Collection Baccara Band 322
die Taschen seines schwarzen Wollmantels. „Was ist mit der Versicherung?“
Erika verzog das Gesicht. „Das könnte problematisch werden, weil Tias Tante noch nicht lange in ihrem neuen Job arbeitet.“
Er zögerte nur einen kurzen Moment. „Sag mir, falls es Probleme geben sollte. Ich kümmere mich dann darum.“
Sie sah ihn überrascht an. „Warum? Du kennst sie doch kaum.“
„Aber du kennst sie gut, und sie ist dir offenbar wichtig.“
Ein flaues Gefühl breitete sich in ihrem Magen aus, als säße sie in der Achterbahn. Alles, was er sagte und tat, deutete darauf hin, dass sie, Erika, ihm wichtig war. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll, außer danke.“
„Brenda Rogers?“, fragte eine männliche Stimme.
Erika wirbelte zum Arzt herum. „Sie ist kurz nach draußen gegangen. Ich werde sie holen.“
Sie rannte nach unten und traf Tias Tante, als sie gerade wieder das Gebäude betrat. Erika begleitete die aufgeregte Frau zum Wartezimmer, in dem Gannon sich mit dem Arzt unterhielt.
„Tias Zustand ist stabil“, erklärte der Mediziner ihr und Brenda. „Sie wird vielleicht physiotherapeutische Betreuung brauchen, doch nach einer oder zwei Wochen Ruhe mit moderaten täglichen Bewegungsübungen müsste sie sich rasch erholen. Das ist der Vorteil der Jugend. Momentan ist sie noch groggy von der Narkose, aber ich denke, ein Besuch würde sie freuen.“
„Oh, Gott sei Dank!“, sagte Brenda und nahm Erikas Hand. „Kommen Sie mit zu ihr?“
„Selbstverständlich.“ Erika sah zu Gannon.
„Ruf mich später an“, bat er.
Sie nickte. Noch immer hatte sie nicht ganz verdaut, dass er in die Unfallstation gekommen war. Sie wollte ihre Bedeutung für ihn auf keinen Fall überschätzen. Das war ihr schon einmal zum Verhängnis geworden.
Als Erika das Krankenhaus verließ, war es Mitternacht. Sie nahm ein Taxi und hörte auf der Heimfahrt ihre Voicemail ab. Ihre Sekretärin hatte mehrmals draufgesprochen und Jessica hatte angerufen, um sie sanft wegen Gerald zu drängen. Diese Nachricht löschte sie sofort.
Gannon hatte sich ebenfalls gemeldet, einmal am Vormittag und vor zwei Stunden, und er bat sie, ihn anzurufen, wenn sie Feierabend machte.
Zweimal spielte sie seine Ansage ab und schloss die Augen, während sie seinen Worten lauschte. Sie hatte seine tiefe, ein klein wenig raue Stimme schon immer geliebt.
Nach einem Blick auf die Uhr schüttelte sie den Kopf. Es war viel zu spät, bereits nach Mitternacht. Sie würde ihn auf keinen Fall um diese Zeit wecken.
Am nächsten Morgen kam sie nur schwer aus dem Bett. Sie rief im Krankenhaus an, um sich nach Tia zu erkundigen, und trank drei Tassen Kaffee. Wenn es möglich gewesen wäre, hätte sie ihn sogar intravenös zu sich genommen. Den Kampf mit ihrem Haar nahm sie gar nicht erst auf und widmete sich stattdessen ihrem Augen-Make-up, von dem sie reichlich benötigte.
Zur Abwechslung trug sie Rouge, Lippenstift und Mascara auf. Außerdem zog sie einen roten Pullover an. Sie hoffte, dadurch lebhaft und wach zu wirken, obwohl sie in Wahrheit noch den halben Tag hätte schlafen können.
Gerade, als sie sich in ihrem Büro auf den Schreibtischsessel sinken lassen wollte, klopfte es an der Tür, und Gannon kam hereinmarschiert. Bei seinem Anblick schlug ihr Herz sofort schneller.
„Du hast nicht angerufen“, warf er ihr vor.
„Es war nach Mitternacht.“
Er nickte verständnisvoll. „Aber du hättest trotzdem anrufen können.“
„Warst du denn noch wach?“, fragte sie. „Ich wäre um die Zeit jedenfalls gern schon im Bett gewesen. Wahrscheinlich habe ich auf der Fahrt zu meiner Wohnung bereits gedöst.“
Der Anflug eines Lächelns erschien auf seinem Gesicht. „So müde warst du?“
„Oh ja“, bestätigte sie. „Heute Nachmittag rolle ich meine Yogamatte aus, hänge das Bitte-nicht-stören-Schild an die Tür und mache ein Nickerchen.“
„Ich dachte, Yoga diene der Meditation.“
„In diesem Fall findet die Meditation auf der Innenseite meiner Augenlider statt.“
Er lachte. „Wie geht es Tia?“
„Sie war ein bisschen verängstigt. Ihrer Tante gegenüber tat sie unerschrocken, was mich sehr rührte. Ich blieb und unterhielt mich mit der Nachtschwester, bis Tia eingeschlafen war.“
„Du bist ein guter Mensch.“
Diese simple Feststellung nahm ihr den Wind aus den Segeln. Er behandelte sie anders als sonst, und sie hatte keine Ahnung, wie sie darauf reagieren sollte. Sein Verhalten ließ beinah vermuten, dass es zwischen
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