlieren würden, und der gesamte Einsatz hinkte gewaltig hinter dem Zeitplan her. Immerhin sah es jetzt ganz so aus, als würden sie es doch noch schaffen können … vorausgesetzt, das Wetter hielt sich.
»Wie sieht es an den Furten aus?«, fragte er, warf einen Blick auf die Karte und verkniff sich ein Grinsen, als Harriet neben Stomald trat und die beiden jeweils einen Arm um die Taille des anderen schlangen. Bisher dachten sie noch daran, dass niemals vor jemand anderem als Sandy oder ihm zu tun, und er wollte wirklich nicht wissen, wie die Truppen reagieren würden, wenn sie irgendwann aus ihrer Rolle fielen und in der Öffentlichkeit Zärtlichkeiten austauschten. Wie verliebt und zärtlich die beiden sich Blicke zuwarfen hatte jedoch etwas zutiefst Rührendes.
»Hm?« Harriet blickte auf, dann schüttelte sie kurz den Kopf, »'tschuldige, Tam. Sean sagt, die Furten sind tiefer als erwartet, aber zu schaffen, wenn man es ruhig angeht. Die Dragoner haben sie ohne Verluste überwinden können, und die Ingenieure ziehen gerade Haltetaue für den Rest der Kolonne. Tibold ist der Ansicht, sie würden ungefähr fünf Stunden brauchen, um alle auf die
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