Columbus
den Sekretären abwickelst, nicht direkt in der Nähe der Herrscher. Es würde dir nicht gut bekommen, wenn man dir bei deinem täglichen Umgang mit Conversos und Judenfreunden zuguckt.«
Er geht unruhig hin und her vor ihrer Bank, der Kies des Wegs knirscht unter seinen Tritten. »Du meinst Santangel, nicht wahr? Aber er gibt das Geld! Eins der Schiffe hat er bezahlt!«, sagt er ärgerlich. »Soll ich ihm den Rücken kehren?«
»Santangel ist klug genug, dir selbst den Rücken zuzukehren, bis du fort bist. Haltet still, gefährdet euer Projekt nicht. Die Marquesa hat mir berichtet.«
»Ich hoffe auf deine Hilfe«, sagt er. »Die Inseln sind frei von der Inquisition.«
»Ja. Noch frei. Wie du wen auf deine Schiffe bekommst und wo du ihn auslädst, ist allein deine Sache. Ich drücke die Augen zu, falls das auf meiner Insel geschehen sollte.«
Er greift nach ihrer Hand und küsst sie, eine kleine, kühle ringgeschmückte Hand ruht in seiner warmen, kräftigen, langfingrigen, und er atmet den Duft ihrer Haut und kann sie nicht loslassen. Führt sie an seine Wange, schlieÃt die Augen. Keine Frau ist so wie diese.
»Mein jüdischer Liebhaber!«
»Meine Geliebte, hochgeborene Frau Gouverneurin, verruchte Jägerin!«
»Uns bleibt nicht viel Zeit. Lass sie uns genieÃen.«
»Jeden Tag, querida! « -
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Wenn Beatriz von ihren Befragungen durch die Räte zurückkommt, ist sie oft zornig, und ihr Zorn gibt der Liebe eine andere Farbe, macht sie wilder, ungestümer. Aber später wirkt sie manchmal wie erloschen, als habe jemand Asche über sie gestreut.
Und endlich beginnt sie, über das zu sprechen, was geschehen ist auf der Insel im Westen.
»Was hast du, querida ?«
»Diese Befragungen. Eigentlich ist es schon keine audiencia mehr, keine Anhörung. Es ist schon fast ein pleito, ein Prozess gegen mich. Pass nur auf, dass dir nicht auch so etwas passiert, wenn du zurückkommst als Vizekönig der Inseln, die du da finden willst.« (Und sie ahnt nicht, wie prophetisch ihre Worte sind.)
»Was für ein Unsinn!«, erwidert er unwillig. »Denn ich komme ja als Erster dorthin. Und du? Sagst du nicht, man will dir alles aufbürden, was andere angestellt haben dort?«
Sie richtet sich auf, greift nach dem Krug mit gesüÃtem Zitronenwasser, der auf dem Tisch neben ihrem Lager steht, und schenkt ihnen beiden ein. »Komm, trink. Ich werde dir erzählen.«
Noch mehr Inselgeschichten
»Sie hausen ja nun schon seit mehr als einem halben Jahrhundert da, diese adligen Herren, und sie schalten und walten, wie es ihnen beliebt. Es gibt da etwas, das nennt sich Señorio. Also hier in Spanien würde man es wahrscheinlich eine Land- und Personensteuer nennen. Damit halten sie die Menceyes in Schach.«
»Was sind Menceyes?«
»Häuptlinge. Kleine Könige der Ureinwohner. Denk bloà nicht, das sind dumme Wilde. Aber übertölpeln lieÃen sie sich doch. Immer wenn es zu einem Friedensbund zwischen uns Spaniern und diesen Guanches kam, hat unsere Seite so getan, als wenn sie das Land, das diesen Leuten ja gehört, denen erst schenken würde. Die Guanches fanden diese Geste albern, aber nicht weiter störend. Sie ahnten nicht, dass die Folge war, Abgaben bis zum WeiÃbluten zu zahlen.«
»Nicht ungeschickt!«, sagt Columbus ohne eine Spur von Unrechtsbewusstsein. »Sind diese Guanches inzwischen Christen?«
»Einige. Ich glaube, sie sehen das als Hokuspokus an, den sie uns zuliebe mitmachen. Dann gehen sie nach Haus in ihre Wälder und Höhlen und tanzen wieder um ihre heiligen Bäume.«
»Das muss man unterbinden!«
»Unterbinde du in deinen eigenen Ländern, die du noch nicht gefunden hast, und lass mich auf meine Weise regieren!«, sagt sie nicht ohne Schärfe. »Jedenfalls, die spanischen Herren trieben es ziemlich toll. Unter anderem verkauften sie die Leute von den Inseln in die Sklaverei.«
»Solange sie keine Christen sind...«
»Hör auf, du frömmelnder Converso! Und lass mich erzählen. Hernán Peraza kam auf die gröÃenwahnsinnige Idee, die gesamte Insel zu erobern. Du musst wissen, nur der Südwesten ist spanisch. Mulaguay und Orone, die Distrikte im Norden, zahlen kein Señorio und betrachten sich als frei. Und das wollten sie auch bleiben.
Zu dieser Zeit hatte mein Mann sich eine Geliebte
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