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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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So hatte sie einmal zu Jim Lloyd, den sie als einen Mann von Mut und Tüchtigkeit schätzte, die Bemerkung gemacht: »Oliver hat nie in seinem Leben eine unehrenhafte Handlung begangen.« Als Jim sie verständnislos ansah, fügte sie hinzu: »Er hat andere dafür engagiert.«
    Sie hoffte, Oliver würde in guter Haltung aus seiner mißlichen Lage finden. Abzutreten wäre vielleicht eine ehrenhafte Lösung. Es gab aber auch noch andere Möglichkeiten, für ihn und für sie.
    Auf Finlay Perkin hatte der Blizzard eine tiefe Wirkung. Bis zu dieser Zeit hatten Kinkardinshire und Bristol den Horizont des einsamen kleinen Schotten begrenzt. Aber im Sturm fand er sich plötzlich im Zentrum einer turbulenten Welt, wo große Vermögen sich über Nacht in nichts auflösen konnten, wo die Natur mit einer weit ausholenden Handbewegung Gebiete von der Größe Europas leerfegte. Er wußte aber, daß sich hinter dem Blizzard auch andere Dinge abspielten: Rancher, die sich in schmutzige Geschäfte eingelassen hatten, würden jetzt klagen, daß der Sturm sie ruiniert habe. Dabei war ihr Untergang schon besiegelt gewesen, bevor das Unwetter hereinbrach. Buchzählung, Überbeanspruchung der Weiden, sorgloses Management, Borniertheit gegenüber neuen Ideen - verdammt, verdammt! Was für eine elende Welt! Er erkannte jetzt, was schon längst hätte geschehen müssen; denn er kam darauf, daß er die Rinder gern hatte. Er hatte auch eine hohe Wertschätzung für das Land. Wie Jim Lloyd hatte er ein Gefühl dafür, was man dem Land abverlangen konnte und was nicht. Er sah Wyoming und Colorado als riesige Reiche, kaum ausgenützt in ihrer Weite und Leistungsfähigkeit. Und er hatte vor allem eine feste Vorstellung davon, wie die Rinderranch der Zukunft aussehen und geführt werden müßte. Längst hatte er bemerkt, daß Oliver und Charlotte Seccombe ihn verdächtigten, ein Dossier gegen sie zusammenzutragen. Er war weit entfernt davon. Er maß ihnen nur mehr wenig Bedeutung zu. Seccombe hatte ohne Zweifel seine Vorrechte mißbraucht und sicherlich auch Venneford-Gelder für den Bau seines lächerlichen Schlosses verwendet. Aber er war jetzt unwichtig geworden. Wichtig war nur, ihn zu möglichst raschem Rücktritt zu bewegen. Perkin fand, daß das Auftreten des Blizzards, die Zerstörung ganzer Ranches es unbedeutend und fruchtlos erscheinen ließen, aus dem Verschwinden einiger tausend Crown-Vee-Rinder einen Gerichtsfall zu machen. Doch er verbesserte sich sogleich selbst: »Was sage ich! Ein paar tausend Rinder? Er muß zwanzigtausend auf die Seite gebracht haben! Mehr als sechshunderttausend Dollar unter unseren Augen veruntreut! Und dann kommt dieser verdammte Blizzard, und wir können nichts mehr tun. Unsere Aufgabe ist es, uns für die Zukunft einzurichten. Sechs Jahre rechtschaffener Arbeit - und wir haben eine Million wieder...«
    Ende März kam endlich das Tauwetter. Jim Lloyd ritt das Ranchgebiet ab und stellte mit Befriedigung fest, daß sich viele seiner Notmaßnahmen ausgezeichnet bewährt hatten. Er glaubte, in diesem furchtbaren Jahr viel über die erfolgreiche Betreuung der Rinder dazugelernt zu haben. Und er war daher ziemlich überrascht, sogar ein wenig irritiert, als ihn Perkin in seiner schnüffelnden Art in ein intensives Verhör nahm.
    »Haben Sie für unsere Bewässerungsgräben einen annehmbaren Preis bezahlt?«
    »Gewiß. Den größten Teil haben wir selbst gegraben.« »Profitiert dieser Russe, Potato Soundso, von den Gräben?«
    »Die Gräben waren seine Idee.«
    »Hat Mr. Seccombe einen Teil seines Heus verkauft?« Der kleine Schotte kam von einem Punkt zum anderen, und Jim schloß daraus, daß er bemüht war, Material für eine Anklage gegen Mr. Seccombe zusammenzutragen. Als die Ausfragerei noch eine Weile dauerte, wurde es Jim zu dumm, und er schnauzte Perkin an: »Hören Sie, Mister, ich arbeite für Mr. Seccombe. Er ist einer der besten Bosse, die es gibt. Ich werde nicht ein Wort gegen ihn sagen.«
    »Ich möchte gar nicht, daß Sie das tun«, sagte Perkin gleichmütig.
    Jim wußte nicht, was er davon halten sollte, und sprach mit Skimmerhorn über die Sache. Dieser schlug sich auf die Schenkel und rief: »Verdammt! Bei mir hat er das gleiche probiert!«
    »Was will er denn eigentlich? Warum prüft er Mr. Seccombe, nach allem, was wir durchgemacht haben?«
    Skimmerhorn überlegte eine Weile und trommelte mit den Fingern auf den Tisch. »Die logische Schlußfolgerung ist«, sagte er langsam, »er prüft gar

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