Coltan
sehen wir, wenn wir alles übereinanderlegen?“
Der Staatsanwalt knetet vergnügt seine Hände.
Auf der Straßenkarte erscheine ich oder besser ich als roter Punkt umringt von
einer Handvoll schwarzer. Inzwischen ist Mader aufgestanden und steht direkt vor
der Leinwand: „Wo bin ich?“
„Ausgefiltert!“
„Und wer sind die da?“
„Zwei Rentner, der Service-Monteur einer
Fahrstuhlfirma, die ihre Mobiltelefone über ihre Berliner Niederlassung
anmeldet und ein französischer Archäologe, der sich wohl verfahren hatte. Tja,
und da haben wir nun, was uns alle so in Aufruhr versetzt hat. Zwei kleine
Pünktchen, fernab der Heimat. Kaffee?“
Wann hat er diesen Auftritt geprobt?
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Tarnowski saß auf seiner Terrasse und blickte
auf die Moskwa. Unbeeindruckt von den stetig wechselnden Bewohnern des nahen
Kreml. Wenn er sich etwas nach vorn beugte, konnte er die Zwiebeltürme sehen.
Die ihm noch immer unvertraute russische Fahne
hing schlaff am Mast. Wer hätte je gedacht, dass dieser Dresdner, wie sie ihn
genannt hatten, einst dort einziehen würde. Einer, der sich nicht zu schade
war, Deutsch zu lernen, als Russisch noch eine Weltsprache war.
Im Zimmer summte das Telefon.
„Wir müssen uns sehen.“
Der gewohnte herrische Ton.
„Wo?“
„Wann können Sie am Pulverturm sein?“
Tarnowski überlegte kurz: „Morgen.“
„Also dann, dreizehn Uhr.“
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Mader war ebenso fasziniert wie irritiert. Während
Hanschke Kaffee holte, beugte sie sich flüsternd zu mir: „Sag mal, das dürften
wir doch nicht mal wissen. Oder?“
Ich sah sie an und zuckte wie so oft mit den
Schultern. Der Reflex ließ mich langsam befürchten, sie könnte den Eindruck
gewinnen, dass ich dringend einen Neurologen benötige. Was denkbar ist, ist
auch möglich, lautete eine der wenigen Weisheiten meiner Mutter.
Hanschke erwies sich als der galanter Gastgeber.
So schnell er verschwunden war, so schnell kam
er zurück, drei Tassen und eine Thermoskanne geschickt auf einem Tablett
balancierend. Ich hatte vergeblich nach einem Aschenbecher gesucht, dann die
Rauchmelder entdeckt. So nuckelte ich an meiner trockenen Zigarette.
„Finale gefällig?“, fragte er von mir zu Mader
blickend. Er war völlig überdreht. Mader hing an seinen Lippen. Nach einer
kurzen Kunstpause setzte er den Computer wieder in Gang und zauberte das nächste
Bild auf die Leinwand.
Eine Landkarte, die die Region bis Berlin mit
den großen Hauptstraßen abbildete, dazu ein roter Punkt und nur noch zwei
schwarze.
„Das ist Gallert.“, dozierte er, „Und da fahren
unsere beiden Probleme. Das Kennzeichen hat uns nicht viel mehr gebracht als … “,
wieder eine dieser theatralischen Pausen. Ich verlor langsam die Geduld. Aber
es gehörte sich nicht, ihm den Spaß zu verderben.
„… als dass dieses Auto, der Omega, Eigentum
der Bundesrepublik Deutschland ist. Weitere Auskünfte gibt es nur auf
besonderen Antrag.“
Mader rutschte auf ihrem Stuhl aufgeregt nach
vorn: „Wir sind also von Kollegen observiert worden? Reutter und diese van Broiken?“
„Anzunehmen.“
„Wiesbaden?“
Er schüttelte den Kopf: „Wahrscheinlich eine nicht
existente Sondereinheit.“
„Dann können wir einpacken.“
Ich beschloss, den Rauchmelder zu ignorieren
und zündete meine Zigarette an, war doch sowieso alles egal.
„Nicht ganz.“, Hanschke bearbeitete lautstark die
Tastatur und die zwei Punkte tauchten im Berliner Stadtgebiet auf, gleich neben
dem Reichstag. Dann ein Satellitenfoto: ein alter Plattenbau an der Wilhelmstraße.
„Endstation, näher geht nicht. Ist eigentlich
leer gezogen, bis auf eine Softwarefirma. Nennt sich Systemtechnologie GmbH .
Wie erwartet, in keinem Handelsregister zu finden.“
Mader streckte sich und ließ die Gelenke
knacken: „ Spannende Geschichte, doch was unsere beiden Morde angeht, sind wir
keinen Schritt weiter. Richtig?“
Hanschke zog sein Taschentuch hervor,
entfaltete es und wischte sich umständlich die Hände ab. Ich ahnte, was er
antworten würde.
„Nun, bedingt ja, aber nur bedingt. Ahrendt und
seine Leute kreuzen nur auf, wenn es brenzlig wird. Fragt sich, für wen. Sie
können sicher sein, wir sind nah dran, an was auch immer. Andernfalls hätten
sie uns in Ruhe gelassen.“
Nach diesem Fazit sackte er in sich zusammen
und sah uns erwartungsvoll an.
„Tja, also entweder Bazookas oder wir stürmen
den Laden mit dem SEK! Sofort oder wollen wir erst noch austrinken?“ Auch wenn
alles plausibel klang, verlor
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