Colours of Love - Entblößt: Roman (German Edition)
der sich mir bietet, lässt meinen Atem stocken.
Es ist wirklich ein Einbrecher, ein dunkel gekleideter Mann, der mit Jonathan kämpft. Er hat eine Pistole in der Hand, aber er kann nicht auf Jonathan schießen, weil der sein Handgelenk umklammert hält und versucht, ihm die Waffe zu entwinden. Beide Männer kämpfen verbissen, aber Jonathan ist größer als der andere, hat ihn fast niedergerungen und mit dem Rücken auf den Schreibtisch gedrückt, der ein einziges Chaos ist.
Alles, was Wertsachen enthalten könnte – Schubläden, Kästen, Dosen –, ist durchwühlt, und der Safe, der hinter dem Schreitisch steht, ist komplett leergeräumt. Auf dem Boden davor steht eine blaue Sporttasche, in die der Einbrecher seine Beute gepackt hat. Das Fenster ist außerdem geöffnet, offenbar hatte er vor, dadurch zu fliehen, doch er ist nicht mehr dazu gekommen, weil Jonathan ihn gestellt hat.
Der Mann – er hat kurzrasierte Haare und eine auffällige Tätowierung am Hals – wehrt sich mit verzerrtem Gesicht immer noch heftig gegen Jonathan und entwindet sich ihm wieder, bevor er auf dem Schreibtisch in eine unterlegene Position gerät. Er ist drahtig und flink, schafft es, sich wieder aufzurichten und Jonathan mit voller Wucht auf den Arm zu schlagen, sodass dieser mit einem Schmerzenslaut das Handgelenk des anderen loslässt. Sofort richtet der Einbrecher die Hand mit der Waffe wieder auf Jonathan.
»Nein!«, schreie ich, und beide Männer sehen zu mir, bemerken mich erst jetzt.
Jonathan starrt mich an, offensichtlich völlig entsetzt darüber, dass ich mich in die Schusslinie gebracht habe, und diesen kurzen Moment, in dem er abgelenkt ist und sich nicht auf den anderen Mann konzentriert, nutzt der Einbrecher – aber nicht, um zu schießen. Stattdessen reißt er den Arm hoch und schlägt Jonathan mit dem Revolver gegen den Kopf, trifft ihn hart an der Schläfe. Jonathan taumelt rückwärts und sackt in sich zusammen, fällt nach vorn auf den Boden. Aus einer Platzwunde an der Stirn sickert Blut.
Ich will sofort zu ihm, aber der Einbrecher lässt mich nicht, richtet die Waffe auf mich.
»Keine Bewegung!« In seinen Augen steht Panik, und ich rühre mich nicht, will ihn nicht noch weiter provozieren. Ich will nur, dass er verschwindet, damit ich zu Jonathan kann.
Der Mann läuft hinter den Schreibtisch und greift sich die Tasche, dann geht er rückwärts zu dem offenen Fenster. Nicht eine Millisekunde lässt er mich aus den Augen, zielt weiter mit der Waffe auf mich.
Ich zittere am ganzen Körper, vor Angst, aber auch vor Anspannung. Ich will zu Jonathan, und ich kann nicht, solange der Mann mich bedroht.
Er erreicht das Fenster und schwingt ein Bein über die Fensterbank, steigt nach draußen. Nach einem letzten warnenden Blick zurück verschwindet er in die Nacht.
Sofort bin ich mit zwei Schritten bei Jonathan, sinke neben ihm auf die Knie, drehe ihn vorsichtig auf den Rücken.
»Jonathan?« Er blutet jetzt stark aus der Kopfwunde und ich habe auf einmal schreckliche Angst, dass er tot ist oder schwer verletzt, aber als ich ihn anspreche, kommt er zu sich und fasst sich stöhnend an den Kopf, will sich aufsetzen, was ich jedoch verhindere. »Bleib liegen«, befehle ich ihm, und tatsächlich tut er das, schließt für einen Moment die Augen.
»Wo ist dieser verdammte Mistkerl?«, fragt er benommen.
»Er ist weg.« Besorgt sehe ich ihn an, noch völlig geschockt davon, wie knapp das alles war. Der Mann wollte auf Jonathan schießen. Was, wenn er es getan hätte? Der Gedanke ist zu schrecklich, um ihn zu Ende zu denken.
»Hol … meinen Vater!«, sagt Jonathan und will sich doch wieder aufrichten, schafft es aber nur, sich auf die Ellbogen zu stützen. Dann sackt er wieder zurück, und damit er nicht wieder auf dem harten Boden liegen muss, schiebe ich meine Knie unter seinen Kopf und bette ihn auf meinem Schoß. Seine Wunde blutet immer noch und ich habe nichts, um sie zu verbinden, deshalb nehme ich den Stoff meines Kleides und halte ihn dagegen.
»Wir müssen die Polizei rufen!«, sagt er und schließt die Augen wieder.
Das stimmt, denke ich. Es muss jemand kommen, nicht nur wegen des Einbruchs. Jonathan braucht Hilfe, einen Arzt. Aber ich will ihn hier auch nicht allein lassen, deshalb zögere ich.
Die Entscheidung wird mir zum Glück abgenommen, denn plötzlich sind eilige Schritte im Flur zu hören.
»Hierher!«, rufe ich so laut ich kann und atme erleichtert auf, als einen Augenblick später die
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