Collection Baccara Band 0282
grenzenlosen Glücksgefühl.
Sie zog sich aus, schlüpfte in ihren Pyjama, putzte sich die Zähne und klappte ihre Schlafcouch aus. Nachdem sie sich die Kissen und Decken zurechtgelegt hatte, legte sie sich hin und nahm ihr Buch zur Hand.
Es handelte von einer ländlichen Tierarztpraxis in England. Die Geschichte fesselte Mercy ungemein. Bücher hatten sie seit jeher verzaubert. Wenn sie las, konnte sie alles um sich herum vergessen. Das war schon in ihrer Kindheit so gewesen. Sie hatte die Jahre bei grässlichen Pflegeeltern oder in ebenso grässlichen staatlichen Heimen nur deshalb weitgehend unbeschadet überstanden, weil es Bücher gab. Bücher und Tiere. Der Umgang mit Tieren war die zweite Quelle, aus der sie Kraft schöpfen konnte.
An diesem Abend jedoch wollte es mit der Magie beim Lesen nicht klappen. Mercy fand den richtigen Rhythmus nicht. Sie las einen Absatz ein zweites oder gar drittes Mal, ohne den Sinn des Textes zu erfassen, denn fortwährend musste sie an Will Desmond denken. Dieser war am Nachmittag in der Tierpension erschienen, um Buster zu besuchen.
Sie hatte ihn nicht kommen hören. Erst als Lightning, die mal wieder um ihren Hals lag, den Kopf hob und jemanden ganz fürchterlich anfauchte, hatte Mercy sich umgedreht und Will Desmond gesehen.
Will war erschrocken einen Schritt zurückgewichen.
Auch Mercy war erschrocken, wenn auch aus einem anderen Grund als er.
Sie hatte gerade mit Goober gearbeitet, einem kleinen Dobermannmischling. Bei Lightnings Fauchen fing Goober natürlich an zu bellen. Das erschreckte wiederum die Katze, die von Mercys Rücken sprang und dabei deutliche Kratzspuren hinterließ.
Will entschuldigte sich, verschwand aber nicht. Er wartete, bis Mercy ihm Buster gebracht hatte.
Als sie in den Pflegebereich ging, folgten Herr und Hund ihr wie Schatten.
Zwischen Will und ihr kam wie von selbst eine angeregte Unterhaltung zustande. Sie plauderten über die Tierpension, New York und Chance und Lulu, die Mercy gerade bürstete. Will stellte eine schier endlose Reihe von Fragen über die verschiedenen Pflegetechniken bei Hunden. Schließlich bemerkte Mercy halb im Spaß, dass er in seinen Ferien in New York doch sicher etwas Besseres zu tun hätte, als eine Tierpension zu besichtigen. Will erwiderte darauf, er käme ziemlich oft in die Stadt. Außerdem gefiele es ihm im Pet Quarters ausnehmend gut, und es wäre sehr interessant, Mercy bei der Arbeit zuzusehen.
Nun saß Mercy auf ihrer Schlafcouch in ihrem winzigen Apartment und verstand auf einmal, warum sie seit heute Nachmittag ständig an diese Begegnung denken musste.
Der gut aussehende Will mit seinem dunklen Haar und den hinreißenden Grübchen hatte tatsächlich mir ihr geflirtet.
Warum nur?, fragte sie sich. Das ergab keinen Sinn. Weshalb sollte ein attraktiver und erfolgreicher Mann wie er ausgerechnet mit ihr flirten? Das Leben hatte sie gelehrt, dass die Menschen am liebsten unter ihresgleichen blieben. Sie war weder eine atemberaubende Schönheit, noch war sie wohlhabend und erfolgreich. Wenn Menschen ihre vertrauten Gewohnheiten verließen, verfolgten sie meistens eine bestimmte Absicht.
Was also wollte Will Desmond von ihr? Sie war eine hart arbeitende Frau, die keinen Cent auf der hohen Kante hatte.
Vielleicht war es gerade das, und er suchte nach etwas Abwechslung. Sie war möglicherweise gerade deshalb interessant für ihn, weil ihr Leben so anders verlief als seins.
Will gab ihr immer das Gefühl, ihm ebenbürtig zu sein, machte ihr Komplimente und lobte ihre Arbeit. Er äußerte seine Bewunderung über ihre Fähigkeiten im Umgang mit Tieren und über die gute Organisation in der Tierpension.
Zu allem Überfluss schienen ihn die Hunde sehr zu mögen. Nicht nur Buster, auch alle anderen wedelten mit dem Schwanz und versuchten, seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
Nichts hätte Mercy mehr davon überzeugen können, dass er ein aufrichtiger und anständiger Mensch war.
Bevor er an diesem Tag gegangen war, hatte er sie wieder gebeten, ihm bei Busters Training zu helfen. Er war so liebenswürdig gewesen, dass sie fast eingewilligt hätte. Nein zu sagen, war ihr wirklich schwergefallen, zumal es ihr Buster angetan hatte.
Dazu kam, dass sie Gillys Worte während des Spaziergangs nicht vergessen konnte. Will war ein Gast. Ein Fremder, der bald wieder abreisen würde. Welche Komplikationen konnte es also geben, wenn sie sich tatsächlich mit ihm einließ?
Abgesehen davon natürlich, dass den
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