Colin-Saga 03 - Die Erben des Imperiums
noch nie gesehen. Du vielleicht?«
»Ich …«
Shaldan sollte niemals mehr herausfinden, was sein Kamerad ihm hatte sagen wollen, denn noch während sie die vorbeimarschierende Kolonne anstarrten, brach diese plötzlich auseinander.
»Packt sie euch!«, brüllte Unterhauptmann Lerhak, und seine Männer schwärmten über das gesamte Vorposten-Gelände aus. Einige der Wache haltenden Dragoner stießen Warnschreie aus, und zwei oder drei wandten sich um und liefen zu den angebundenen Branahlks, doch die Überraschung war den Ketzern gelungen. Musketenkolben und Bajonette taten ihr todbringendes Werk, und innerhalb von zehn Minuten war jeder Mann, der im östlichsten Vorposten unter dem Kommando von Oberhauptmann Ortak gestanden hatte, entweder tot oder gefangen genommen.
Unterhauptmann Mathan streckte sich und rief nach seinem Reittier. Er hatte bereits einen Boten nach Erastor ausgeschickt, und wenn Feldwebel Kithar Recht hatte, dann sollte die Kolonne jetzt den Vorposten erreicht haben. So wenig er sich auf einen Ritt durch diesen Regen auch freute, es war sicherlich das Beste, ihnen zur Begrüßung entgegenzureiten, wie es sich für einen emsigen Offizier niederen Ranges gehörte. Also gab er mit einigem Bedauern das schützende Vordach auf und machte sich auf den Weg. Er ritt geradewegs gegen den Wind an, und das Wasser, das ihm immer weiter in die Augen strömte, machte es ihm schwer, auch nur zu erkennen, wohin er überhaupt ritt. Sein Branahlk warf den Kopf hin und her und tänzelte unruhig, stieß ein klagendes Pfeifen aus, um auch seine Meinung zu diesem Wetter kundzutun. Mathan presste ihm die Knie in die Flanken, um das Tier noch einmal daran zu erinnern, wer hier das Sagen hatte.
Er blickte sich um und kniff die Augen zusammen, um den Regen abzuschütteln, als er sah, wie Männer in durchnässten karmesinroten Mänteln im Halbdunkel auftauchten. Einer von ihnen winkte ihm zu, und Mathan wollte die Geste schon erwidern, da erstarrte er mitten in der Bewegung.
Er stierte sie an, schaute zu, wie sie näher kamen, und er traute seine Augen nicht. Sattel und Zaumzeug passten nicht zueinander und entsprachen definitiv nicht der Ausrüstung, die bei der Garde ausgeben wurde, und abgesehen von ihren Mänteln waren sie nicht einmal in Uniform. Zwei von denen trugen tatsächlich Stiefel, die eher wie die eines Bauern aussahen – auf jeden Fall waren es keine Stulpenstiefel! Aber das war doch unmöglich! Das mussten doch die angekündigten Gardisten sein! Niemand konnte von Osten aus nach Erastor kommen! Es sei denn, die Dämonen hätten …
Er riss sich aus seinen rasenden Gedanken und wendete ruckartig sein Reittier. Das Branahlk quiekte protestierend, als sein Reiter ihm die Sporen in die Flanken presste, dann galoppierte es so heftig los, dass Mathan die Zähne klapperten. Er musste Oberhauptmann Ortak warnen! Er …
Irgendetwas hinter ihm krachte, und Mathan blieb nicht einmal genug Zeit, einen Schrei auszustoßen, als die Kugel einer Pistole mit gezogenem Lauf ihn aus dem Sattel riss.
»Herr, das Entsatzheer wurde gesichtet!«
Oberhauptmann Ortak blickte auf und lächelte angesichts der Meldung, die sein Adjutant ihm soeben überbracht hatte.
»Na, Gott sei Dank! Lass mein Branahlk holen! Oberhauptmann Terrahk verdient es, persönlich in Empfang genommen zu werden!«
»Hast du das auch gehört?« Feldwebel Kithar hob den Kopf, spitzte die Ohren und blickte zu dem Mann hinüber, der neben ihm stand.
»Bei diesem Regen?« Der Soldat deutete zum behelfsmäßigen Dach hinauf, auf das der Regen wie ein beständiger Trommelwirbel prasselte.
»Das klang wie ein Schuss …«
»Ihr macht doch wohl Witze, Feldwebel! Da müsste man ja extra ein Wunder vollbringen, jetzt eine Joharn abzufeuern, bei so einem Wetter!«
»Ich weiß, aber …«
Kithar spähte immer noch in den Regen hinaus, als Folmaks vorderste Kompanie in den hinteren Bereich des Vorpostens stürmte.
»Folmak hat den Vorposten ausgeschaltet.«
Sean nickte, als sein Kommunikator-Implantat ihm Sandys Stimme übertrug.
»Ist irgendjemand entkommen?«, subvokalisierte er zurück.
»Ich glaube nicht. Ist schwer, das genau herauszufinden, wenn in diesem Regen so viele Leute herumrennen, aber ich sehe niemanden, der sich vom Vorposten entfernen würde.«
»Was macht Folmak jetzt?«
»Treibt die Kriegsgefangenen zusammen und stellt die Angriffskolonnen neu zusammen, um gegen die Brücke losschlagen zu
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