Coma - Niven, J: Coma - The Amateurs
Sechzigern hinzugefügt. Es war ein langer, rechteckiger Raum mit einer Bar in der Mitte sowie einer Tanzfläche mit Parkettboden und einem mit blauem Filz bezogenenen Billardtisch an der Kopfwand. Darüber prangte eine Ehrentafel, in die mit goldenen Buchstaben die Namen sämtlicher Club-Champions eingraviert waren. Der Name »Irvine« war dort nicht nur einmal, sondern gleich zweimal zu lesen: 1976 und 1981. Gary konnte sich nur an den zweiten Triumph erinnern: Wie sein Vater mit rotem Kopf durch die Haustür kam, den großen silbernen Pokal in den Händen, während er seine ganze Familie an sich drückte. Er roch nach Whisky und Tabak. Cathy jubelte vor Entzücken, als er den dicken Umschlag mit dem Preisgeld öffnete. Und Gary und Lee standen mit offenen Mündern da, als ihr Vater jedem von ihnen einen Geldschein in die Hand drückte, einen komischen, ungewohnten
Geldschein, einen braunen Geldschein: eine Zehn-Pfund-Note !
Neben dem Billardtisch hingen ein paar Münzspielautomaten. Das gegenüberliegende Ende des langgezogenen Raumes mit der tiefen Decke wurde von einem wandgroßen Glasfenster beherrscht – mit Blick auf das achtzehnte Loch -, vor dem sich bei entscheidenden Spielen die Mitglieder versammelten.
Hinter dem Clubhaus erstreckte sich der Golfplatz über mehrere Quadratkilometer. Im Norden grenzte er an eine Siedlung mit kostspieligen Eigenheimen, im Osten an die Ravenscroft Academy, die weiterführende Schule, und im Westen an die Geriatrische Klinik Ravenscroft. Die Greisen-Klapse. Die Senioren-Irrenanstalt. Manchmal dachte Gary, dass die Lage hier schon ausgesprochen praktisch war: Man stolperte aus der Schule, trat dem Golfclub bei und vierzig bis fünfzig Jahre später, wenn der Golfsport seinen Job erledigt und einen fertiggemacht hatte, wurde man, wieder über die Straße, in die Klapsmühle verfrachtet, wo man seine letzten Tage damit verbrachte, sabbernd durchs Fenster auf den Golfplatz zu starren, den Hauptgrund dafür, dass man hier gelandet war.
Die südliche Grenze des Platzes verlief rechts des zehnten Fairways – eines heimtückischen, s-förmig nach rechts den Hang hinauf geschwungenen Par fünf – und trennte den Golfplatz vom Zigeunerlager. Die komplette rechte Seite dieses Fairways war im Prinzip tabu: Jeder Ball, der ins Zigeunerlager flog, war für immer verloren. Und vielen Bällen, die auf dem Fairway landeten, drohte das gleiche Schicksal. Denn die Zigeuner waren dreist. So mancher Ravenscrofter Golfer hatte schon mit vor Stolz geschwollener Brust, in der Abschlagpose verharrend, am zehnten Tee gestanden, während er dabei zusah, wie ein perfekter Ball hoch in die Luft segelte und dann sanft auf dem Fairway landete, um gleich darauf Zeuge zu werden, wie sich eine schmuddelige
Gestalt aus dem Unterholz löste, den Ball schnappte und, noch eh man sich versah, wieder im schützenden Lager verschwunden war. Laut einer ungeschriebenen Clubverordnung, die »Zigeunerregel« genannt, war es dem unglücklichen Golfer in einer solchen Situation erlaubt, einen neuen Ball vom Tee zu spielen, und zwar ohne Strafschlag. Eine Lösung, mit der alle sehr zufrieden waren. Leider hatten die jüngeren Zigeuner in den letzten Jahren zu experimentelleren Methoden gegriffen. Neuerdings rannten sie raus auf den Fairway, und man konnte ihnen aus ein paar Hundert Metern Entfernung nur hilflos dabei zusehen, wie sie sich die Hosen herunterzogen (Hosen, die sie, wie einige der engstirnigeren Mitglieder mutmaßten, vermutlich gerade von einer Wäscheleine in der Nachbarschaft gestohlen hatten) und sich mit theatralischem Gestus wiederholt den blendend weißen Titelist- oder Spaxon-Ball in den Anus hineinpraktizierten, bevor sie ihn wieder exakt dort ablegten, wo er vorher gelegen hatte. Eine Praxis, die weitaus kontroversere Debatten bezüglich der offiziellen Richtlinie auslöste als der bloße Diebstahl der Bälle. Einige Mitglieder bestanden darauf, dass der Ball, komplett mit seinem braunen Film aus Zigeunerarsch-Rückständen, exakt so gespielt werden musste, wie er lag. Er durfte erst ausgewechselt werden, nachdem das Loch zu Ende gespielt war. Andere pochten darauf, dass der verschmutzte Ball unter die generelle Zigeunerregel fiel und dementsprechend ein neuer Ball gespielt werden durfte. Häufig versuchten Spieler, diese Grauzone zu ihrem Vorteil zu nutzen: Ein kontaminierter Ball, der schlecht lag, wurde gerne mal als unspielbar erachtet, während einer, der perfekt lag, mysteriöserweise
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