COLLECTION BACCARA Band 0287
ob Sie den Brief haben oder nicht.“ Sophie starrte ihn an.
Ergeben breitete er die Arme aus. „Hier, durchsuchen Sie mich. Sie werden keinen Brief finden.“
Was sollte das jetzt wieder? Er wusste genauso gut wie sie, dass sie sicher nicht seine Taschen plündern würde. „Sie benehmen sich ganz schön daneben, das ist Ihnen klar, oder?“ Sophies Stimme bebte vor Empörung.
„Ja, und ich schäme mich auch sehr“, erwiderte er in gespielter Reue.
Mit raubtierhafter Eleganz kam er nun auf sie zu und blieb nur einen Schritt vor ihr stehen, sodass sie unwillkürlich erschauerte. Dann fuhr er fort: „Und Ihnen ist hoffentlich klar, dass Sie sich wie eine verklemmte Tussi benehmen. Sie sollten sich mal entspannen.“ Flüchtig streifte er ihre Wange mit den Fingerspitzen. „Ich sage Ihnen Bescheid, falls ich Ihren oberwichtigen Brief finde.“ Er sah ihr in die Augen. „Bei dieser exotischen Augenfarbe heißen Sie bestimmt Violet, richtig?“ Damit drehte er sich um und verließ ohne ein weiteres Wort den Raum.
Himmel, er kannte ihren Namen!
Er hatte ihn die ganze Zeit gewusst. Das konnte kein Zufall sein.
Aber woher, wenn er nicht den Brief an sich genommen hatte?
2. KAPITEL
Vor der Tür zu Connor O’Briens Räumen hielt Sophie kurz inne und sammelte sich. Vermutlich brütete der Kerl jetzt gerade über ihrem DNA-Profil. Andererseits … und wenn schon? Im Grunde konnte er gar nichts damit anfangen. Außer die Ergebnisse ins Internet zu stellen, sie den Medien zuzuspielen, Elliot zu kontaktieren …
Sie schloss die Augen und versuchte, ruhig durchzuatmen. Dieser Connor O’Brien entpuppte sich womöglich noch als Erpresser. Gar nicht so unwahrscheinlich, wenn sie an seinen herausfordernden Blick und das spöttische Lächeln dachte.
Allein die Unverschämtheit, sie als ungeküsste alte Jungfer hinzustellen! Die Erinnerung daran brachte sie buchstäblich zum Kochen. Natürlich hatte sie oft genug Männer geküsst. Viel mehr allerdings auch nicht – dafür hatte ihr bisher der richtige Partner gefehlt, leider. Wie jeder Mensch sehnte sie sich nach Zweisamkeit. Aber für sie waren zwei Dinge untrennbar damit verbunden: Liebe und Vertrauen. Daran war es bislang immer gescheitert.
Rasch verscheuchte sie die unliebsamen Gedanken und konzentrierte sich auf ihr aktuelles Problem: Da sie den Brief nirgends hatte finden können, musste sie unbedingt in Connor O’Briens Büro danach suchen. Die Vorstellung, dass er im Besitz einer derart vertraulichen Information war, ließ ihr einfach keine Ruhe.
Gegen Mittag zeigte sich das Schicksal gnädig. Möbelpacker wuchteten soeben einen wunderschönen Schreibtisch aus Rosenholz in sein Büro und verschwanden dann die Treppe hinunter. Entweder wollten sie Mittagspause machen oder die nächste Fuhre holen. Von Connor war weit und breit keine Spur. Und die Tür zu seinen Räumen stand einladend weit offen …
So leichtsinnig konnte er doch nicht sein, oder?
Sophie pirschte sich bis an die Tür heran und lauschte angestrengt, während sie so tat, als würde sie etwas in ihrer Tasche suchen. Unauffällig forschend erkannte sie, dass zumindest die Rezeption nicht besetzt war. Natürlich konnte es sein, dass er sich in seinem Büro aufhielt. Andererseits müsste sie in dem Fall seine Anwesenheit eigentlich spüren können, oder?
Diese Chance durfte sie nicht ungenutzt verstreichen lassen. Vorsichtshalber klopfte Sophie einmal kurz an und wartete angespannt. Nichts. Die Luft schien rein. Beinahe schuldbewusst huschte sie hinein und durchkämmte die Räumlichkeiten: den Empfang, das eigentliche Büro sowie die kleine Teeküche. Keiner war da, wie sie erleichtert feststellte. Also schlich sie zurück in sein Büro.
Der Raum war lichtdurchflutet und bot einen atemberaubenden Blick auf den Botanischen Garten und den Hafen. Dieselbe Aussicht übrigens wie aus ihrem Büro. Ein Laptop stand auf dem Schreibtisch, und daneben lagen ein Stapel Akten und allerlei Büromaterial. Die leeren Regale an den Wänden waren noch nicht mit den Büchern aus der großen Teekiste davor bestückt worden. Sophie überflog die obenauf liegenden Titel: Internationales Völkerrecht, Richtlinien zur Umsetzung der Menschenrechte.
Der Typ war Anwalt? Nun, wenn er sich so um die Menschenrechte sorgte, warum las er dann die Post fremder Menschen?
Hatte sie sich womöglich geirrt? War sie auf der falschen Spur? Sophie schloss die Augen und stellte sich den Umschlag vor. Ein zartes Prickeln überlief
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