Colorado Saga
zusammen und jagten einen tödlichen Giftstrahl ins Blut des Adlers. Langsam, ganz langsam wurden die Fänge dann herausgezogen, und die Schlange fiel auf die Steine zurück.
Der überraschte Adler rührte sich nicht, sondern starrte ungläubig auf die Schlange, die mit ihrem Basiliskenblick zurückstarrte. Er spürte, wie ein Zittern durch seine Brust zog, dann kam ein furchtbarer Krampf. Der Vogel machte noch zwei zögernde Schritte und fiel tot um.
Die Klapperschlange blieb sehr lange liegen, ein Flügel des toten Adlers war über ihren wunden Körper gebreitet. Ais die Sonne unterging, spürte sie die Kälte der hereinbrechenden Nacht. Endlich setzte sie sich in Bewegung, war aber zu schwer verletzt, um weit zu kriechen.
Lange schien es, als müsse sie sterben, dort auf dem Felsen neben dem Adler; kurz vor Sonnenuntergang jedoch sammelte sie genügend Kräfte, um sich in eine Steinspalte zu schleppen, wo sie wenigstens vor der Nachtkälte geschützt war. Hier blieb sie drei Tage lang liegen, um sich zu erholen und neue Kräfte zu schöpfen; dann machte sie sich auf den beschwerlichen Heimweg.
Sie lebte zusammen mit mehreren hundert anderen Klapperschlangen, von denen einige weit größer waren als sie, in den Felsen bei den Zwillingssäulen. Die Schlangen hausten dort schon seit zwei Millionen Jahren in großen Mengen, weil die Gegend ihnen nicht nur gute Jagdgründe voller Ratten und Präriehunde bot, sondern auch wohlgeschützte Felsspalten zum Überwintern.
Als der Mensch in das Gebiet kam, wurden die Zwillingssäulen unter dem Namen »Rattlesnake Buttes« - Klapperschlangenkuppen - bekannt; tröstliche Leittürme in der Wüste, wenn man sie von ferne sah, lebensgefährliche Todesfallen, wenn man ihnen zu nahe kam.
Die Schlangen bei den Rattlesnake Buttes ließen Eindringlinge zumeist in Ruhe, es sei denn, ein Fremdling scheuchte sie auf. Bisons weideten hier zu Tausenden, hatten immer schon hier gelebt und als Kälber bereits die Schlangen meiden gelernt. Das Rasseln einer Schlange, jenes gefürchtete Klappern im Staub, reichte schon aus, eine ganze Gruppe wandernder Bisons die Richtung wechseln zu lassen. Gelegentlich manövrierte sich ein besonders dummer Bison wohl auch in eine Stellung, in der es kein Entkommen vor der Schlange gab, und dann biß das Reptil gnadenlos zu. Wenn das Gift in der Nähe des Kopfes oder des Gesichts in den Körper drang, wirkte es unabwendbar tödlich, traf es aber nur ein Bein, bestand die Chance, daß das Gift absorbiert wurde, bevor es das Herz erreichte, nur würde der Bison von da an lahmen, weil das Gift Nerven und Muskeln in diesem Bein halb zerstört hatte.
Während der Zeit, als die Pferde diese Gegend bewohnten, hatten viele gelahmt, weil sie zufällig auf eine Klapperschlange gestoßen waren und einen Schuß des Giftes ins Hufgelenk bekommen hatten. Wurde jedoch ein Pferd oder ein Bison die zustoßbereite Schlange rechtzeitig gewahr, ergriffen sie sofort Abwehrmaßnahmen und zertraten sie mit dem Huf. Und da die Hufe gefährlicher waren als Adler und Falken, mied nicht nur der Bison die Schlange, sondern auch die Schlange den Bison. Vor allem aber ging sie dem Hochwild aus dem Weg, weil diese Tiere mit ihren messerscharfen Hufen jede Schlange entzweischneiden konnten.
Die Klapperschlange, die den Adler in hartem Kampf besiegt hatte, brauchte lange, bis sie sich ganz erholt hatte. Zwei Jahre lang war sie in elender Verfassung, konnte die Buttes nur für ganz kurze Ausflüge verlassen und war dankbar, wenn der Winter kam, weil sie dann wieder fünf bis sechs Monate lang schlafen konnte. Allmählich aber begann sie sich besser zu fühlen, und als die klaffenden Wunden zu Narben verheilten, wagte sie sich wieder auf größere Touren, schloß sich bei gutem Wetter sogar ihren Genossen auf Raubzügen an, auf denen sie Mäuse und kleine Vögel jagten.
Bald hatte sie ihre alte Kraft wiedergewonnen und konnte ihr normales Leben aufnehmen. Und das bedeutete für sie, ihre Klugheit mit dem Geschick der Präriehunde zu messen, jenen geschwätzigen, kleinen, eichhörnchenähnlichen Tieren, die ganze Irrgärten von unterirdischen Städten bauten. Eine solche Stadt, eine sehr große sogar, lag auch in der Nähe der Buttes und war daher seit hunderttausend Jahren von Klapperschlangen heimgesucht worden.
An einem schönen, warmen Tag, als die Sonne die über den Winter steif gewordenen Muskeln entspannt und neu belebt hatte, machte sie sich auf den Weg und glitt durch die
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