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Colombian Powder

Colombian Powder

Titel: Colombian Powder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone A. Siegler
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Beate? Ramon? Der würde mit Sicherheit die Maske seiner Höflichkeit ablegen, wenn sie im letzten Augenblick seine Pläne durchkreuzte. Und seinen Zorn – wie immer der sich äußern würde – wollte sie nicht kennenlernen. Nein – es gab kein zurück. Sie musste diese Gedanken abschütteln. Eines hatte sie begriffen, so ein Gewissen war lästig und besaß ein ewiges Leben. Man konnte es nicht erschlagen, vertreiben oder sonst etwas. Es kam immer wieder, früher oder später.
    Sie zwang sich weiterzuhasten und wähnte sich schon in der Sicherheit des Internet-Cafés. Doch anstatt einer weiteren Querstraße tat sich vor ihr eine leere, braune Rasenfläche auf. Nur durch zwei rostige Tore und einer Tribüne ließ sich ein Fußballfeld ausmachen.
    Befremdet blieb Nina stehen und sah sich um. Ein weiteres Straßenschild war nicht zu entdecken. Überdies war sie bereits viel länger unterwegs, als der Bursche am Hafen gesagt hatte. Die armselige Gegend jagte ihr Angst ein, und sie unterdrückte mühsam einen Anflug von Panik. Zornig wischte sie sich den Schweiß von der Stirn und trat in den Schatten der Tribüne, um einen letzten Blick auf den unnützen Stadtplan zu werfen. Wollte sie vor Beate endlich das Image des verwöhnten Mädchens ablegen, kam Aufgeben nicht infrage. Gewissen hin oder her.

    Als sie den Plan aus der Tasche zog, wurde sie von hinten brutal an der Schulter gepackt und zu Boden geschleudert. Ein dunkelhäutiger Typ hechtete über sie und drückte ihr ein Messer an den Hals.
    »Quiero su dinero!«, stieß er hervor.
    Nina war vor Schreck wie gelähmt. Er roch nach Marihuana, und eine lange Narbe zog sich über seine Wange. Sie verstand nicht, was der Typ von ihr wollte und starrte nur entsetzt auf die hässliche Narbe. Der Druck des Messers verstärkte sich.
    »Dolares! Maldito Gringa«, zischte er.
    Nun war es nicht mehr schwer zu erraten, was der freundliche Gentleman wollte. Fahrig tastete sie nach ihrer Handtasche, die zum Glück neben ihrer Hüfte lag, und hielt sie hoch. Der Typ verzog die Lippen zu einem Grinsen und streckte die Hand danach aus. In diesem Moment hörte Nina schnelle Schritte näherkommen. Ihr Angreifer bemerkte sie ebenfalls und riss reflexartig den Kopf hoch. Da traf ihn schon ein harter Fußtritt, der ihn augenblicklich von Nina herunter beförderte.
    Nina traute ihren Augen nicht, als sie in dem Mann, der mit der Faust ausholte und dem Räuber einen Kinnhaken verpasste, niemand geringeren als Marco Meissner erkannte. Der Hieb saß, und der Verbrecher kippte nach hinten. Sofort setzte Marco nach und trat ihm gezielt in die Rippen. Damit war das Früchtchen ein paar Minuten außer Gefecht gesetzt.
    Marco kickte das Messer weg und kniete sich neben Nina. »Bist du verletzt?«
    Nina konnte nur stumm den Kopf schütteln. Sie zitterte am ganzen Körper und versuchte, ihren rasenden Atem wieder unter Kontrolle zu bringen.
    »Wie kommst du hierher?«, brachte sie mühsam heraus und konnte das Heulen nicht mehr unterdrücken.
    Marco holte ein Taschentuch hervor und wischte ihr damit das Rinnsal von Blut weg, das aus dem Schnitt sickerte, den die Klinge des Messers an ihrem Hals hinterlassen hatte. »Mein Vater und ich sind vorhin aus Copan zurückgekommen und haben in einer Bar am Hafen noch etwas getrunken. Du bist direkt an uns vorbeigelaufen.«
    »Ich habe euch gar nicht bemerkt!«
    »Den Typen, der dich verfolgt hat, anscheinend auch nicht.« Marco schüttelte den Kopf. »Was fällt dir bloß ein, allein in dieser Gegend herumzulaufen?«
    Bevor Nina antworten konnte, stand er auf und zog sie zu sich hoch. Einen Moment lang hielt er sie fest, lange genug, um Nina richtig schwindlig zu machen.
    »Verschwinden wir von hier. Oder willst du diesem Schurken Händchenhalten, bis ihm wieder die Lampen angehen?« Marco ließ sie erst los, als er sicher war, dass sie alleine stehen konnte. Sie war voller Staub und Schmutz, und der Schnitt an ihrem Hals tat weh.
    »Du solltest dir einen Leibwächter besorgen. Ich bin noch niemandem begegnet, der ein so großes Talent darin hatte, sich in riskante Situationen zu bringen.«
    Nina spürte seinen Blick auf sich und zog kleinlaut den Kopf ein.
    Inzwischen waren die Schatten länger geworden, und zwischen den heruntergekommenen Häusern herrschte ein staubiges Zwielicht. In Marcos Nähe fühlte sich Nina jedoch seltsamerweise sicher. Als sie wieder den kleinen Park erreichten, sprach sie ein zerlumpter Mann an, der an eine Hausmauer gelehnt

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