COLLECTION BACCARA Band 0269
sehe das eher so, dass du das zweite Mal in zwei Tagen etwas Vernünftiges gesagt hast.“ Sie sah ihn an. „Keine Sorge. Ich erwarte nicht, dass es zur Gewohnheit wird.“
Noah lachte. „Was hältst du davon, wenn ich morgen Nachmittag komme und einen neuen Versuch starte? Vielleicht kann ich dann etwas Zeit mit Jessie verbringen.“
„Vorsichtig, du bist nah dran, schon wieder etwas Vernünftiges zu sagen.“
„War das ein Ja?“
„Es war ein Nein. Morgen ist Sonntag. Und Sonntagnachmittag ist Jessie immer zum Tee bei Mrs. Halliwell.“
„Wirklich?“
Es war zu dunkel, um Noahs Gesichtsausdruck zu erkennen, doch Janey spürte die Veränderung in ihm. „Du warst noch nicht bei ihr?“
„Nein.“
Janey ahnte, warum. Mrs. Halliwell war für ihn wie eine Mutter gewesen. „Sie ist dir nicht böse, Noah.“
„Aber ich habe auch sie verlassen.“
Darauf konnte sie nichts erwidern, deshalb ging sie, bevor der Wunsch, ihn in die Arme zu schließen, übermächtig wurde. Es war nicht mehr ihre Aufgabe, ihn zu trösten.
Früh am Montagmorgen betrat Janey das Schlafzimmer ihrer Tochter.
„Guten Morgen, Jessie. Zeit aufzustehen.“
„Wir haben Sommerferien“, knurrte Jessie und zog die Decke über den Kopf.
„Noah kommt heute.“
Das Mädchen stellte sich schlafend.
„Okay, du hast zwei Möglichkeiten“, sagte Janey. „Entweder du sprichst mit Noah, oder wir räumen dein Zimmer auf.“
Normalerweise war Jessies Zimmer für Janey tabu. Es war der persönliche Bereich ihrer Tochter, und wenn sie im Chaos leben wollte, okay, dann war es ihre Sache. Doch zweimal im Jahr bestand Janey darauf, das Zimmer zu entrümpeln und gründlich zu putzen.
Jessie hasste diese Tage wie die Pest, und so war es nicht verwunderlich, dass sie sofort aus dem Bett sprang und ins Badezimmer rannte.
„Sei in einer Viertelstunde unten“, rief Janey, als sie am Bad vorbeiging. Sie bekam keine Antwort, hatte aber auch keine erwartet.
Genau eine Viertelstunde später erschien Jessie im Schlafanzug in der Küche.
„Geh wieder nach oben und zieh dich an.“
Jessie verschränkte trotzig die Arme vor der Brust und rührte sich nicht vom Fleck.
„Ich zähle bis drei. Eins … zwei …“
„Ist es denn unbedingt nötig, dass er kommt?“, fragte Jessie.
Nein, hätte Janey am liebsten gesagt. Wir schicken ihn einfach wieder dorthin zurück, wo er hergekommen ist, und vergessen ihn, damit alles wieder so ist wie vorher. Denn auch wenn du keinen Vater hattest, so war unser Leben doch richtig schön. Aber sie wusste, dass sie Jessie – und Noah – eine Chance geben musste.
Sie setzte sich und zog Jessie in ihre Arme. „Ich möchte dich etwas fragen, Jessie“, sagte Janey und strich ihrer Tochter die Haare aus dem Gesicht. „Was wäre, wenn ich dir sagen würde, du müsstest deinen Vater nicht sehen – Noah“, korrigierte sie sich, als sie Jessie sich augenblicklich verkrampfte. Noch hatte er in ihren Augen diese Anrede nicht verdient. „Was, wenn ich dir erlauben würde, das Haus zu verlassen, bevor er kommt? Und was, wenn er auch nicht länger darauf bestehen würde, dich zu sehen? Angenommen, er ginge einfach zurück nach Los Angeles?“
Janey sah den Schmerz in Jessies Augen. „Meinst du, das würde er tun?“
Janey zuckte leicht mit den Schultern. „Er lebt und arbeitet dort, Jessie. Er kann nicht ewig in Erskine bleiben und darauf warten, dass du vielleicht doch noch mit ihm sprichst, verstehst du? Und wenn er geht, und du ihm keine Fragen stellen oder Zeit mit ihm verbringen konntest, wirst du dich dann nicht immer fragen, was für ein Mensch er ist? Und ob es nicht vielleicht ein Fehler war, ihm keine Chance zu geben?“
„Aber du …“
„Hier geht es nicht um mich. Was zwischen Noah und mir schiefgelaufen ist, hat nichts mit dir zu tun. Wir waren noch sehr jung und haben beide Fehler gemacht. Bist du mir böse, dass ich ihm nicht von dir erzählt habe?“
Jessie schüttelte den Kopf.
„Dann kannst du auch nicht sauer auf ihn sein, weil er sich hier nicht hat blicken lassen.“
„Doch, das kann ich trotzdem“, sagte sie trotzig, riss sich von ihrer Mutter los und sprang die Treppe hinauf. Auch wenn sie diese Runde vielleicht verloren hatte, ihre Gefühle hatten nichts mit logischen Argumenten zu tun. Noah hatte es einfach nicht verdient, dass sie es ihm zu leicht machte.
Gut gelaunt hielt Noah vor Janeys Haus, nachdem er ein paar Einkäufe in Keller’s Market erledigt hatte. Er hatte das
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