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Columbus

Titel: Columbus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldtraut Lewin
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aus dem Guanchenvolk zugelegt.«
    Â»Eine Geliebte, wenn man mit dir verheiratet ist?!«
    Sie mustert ihn aufmerksam. »Meinst du, ich habe keine Krallen?«
    Â»Oh doch. Aber...«
    Â»Nicht jeder weiß eine freie Frau zu schätzen.« Sie beugt sich vor, küsst flüchtig sein graues Haar, fährt dann fort: »Das Mädchen hieß Yballa, und er traf sich mit ihr immer in einer Höhle, zwei Maultierstunden von unserer Hauptstadt San Sebastian entfernt. Wann ist ein Mann wehrloser als in den Armen einer Frau? Die Menceyes der Insel witterten ihre Stunde und pfiffen zum Aufstand.«
    Â»Was meinst du mit pfeifen?«
    Â»Sie haben dort eine zweite Sprache. Silbo. Eine Pfeifsprache, mit der sie sich von Berg zu Berg unterhalten.«
    Â»Pfeifen ist keine Sprache.«
    Â»Ja, das dachte Peraza auch. Was soll schon das Gepfeife bedeuten. Mehr als ›Ich bin hier - wo bist du?‹ kann man ja wohl kaum mitteilen, wenn man seinen gekrümmten Finger auf eine bestimmte Weise an die Lippen legt. Aber diesen Irrtum büßte er mit dem Leben. Als er mit dem Mädchen
    zusammen war, haben sie ihn mitten im Liebesspiel aus der Höhle gezerrt und umgebracht.«
    Â»Gütiger Gott!«
    Â»Meinst du, ich würde einem Peraza nachtrauern? Aber dann brach der Aufstand los. Ich musste mich Hals über Kopf mit meinen Söhnen in einen Turm flüchten und die Guanchen belagerten mich. Zum Glück hatte ich vorher noch Botschaft nach Gran Canaria senden können, zum dortigen Gouverneur, Pedro de Vera. Er kam mit Soldaten und holte mich raus. Sonst hätten mich die Wilden wahrscheinlich aufgespießt.«
    Columbus schweigt, dann sagt er: »Ich begreife bis jetzt nicht, was man dir vorwirft.«
    Â»Warte nur ab. De Vera landete des Nachts. Mit seinen Feuerwaffen hatte er leichtes Spiel gegen die Guanches mit ihren Holzspeeren, die nicht einmal eine Metallspitze besaßen. Es gab viele Tote. Der Rest zog sich in die Barrancos, die Bergschluchten, zurück, aber die Spanier machten einige wichtige Gefangene, und so waren die Menceyes zu Verhandlungen bereit.«
    Sie nimmt einen Schluck von ihrem Zitronenwasser. »Was jetzt kommt, ist eine scheußliche Geschichte. Pedro de Vera lud die Häuptlinge und Krieger zu Friedensverhandlungen ein. Wenn die Männer bereit wären, sich taufen zu lassen, sollte alles vergeben und vergessen sein. Und sie kamen.«
    Â»Das ist eine vernünftige Strategie.«
    Â»Wäre es vielleicht, wenn erstens de Vera ehrlich gewesen wäre und zweitens - ja, diese Taufen waren ohnehin nur Lippenbekenntnisse. Das Christentum steht auf wackligen Füßen auf den Inseln.«
    Â»Bei meinen Ländereien wird das anders«, sagt er ungerührt, und sie sieht ihn spöttisch an: »Find sie nur erst einmal! - Jedenfalls, in San Sebastian gibt es eine Kirche, die Iglesia de la Asuncion. De Vera machte den Kriegern den Vorschlag, sie sollten einzeln und unbewaffnet durch die Seitenpforte kommen, dann würden sie jeder für sich getauft und geweiht. Und diese gutgläubigen Insulaner folgten dem Vorschlag - so lange, bis unter der Kirchentür das Blut hervorkam. Dann begriffen sie, was es mit der ›Taufe‹ auf sich hatte.«
    Â»Das ist entsetzlich!«, sagt Columbus. »Und du?«
    Â»Ich wusste nichts von dem Plan. Hätte ich sonst meine kleinen Söhne mit ihrem Erzieher hingeschickt, dem Gottesdienst beizuwohnen? Die Guanchen griffen die Kinder als Geiseln. Zumindest hörte das Blutvergießen damit auf - der Rest der ›Täuflinge‹ konnte abziehen.«
    Â»Diese Sache ist abscheulich!« Der Mann schüttelt den Kopf. »Aber man kann es dir doch nicht zum Vorwurf machen.«
    Â»Oh doch, das macht man, Cristobal! Genau das, und noch mehr. Ich hätte an dem Rachefeldzug teilgenommen und meine Untertanen als Sklaven an die Engländer und die Portugiesen verkauft.«
    Â»Und - hast du es getan?« Er sieht sie forschend an.
    Â»Du traust es mir zu?«
    Â»Ja«, sagt er ehrlich, und sie gießt ihm mit einer schnellen Handbewegung den Rest ihrer Limonade ins Gesicht. »Schurke!«
    Er reibt sich die Augen.
    Â»Hättest du es denn getan?«
    Â»Nur wenn es keine Christen wären!«
    Â»Nun, das ist ein Argument, das ich mir merken muss«, sagt sie trocken. »Aber es stimmt, ich habe ein paar hundert Guanchen verkauft.« Sie stockt. »Aber im Übrigen, das

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