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Coma - Niven, J: Coma - The Amateurs

Coma - Niven, J: Coma - The Amateurs

Titel: Coma - Niven, J: Coma - The Amateurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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seinen Schläger greift, ergreift er zugleich eine neue Chance. Die Chance darauf, eine neue Liebesbeziehung anzufangen. Eine, die nicht so ist wie alle bisherigen, sondern frei von Zank und Streit. Diese wird heilig sein, wenn auch vielleicht nicht gerade perfekt, denn der Begriff »Perfektion« wäre in Garys Fall wohl ein wenig zu viel des Guten gewesen. Aber es bestand jederzeit Hoffnung auf Verbesserung.
    Das erste Tee in Ravenscroft war für Gary auch deshalb von besonderer Bedeutung, weil es dieser Fairway war – der Fairway, auf den er gerade herabsah, während die Partie vor ihm außer Reichweite verschwand -, auf dem sie die Asche seines Vaters verstreut hatten. Im Sommer vor dreizehn Jahren waren Gary und Lee – beide ein wenig angetrunken – den Hügel heruntergelaufen und hatten die Überreste des Mannes, der sie gezeugt hatte, Hand für Hand in die Luft geworfen. Der Wind hatte die Asche zurück in ihre Gesichter geweht, in ihre Münder. Beide hatten sie gelacht, bis sie begriffen, dass sie eigentlich weinten, während ihr Vater in silbergrauen Schwaden in den Himmel von Ayrshire entschwand. Sein Krebs reduziert auf nichts weiter als Staub und Kohlenstoff – so wie der Rest von ihm. Wie so viele Protestanten dachte Gary bloß dann an die Toten, die auf ihn herabsahen, wenn er etwas getan hatte, von dem er glaubte, dass es ihnen gefallen hätte. In jenen seltenen Momenten, nach einem langen und geraden Schlag, oder wenn ein Putt schnurstracks
ins Loch rollte, blickte er gelegentlich nach oben, stellte sich das Gesicht seines Vaters in den Wolken vor und dachte: Hast du zugeschaut? Hast du das gesehen?
    Garys Vierergruppe stand am Tee. Als die Partie vor ihnen, etwas mehr als zweihundert Meter vom Abschlag entfernt, den zweiten Bunker auf der linken Seite des Fairways passiert hatte, entschieden sie, dass Auld Tam anfangen solle, da er derjenige mit dem kürzesten Schlag war. Wie viele alte Herren kam auch Tam ohne viel Schnickschnack zur Sache: Nach dem Aufteen und einem kurzen Übungsschwung, um den richtigen Rhythmus zu finden, spielte er den Ball mit einem kräftigen halben Schwung sicher auf die Mitte des Fairways, rechts, kurz vor den Bunker.
    »Guter Schlag, Tam«, beglückwünschten ihn seine Partner im Chor.
    Tommy Wilson spielte als Nächster. Aber er hatte zu hoch aufgeteet und kam unter den Ball, dessen gleichermaßen steile wie kurze Flugbahn daraufhin eher einem Sand Wedge als einem Driver glich und sogar noch vor Tams Ball endete.
    »Scheißdreck«, war alles, was Tommy dazu einfiel.
    Rab Forest, mit Handicap vier der beste Spieler der Gruppe, trat vor. Er streunte über das Tee, suchte nach dem richtigen Punkt und entschied sich schließlich, auf der linken Seite der Tee Box aufzuteen, um nach rechts zielend einen Draw zu versuchen, also den Ball so anzuschneiden, dass er erst leicht nach rechts flog, um dann wieder nach links einzudrehen und der Kurve des Fairways zu folgen, indem er das Beste aus dem leichten Rückenwind herausholte. Ein schwieriger Schlag für einen Amateurspieler. Ein kleiner Fehler reichte aus, und man endete mit einem Duck Hook, was bedeutete, dass der Ball brutal nach links driftete, in Richtung der Leitungsmasten und des dichten Rough zwischen dem ersten und dem fünften Fairway. Forest war ein wirklich guter Spieler, aber das war ein gewagter Eröffnungsschlag.

    Er machte ein paar lockere Übungsschwünge, blickte am Schaft seines Schlägers herunter und sprach den Ball an. Dann ging er in die Grundhaltung und wedelte vier-, fünf-, sechsmal mit dem Schläger hin und her. Plötzlich hielt er inne, blickte auf und trat zurück.
    »Sorry, meine Herren«, sagte Forest. »Ich warte lieber noch eine Minute. Besser, ich gehe auf Nummer sicher, dass die da hinten auch wirklich außer Reichweite sind.«
    Gary schielte den Fairway herunter. Die Partie vor ihnen passierte gerade den Bunker rechts hinten, fast dreihundert Meter weit entfernt. Und Forest wollte immer noch warten? Aye, dachte Gary, deine Mutter. Und befleißigte sich damit einer für den Ayrshire-Dialekt typischen Redewendung, die ihre einzige Entsprechung in dem amerikanischen Slang-Ausdruck »yo mama« hat und in der Regel dann Verwendung findet, wenn auf möglichst sarkastische Weise zum Ausdruck gebracht werden soll, dass man etwas bezweifelt. Beispielsweise so: »Ich hab’s gestern mit fünf Tussen getrieben.« »Aye, deine Mutter.«
    Forest wartete. Auld Tam sah Gary an und hob eine Augenbraue.

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