Colombian Powder
Paschke sprachen ein Wort.
Durch lange Gänge führte er sie in einen kahlen Raum. Er bedeutete ihr an dem Tisch in der Mitte Platz zu nehmen und nahm ihr die Handfesseln ab.
Nachdem der Kommissar den Raum verlassen hatte, glitt ihr Blick auf der Suche nach Ablenkung durch den Raum. Doch außer dem Tisch, zwei Stühlen und einem großen Spiegel an der Wand gab es nichts zu entdecken. Selbst das kleine, vergitterte Fenster besaß eine Milchglasscheibe. Alles wirkte unendlich trist. Sah so etwa ihre Zukunft aus?
Eine Welle von Übelkeit und Schwindel erfasste sie, und einen Moment lang fürchtete Nina, sich übergeben zu müssen. Panisch presste sie eine Hand vor den Mund, bis das schreckliche Gefühl nachließ. Hastig zog sie den Plastikstreifen mit den beiden Beruhigungstabletten aus der Hosentasche, den ihr der Arzt mitgegeben hatte, und würgte sie hinunter.
Der Panikanfall ebbte ab und machte einem Gefühl grenzenloser Erschöpfung Platz. Eine Ewigkeit starrte sie auf die grau gestrichenen Wände. Ihr Blick wanderte immer wieder zu dem rechteckigen Spiegel hinüber, der seltsam überdimensioniert schien. Sie hatte das ungute Gefühl, von dort beobachtet zu werden.
Alles war schiefgegangen. Alles. Irgendjemand musste das Unternehmen verraten haben. Wer? Außer Ramon, Beate und ihr selbst hatte doch niemand davon gewusst! Beate … wie schwer war sie verletzt? Oder – gar tot? Sie hatte sich schließlich nicht einen Jota bewegt …
Unaufhörlich hämmerten die Fragen in Ninas Kopf, bis die Tabletten wirkten und sie erledigt den Kopf auf die Arme bettete.
So bemerkte sie nicht, wie nach schier endlosen Minuten jemand den Raum betrat, bis ein Räuspern sie aufschrecken ließ. Als Erstes starrte sie in das Gesicht einer Beamtin, die auf dem Sessel an der Wand Platz nahm. Dann erblickte Nina den Mann, der hinter ihr hereingekommen war, und ihr Herz schien stehen zu bleiben. Keine zwei Meter von ihr entfernt stand Marco und starrte sie aus seinen blauen Augen an. Nina klammerte sich mit beiden Händen am Schreibtisch fest und fühlte eine Ohnmacht nahen.
Marco stellte den Plastikbecher, den er in der Hand gehalten hatte, vor ihr auf den Tisch.
»Hier trink das. Du siehst aus, als würdest du gleich umkippen.«
Wie ferngesteuert griff Nina zu dem Becher und benetzte damit ihre ausgetrockneten Lippen. Ihre Hände zitterten plötzlich so sehr, dass sie einige Tropfen auf die Tischplatte verschüttete. Marco war neben ihr stehen geblieben, sodass ihr Blick auf den Dienstausweis fiel, der an seiner Hosentasche klemmte.
Marco Winter - LKA Berlin , war darauf zu lesen.
Eine Ewigkeit schien zu vergehen, in der Nina den Kopf gesenkt hielt und heftig atmend um ihre Fassung rang.
»Nina Sonnenberg.« Marco hatte offenbar beschlossen, die Initiative zu ergreifen, und begann langsam den Raum abzuschreiten. Er sprach ihren Namen lang gezogen aus. »Oder soll ich besser sagen Durchlaucht ?«
Bei diesem Wort zuckte Nina zusammen.
Marco registrierte es. »Ich weiß mehr von dir, als du dir vorstellen kannst.«
Wie wahr, schoss es Nina durch den Kopf, und ein gallenbitterer Geschmack breitete sich in ihrem Mund aus. Und trotzdem tat er so, als würden sie sich nicht näher kennen.
»Bist du in der Lage, die Ersteinvernahme durchzustehen? Du musst dich zur Sache nicht einlassen, kannst einen Anwalt verlangen oder aussagen.«
Nina nickte schnell. »Ich will aussagen.«
Sie konnte seinen Blick auf sich kaum ertragen.
»Gut. Dann weise ich darauf hin, dass die Vernehmung per Tonband und Video aufgezeichnet wird.« Damit stellte er ein Aufnahmegerät auf den Tisch und schaltete es ein.
Einen Moment lang war es still. Marco schien sich zu sammeln, bevor er weitersprach. Nina kannte seinen Körper mittlerweile so gut, dass ihr seine verkrampfte Haltung sofort auffiel.
»Ihr habt euren Auftrag ja nicht besonders clever ausgeführt, du und deine Freundin.«
»Wo ist Beate?«
Marco drehte sich zu ihr um. »U-Haft?« Es klang beinahe wie eine Frage. »Aber keine Sorge. Sie hat sich bei dem Unfall nur leicht verletzt.«
Nina schluckte schwer.
»Aber wie ...«
»Die Fragen stelle ich, dabei wollen wir es vorerst belassen«, unterbrach er sie knapp.
Er lehnte sich ihr gegenüber an die Wand und sah sie prüfend an.
Nina starrte entsetzt zurück, unfähig, in irgendeiner Weise zu reagieren.
Er holte tief Atem und bemühte sich um Beherrschung.
»Wo ist das Kokain?«
Ninas Augen weiteten sich. »Woher weißt du
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