Colorado Saga
Zendt sein Land an Schafzüchter verkaufen!«
»Es heißt jetzt allgemein«, sagte Skimmerhorn, »daß die Zeit des offenen Landes vorbei ist. Zendt selbst sagte mir, er hielt es für klüger, Geld in der Schafzucht anzulegen - besonders wenn sie von einem Mann wie Garrett geführt wird.«
»Garrett!« rief Seccombe. »Gibt es denn gar kein Mittel, diesen Schuft aus dem Lande zu jagen?« Skimmerhorn überhörte die Frage und sprach weiter von Zendts Ansichten: »Er meint, vielleicht sollten wir das zusammenhängende Land, das unser Eigentum ist, einzäunen und uns auf die Hälfte der Rinder beschränken, die wir jetzt züchten.«
»Aber das ist nun einmal Rinderland!« sagte Seccombe störrisch. »Es gehört uns!«
Skimmerhorn versagte es sich, darauf hinzuweisen, daß die drei Reiter in den letzten sieben Stunden nicht eine Sekunde auf Venneford-Boden gestanden waren. Sie waren im offenen Land, Land, das allen und jedem gehörte. Rinderland war es nur deshalb, weil die großen Rancher es immer so genannt hatten.
Unruhige, verstörte Tage auf Venneford. Es war die schönste Zeit des Jahres, der späte August vor dem ersten Frost, die Zeit, in der die Kälber auf fetten Weiden kräftig heranwuchsen. Ein Mann sollte diese Tage genießen. Charlotte entzückte die zahlreichen Gäste des Herrenhauses durch ihren Charme und ihre Fröhlichkeit. Doch Oliver Seccombe konnte sich weder an den schönen Tagen noch an den Festen im Hause erfreuen.
Er konnte es nicht verstehen, wie Bürger von Centennial es Schafzüchtern gestatten konnten, in ihr Land einzudringen. »Es sind widerliche Tiere«, sagte er zu seinem Bankier. »Sehen Sie sich nur diese jämmerlichen Männer an, die mit ihnen arbeiten müssen. Dieser Bursche Calendar - ein armseliger Einsiedler, der nur mit seinem Hund sprechen kann. Und dieses Wrack von einem Mann, Buford Coker, der mit einer Cheyenne-Schlampe zusammenlebt. Gott verdamm mich, ich glaube, der hat so lange mit Schafen geschlafen, daß er keinen Unterschied mehr kennt.«
Alle Rinderzüchter glaubten dem böswilligen Gerücht, daß die einsamen Schafhirten geschlechtlichen Verkehr mit ihren Schützlingen pflegten. Viele Witze zirkulierten darüber: »Haben Sie schon gehört von dem Engländer, der in Wyoming Schafe zählt? Nein? Das geht so: Eins, zwei, drei, vier... Guten Morgen, Pamela. Vergiß nicht: Tee um fünf!«
»Schauen Sie sich so einen Schafhirten einmal an, wenn er in die Stadt kommt«, sagte Seccombe erbittert zum Redakteur des »Clarion«: »Er geht allein. Seine Augen sind niedergeschlagen. Er schämt sich, die Leute anzusprechen, denen er begegnet. In der Bar steht er am Ende der Theke. Sein Schafgeruch macht ihn zum Einzelgänger.«
Er schüttelte fast mitleidig den Kopf, doch dann hellte sich seine Miene auf: »Nehmen Sie dagegen einen Cowboy. Offen, ehrlich und sauber. Er schläft mit Mädchen - nicht mit Schafen, und er äußert auch seine Freude am Leben. Er ist niemals allein, liebt die Geselligkeit. In der Bar ist er immer bei den anderen zu finden, und wenn er spricht, schaut er einem offen in die Augen. Der Cowboy ist ein aufrechter, selbstsicherer Mann. Ich kenne Tausende von ihnen. Schafhirten sind Feiglinge. Man sollte sie davonjagen.« Das Alte Testament war Seccombe sehr unsympathisch. Auf jeder Seite stand etwas von Schafen und Schäfern. Er überlegte, ob nicht vielleicht auch die Juden ein schmutziges, unsauberes Volk seien. »Sie verschwendeten ihre Zeit damit, sich über Schweinefleisch aufzuregen«, sagte er eines Abends zu seinen Gästen. »Ihr wirkliches Problem aber war das Hammelfleisch, und sie wußten es nicht.« »Abraham war Schafhirte, David war Schafhirte und Josef war Schafhirte«, hielt ihm einer der Gäste entgegen.
»Ja«, rief Seccombe, »aber als unser Herr Jesus Christus geboren wurde, suchte er sich dazu keinen Schafstall aus. Er wurde unter Rindern geboren, wie sich das gehört. Ich hätte wenig Respekt vor ihm, wenn es anders wäre.« Seine Art zu sprechen war der Beweis seiner totalen Anpassung an die amerikanischen Gewohnheiten. Denn in seiner Heimat England gab es keineswegs eine angeborene Abneigung gegen Schafe. Ein junges Lämmchen war dort bei Tisch ebenso willkommen wie Rindfleisch. »Vergessen Sie nicht, Oliver«, sagte ein anderer ernst, »daß der erste Mensch, der auf unserer Erde geboren wurde, Abel, Schafe hütete; und als er Gott eines anbot, nahm es dieser an und segnete es.«
»Das war ziemlich unvorsichtig von ihm«,
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