Colin-Saga 03 - Die Erben des Imperiums
so sehr man sein Gehör auch anstrengen mochte, es gab nichts zu hören außer dem Dröhnen der Waffen, nicht einmal das Heulen der Dudelsäcke oder Schreie, als ganze Rotten verwundeter, sterbender Männer der Garde sich am Boden wanden. Nur ihre schiere Masse trieb die Männer immer weiter voran. Die krachenden Salven aber bildeten einen einzigen, endlosen Trommelwirbel. Wie ein Wirbelsturm brandete das Mündungsfeuer auf, und etwas Derartiges hatte die Garde noch nie erlebt. Die Schockwirkung eines derart massierten, kontinuierlichen Gewehrfeuers war unbeschreiblich, und der Ansturm der Gardisten löste sich in Panik auf, zahllose Gefallene blieben zurück.
Oberhauptmann Kerist riss den Kopf hoch. Das Peitschen der Salven war in der Ferne gerade zu vernehmen, doch er hatte zu viele Schlachtfelder gesehen, um das Geräusch nicht sofort zu erkennen. Er sprang aus seinem Klappstuhl auf, der Weinpokal fiel ihm aus der Hand, und er wirbelte herum und starrte entsetzt die Mauern des Tempels an.
Er starrte immer noch dorthin, als ein anderes Geräusch, leiser, aber ihm dafür viel näher, zu vernehmen war, und er blickte sich wieder in seiner unmittelbaren Umgebung um … und wurde blass. Was er gehört hatte, war das Spannen der Gewehrverschlüsse, als ein ganzes Regiment der Ketzer wie aus dem Boden selbst gestampft auftauchte, und der Oberhauptmann blickte geradewegs in die Mündungen ihrer Schusswaffen, auf denen die aufgepflanzten Bajonette im Sonnenlicht blitzten.
Die Ehrenwache erstarrte, und der Schweiß trat Kerist auf die Stirn. Die Priester und Bischöfe keuchten entsetzt auf. Doch die Gardeoffiziere unter den Geiseln standen nun ebenso reglos da wie Kerist, und eine unerträgliche Spannung lag in der Luft, als ein Offizier der Malagoraner vortrat.
»Die Waffen fallen lassen!« Die Ehrengarde zögerte, und der Malagoraner fauchte: »Lasst sie fallen, oder ihr seid tot!«
Der Kommandant der Garde wandte sich mit flehentlichem Blick zu Kerist um, und der Oberhauptmann musste schlucken.
»Gehorcht!«, krächzte er und behielt die Malagoraner-Gewehrschützen genau im Auge, während seine Männer die Waffen fallen ließen.
»Weg von den Geiseln«, fuhr der Malagoraner-Offizier fort, und die Gardisten traten einen Schritt zurück. »Wer jetzt noch eine Waffe bei sich hat: Vortreten und fallen lassen! Wer auch immer später noch mit einer Waffe angetroffen wird, wird auf der Stelle erschossen!«
Kerist straffte die Schultern und trat vor. Sein Schwert war in der Scheide verschnürt und versiegelt, und nun zog er das Gehenk über den Kopf und legte es dann zu den abgeworfenen Piken und Joharns; dann wandte er sich seinen Offizieren zu.
»Ihr habt den Befehl gehört!« Seine eigene Stimme war ebenso harsch wie die des Malagoraners, und in Gedanken sprach er ein Stoßgebet des Dankes, als die Offiziere der Garde tatsächlich vortraten und seinem Befehl Folge leisteten, ohne dass ein einziger Schuss abgefeuert wurde. Der Malagoraner wartete, bis sämtliche Schwerter abgegeben waren, dann erhob er erneut die Stimme.
»So, ihr alle, und jetzt wieder zurück in den Hauptpavillon!« Die Geiseln und ihre entwaffneten Wachen gehorchten; vor Angst und Verwirrung stolperten sie mehr, als dass sie gingen. Nur Kerist blieb stehen, und der Malagoraner-Offizier fletschte drohend die Zähne. In der einen Hand ein Schwert, in der anderen eine Pistole, trat er auf den Oberhauptmann zu. »Vielleicht habt Ihr mich ja nicht gehört.« Seine Stimme war eiskalt, und man hörte ein metallisches Klicken, als er den Hahn der Pistole spannte und Kerist geradewegs zwischen die Augen zielte.
»Ich habe gehört, und ich werde auch gehorchen«, sagte Kerist so ruhig, wie er nur konnte, »aber ich frage dich, was ihr mit uns zu tun beabsichtigt?«
Kurz blitzte Respekt im Blick des Malagoraners auf. Er ließ die Pistole sinken, doch sein Gesicht blieb steinhart und voller Hass.
»Vorerst gar nichts«, knurrte er. »Aber wenn Erlaucht Sean und Erlaucht Tamman fallen sollten, dann werdet ihr alle für euren Verrat mit dem Leben zahlen!«
»Hauptmann«, sagte Kerist so leise, dass es über das Musketenfeuer in der Ferne kaum zu verstehen war, »ich schwöre dir, dass ich nichts über das weiß, was gerade geschieht! Fürstmarschall Surak persönlich hat mir die Sicherheit eurer Unterhändler versichert.«
»Dann hat er Euch angelogen!«, spie der Malagoraner aus. »Und jetzt geht zu den anderen hinüber!«
Kerist blickte dem fremden
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