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Columbus

Titel: Columbus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldtraut Lewin
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dem Eingreifen von Luis Santangel, seiner Wege. Columbus verlässt Granada.
    Aber davon einmal abgesehen: Die schließlich unterzeichneten »Capitulaciones« zwischen den Herrschern und dem Seefahrer öffnen einmal wieder - wie sollte es anders sein bei Columbus? - einen ganzen Sack von Fragen.
    Der belesene Mann hat in seiner Bibliothek den Reisebericht des Venezianers Marco Polo, und seine Anmerkungen am Rand des Buchs weisen darauf hin, dass er es sorgfältig studiert hat. Wenn er nach Indien will - oder nach China (Kathay) -, so muss er doch wissen, dass der dort herrschende Großkhan über eine Leibwache von 12 000 Mann und ein riesiges Heer verfügt, dass er auf eine stabile Regierung und eine tief verwurzelte Religion stoßen wird. Wie kann er sich da einbilden, er könne dort die »Heidenkinder« missionieren und die Herrschaft übernehmen? Nicht genug damit: Die Majestäten geben ihm schließlich sogar einen Brief an besagten Großkhan mit!
    Andererseits: In dem Vertrag, der schließlich unterzeichnet wurde, ist lediglich von namenlosen Inseln und nebulös von »Festland« die Rede.
    Wie lassen sich diese Ungereimtheiten klären? Ich fürchte, gar nicht. Kann sein, dass sich die Katholischen Könige einfach beide Optionen offen halten wollten, die der Entdeckung neuer Länder und die von Staats- und Handelsbeziehungen mit einem reichen und mächtigen Partner im Osten. Aber er selbst, Columbus? Er wusste doch ganz genau, was er finden würde. Was ihm der sterbende Steuermann auf Porto Santo übergeben hatte, das war auf keinen Fall eine Karte oder eine Beschreibung von »Kathay«…
    Es ist ziemlich eindeutig, dass er auch diesmal nur einen Zipfel der Wahrheit enthüllt hat.
    Eins ist sicher: Nach dem Sieg über die Mauren hat sich die Stimmung am Hof sehr geändert. Der interessante Abenteurer, der seinerzeit auf das Wohlwollen und die Neugier der meisten Höflinge zählen konnte, stößt nun auf eine Mauer der Zurückhaltung, ja, der Feindseligkeit. Das hängt weniger mit seiner Person zusammen, sondern mit der Tatsache, dass die letzten Nichtchristen Spaniens, die Juden, jetzt der Gegenstand allgemeiner Feindseligkeit sind. Und mit ihnen geraten alle Conversos und Marranen mit ins Schussfeld. Wie viel über die eigentliche Abstammung Cristobal Colóns durchgesickert ist, sei dahingestellt. Aber natürlich wird es den argwöhnischen Beobachtern nicht entgangen sein, dass seine Freunde am Hofe sich aus den Kreisen der Conversos und Juden rekrutieren, und als schließlich der »neuchristliche« Minister Santangel die Finanzierung der Expedition vorschießt, ist für alle die Sache klar.
    Ob ihm sehr wohl ist in seiner Haut?
    Am 17. April 1492 unterzeichnen die Könige von Kastilien und Aragon den Exklusivvertrag mit »unserem lieben Kapitän Colón«. Das Schriftstück macht ihn, den künftigen Herrscher über die entdeckten Gebiete, zu einem Mann mit Privilegien. Am 30. April verkünden die Trommler das Edikt der Austreibung der Juden aus Spanien (das bereits am 30. März in aller Stille beschlossen worden war) auf den Plätzen aller Orte und aller Städte Spaniens - übrigens auch in Granada, wo man gerade ein Vierteljahr zuvor Religionsfrieden und Toleranz beschworen hatte.

Wo ist Rettung?
    Â»Ich sehe meinen eigentlichen Auftraggeber in Euch, Euer Gnaden, und bin Euch für immer zu Dank verpflichtet!« Columbus hat das Knie gebeugt vor Luis Santangel.
    Der Minister lächelt müde. »Steht auf, Colón - beziehungsweise, Don Cristobal - ihr seid ja nun von Adel. Der Dank, zu dem Ihr mir verpflichtet seid, den könnt Ihr sehr bald abstatten.«
    Columbus erhebt sich und nimmt auf eine einladende Geste Santangels hin ihm gegenüber Platz. Er trägt ein rotsamtenes Staatskleid und eine mehrfach um den Hals geschlungene Goldkette; der stets schwarz in schwarz gewandete Finanzmann verkneift sich ein Lächeln. Wie sehr muss dieser Mann nach Anerkennung gelechzt haben in den letzten Jahren, dass er sich nun so herausputzen muss und allen zeigen: Seht, ich bin wer!
    Die beiden Männer sitzen im Patio der Wohnung von Santangel in Granada, der Frühlingsabend ist mild, und der Minister hat an diesem windstillen Abend seine Papiere im Freien auf dem Tisch ausgebreitet. Ein paar Lichter brennen hoch und hell in ihren Schalen aus kostbarem venezianischem Glas.
    Â»Wein,

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