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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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der erwachsenen Bullen nach dem anderen an. Das war die Kuh, die für die Herde wichtige Entscheidungen traf, denn der Leitbulle hielt zwar die Disziplin aufrecht und war bereit, jederzeit mit jedem anderen Bullen zu kämpfen, befahl aber nicht, wann und wohin sie weiterziehen sollten.
    Diesmal entschied die Kuh, die Herde müsse nordwärts ziehen, und nachdem sie weitere Bullen auf Trab gebracht hatte, machte sie sich entschlossenen Schrittes auf den Weg. Die Zwillingssäulen hinter sich lassend, schlug sie die Richtung auf einen Paß in den niedrigen Kalkbergen im Norden ein, führte ihre Schützlinge ein schmales Tal entlang bis auf das Tafelland dahinter, ließ die Herde mehrere Tage lang dort weiden und führte sie dann langsam und ohne ersichtlichen logischen Grund an den Fluß, der das Plateau im Norden begrenzte. Nachdem sie das Wasser an mehreren Stellen geprüft hatte, fand sie bald eine sichere Furt und stieg als erste in die Fluten. Das Schmelzwasser hatte den Fluß eiskalt gemacht, aber sie paddelte kräftig mit den Beinen, ließ sich von der Strömung mittragen und kletterte schließlich drüben an Land, wo sie ihre dichte Mähne schüttelte und in der Sonne blitzende Tropfen versprühte. Vom Nordufer aus sah sie mit der Besorgnis des Leittiers zu, wie die älteren Kühe vorsichtig ihre Jährlinge ins Wasser stießen und sich dann stromab neben ihnen hielten, so daß sie, sobald die Strömung sie überwältigte, gegen die Mütter getrieben wurden und sich für einen neuen Versuch Kraft holen konnten.
    Als der Hauptteil der Herde sicher am anderen Ufer war, stiegen die alten Bullen widerwillig und manchmal unter Protestgebrüll in den Fluß und begannen mit kräftigen Bewegungen zu schwimmen, während ihnen das Wasser den Bart ins Gesicht trieb. Als sie am Nordufer an Land kletterten, schüttelten sie sich mit so viel Ungestüm, daß jeder einzelne einen kleinen Wolkenbruch erzeugte.
    Rufus gehörte zu den letzten und schwamm so umsichtig, als müsse er sich diese Furt einprägen, falls er sie eines Tages in einer Notlage benutzen müßte. Der Untergrund am Südufer behagte ihm wenig, aber die Leitkuh beachtete die zurückbleibenden Bullen nicht, sondern setzte sich, sobald sie sah, daß Kühe und Kälber in Sicherheit waren, energisch in Richtung auf die Weidegründe in Bewegung, zu denen sie ihre Herde führen wollte.
    Als sie die beabsichtigte Stelle, knapp hundert Meilen von den Zwillingssäulen entfernt, erreicht hatte, machte sie halt, schnupperte am Boden, um sich zu vergewissern, daß er auch wirklich gut war, übergab die Führung der Herde den Bullen und fiel wieder zurück in die passive Rolle einer gewöhnlichen Bisonkuh. Sie würde sich erst wieder aus der Anonymität lösen und ihre Meinung geltend machen, wenn eine Entscheidung fällig war. Die Führung einer so großen Herde war eine viel zu wichtige Sache, um den männlichen Tieren überlassen zu bleiben. Inzwischen war es Frühling geworden, und der Zeitpunkt nahte, da die Kühe zu kalben begannen. Die Kuh würde den unwiderstehlichen Drang verspüren, sich abzusondern, würde zielbewußt einem einsamen Ort zustreben, und wenn sich ihr eine andere Kuh oder auch ein Bulle in den Weg stellte, würde sie das Tier zur Seite stoßen und fest entschlossen ihren Weg fortsetzen. Sie würde eine geschützte Stelle aufsuchen, auch wenn diese lediglich hinter der Kuppe eines niedrigen Hügels lag, würde sich dort auf den Boden legen und auf die Geburt ihres Kalbes warten.
    In diesem Jahr, als sie den neuen Weideplatz erreicht hatten, verließ eine kleine, schwarze Kuh die Herde, weil ihre Stunde gekommen war. Im Vorbeigehen wurde sie von zwei alten Bullen angestoßen, als wollten die sich erkundigen, was sie denn vorhabe, sie wies die beiden jedoch brüsk zurück und suchte sich eine Stelle am Fluß, wo ihr die Bäume einigen Schutz gewährten. Dort gebar sie ein wunderhübsches, schwarzes Bullenkalb. Sobald es vor ihr lag, begann sie es gründlich zu belecken und schubste es vorsichtig mit dem Kopf, um ihm klarzumachen, daß es aufstehen solle. Ganze zwei Stunden verbrachte sie mit dieser Arbeit, dann erst begann sie sanft zu muhen, als wolle sie die anderen herbeirufen. Doch als sie kamen, um sich das neue Kalb anzusehen und es neugierig mit ihren Nasen anstießen, machte sie kurze, wirkungslose Ausfälle gegen sie, als wolle sie allen endgültig beweisen, daß dieses Kalb ihr allein gehörte.
    Unter den Bisons, die das neue Kalb inspizieren

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