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Collins, Suzanne

Collins, Suzanne

Titel: Collins, Suzanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Flammender Zorn (Die Tribute von Panem Bd 3)
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gedauert, bis wir ihn freikaufen konnten. In dieser
Zeit hat er nicht ein Mal die Sonne gesehen.«
    Unter günstigeren Umständen, an einem Tag mit weniger
Schrecken und mehr Ruhe, wüsste sicher gleich einer die angemessenen Worte darauf.
So aber stehen wir alle eine gute Weile da und suchen nach einer Antwort.
    Schließlich wendet sich Peeta an Pollux. »Na, dann bist du
soeben zu unserem wertvollsten Mitstreiter geworden.« Castor lacht und auch
Pollux bringt ein Lächeln zustande.
    Erst als wir die Hälfte des ersten Tunnels hinter uns
haben, wird mir bewusst, was an dieser Antwort so bemerkenswert war. Peeta
klang wie sein altes Ich, das stets die richtigen Worte fand, wenn es sonst
niemand konnte. Ironisch, aufmunternd, ein bisschen lustig, aber nie auf Kosten
anderer. Ich schaue mich rasch nach ihm um, wie er zwischen seinen Bewachern
Gale und Jackson voranstapft, den Blick starr nach unten gerichtet, die
Schultern vorgebeugt. Unheimlich mutlos. Doch einen Augenblick lang ist er
wirklich hier gewesen.
    Peeta hat recht. Pollux ist besser als zehn Holos. Es gibt
hier ein einfaches Grundnetz aus breiten Tunneln, die den wichtigsten Haupt-
und Querstraßen folgen und praktisch eine exakte Kopie des Straßenverlaufs über
der Erde darstellen. Dieses Netz heißt Transfer, es kann von Kleinlastern
befahren werden, die in der ganzen Stadt Waren anliefern. Tagsüber sind die
vielen Kapseln deaktiviert, aber nachts ist es das reinste Minenfeld. Daneben
gibt es Hunderte von weiteren Verbindungen, Versorgungsschächten, Gleisanlagen
und Abwasserrohren, die das Ganze zu einem Labyrinth auf mehreren Ebenen
machen. Pollux kennt sich hervorragend aus und warnt uns vor Gefahren, die für
Ortsfremde katastrophal wären. Er sagt uns, in welchem Seitengang man Gasmasken
braucht oder wo man auf Stromleitungen und die bibergroßen Ratten trifft. Er
warnt uns vor dem in regelmäßigen Abständen hervorschießenden Wasser in den
Kanälen, berechnet, wann die Avoxe Schichtwechsel haben, führt uns in feuchte,
dunkle Rohre, um den fast lautlos vorbeifahrenden Frachtzügen auszuweichen.
Vor allem aber weiß er, wo die Kameras sind. Außer im Transfer gibt es zwar
nicht allzu viele an diesem finsteren, dunstigen Ort. Trotzdem gehen wir ihnen
wohlweislich aus dem Weg.
    Unter Pollux' Führung kommen wir schnell voran, verglichen
mit unserer Reise über der Erde sogar bemerkenswert schnell. Nach etwa sechs
Stunden übermannt uns die Müdigkeit. Es ist drei Uhr morgens, ich gehe davon
aus, dass es noch ein paar Stunden dauert, bevor das Fehlen unserer Leichen
bemerkt wird. Schließlich müssen sie die Trümmer des ganzen Straßenzugs
durchsuchen, bis sie Gewissheit haben, dass wir durch die Schächte entkommen
sind, dann beginnt die Jagd.
    Ich schlage eine Rast vor und keiner erhebt Einwände. Pollux
findet einen kleinen, warmen Raum, in dem mit Hebeln und Messuhren bestückte
Maschinen summen. Er hält die Finger hoch, um anzuzeigen, dass wir in vier
Stunden wieder verschwunden sein müssen. Jackson teilt die Wachen ein, und da
ich nicht zur ersten Schicht gehöre, quetsche ich mich zwischen Gale und Leeg 1
und bin sofort eingeschlafen.
    Als Jackson mich wach rüttelt und sagt, dass ich jetzt mit
der Wache dran bin, kommt es mir vor, als wären erst wenige Minuten vergangen.
Es ist sechs Uhr, in einer Stunde müssen wir weiter. Jackson sagt, ich soll mir
eine Dose nehmen und Pollux im Auge behalten, der darauf bestanden hat, die
ganze Nacht aufwache zu sein. »Er kann hier unten sowieso nicht schlafen.« Ich
hieve mich in einen Zustand relativer Aufmerksamkeit, esse eine Dose
Kartoffel-Bohnen-Eintopf, setze mich an die Wand und schaue zur Tür. Pollux
wirkt hellwach. Wahrscheinlich hat er die ganze Nacht lang noch einmal diese
fünf Jahre des Eingesperrtseins durchlebt. Ich hole das Holo hervor, gebe
unsere Netzkoordinaten ein und scanne die Tunnel. Wie erwartet, sind die
Kapseln zum Zentrum hin immer dichter gestreut. Eine Weile klicken Pollux und
ich auf dem Holo herum und schauen uns an, wo sich welche Fallen verbergen. Als
mir langsam der Kopf schwirrt, reiche ich ihm das Gerät und lehne mich wieder
gegen die Wand. Ich schaue auf die schlafenden Soldaten, Fernsehleute und
Freunde und frage mich, wie viele von uns je die Sonne wiedersehen werden.
    Plötzlich merke ich, dass Peeta, dessen Kopf gleich bei
meinen Füßen liegt, wach ist. Ich wünschte, ich könnte seine Gedanken lesen,
mich in sein Hirn einschleichen und das Gestrüpp aus

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