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Coma - Niven, J: Coma - The Amateurs

Coma - Niven, J: Coma - The Amateurs

Titel: Coma - Niven, J: Coma - The Amateurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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guten Abschlags.
    »Weißt du, was ein Golfschwung ist, Junge?«, fragte er.
    Gary sah ihn an.
    » Muskelgedächtnis. Wir sprechen hier über Hunderte individuelle Bewegungen, die alle innerhalb weniger Augenblicke stattfinden. Das hier – er tippte an Garys Stirn – hat gar nicht genug Zeit, über irgendeine davon nachzudenken. Es löst die Sequenz
bloß aus, und wenn die Maschine ordentlich zündet, greifen alle Rädchen ineinander.«
    »Aber ich schlage nur noch Shankings, Bert.«
    Beinahe hätte Bert sich bekreuzigt. Deshalb dachte er einen kurzen Augenblick nach, bevor er weiterredete.
    »Nun, weißt du, Junge, einige der größten Spieler aller Zeiten shankten Bälle. Ich weiß noch, im Sommer 1962, bloß die Straße hier runter. Big Arnie.« Berts Blick wanderte in die Ferne, über den Golfplatz hinweg, über das Zigeunerlager, bis nach Ardeer und hinaus aufs Meer. Die Gegenwart driftete davon und löste sich auf, während er das außergewöhnliche Wunder einer Zeitreise vollführte: Innerhalb von einer halben Sekunde standen auf dem Parkplatz hinter ihm Austins und Ford Zephyrs statt Mondeos und Cavaliers. Es piepten keine Mobiltelefone, John F. Kennedy war im Weißen Haus, die Beatles sollten ihre erste Single erst noch veröffentlichen, und Bert spazierte mit Männern über die Fairways von Ravenscroft, die schon lange tot waren.
    Bert erzählte von Arnold Palmer. Davon, wie der große Mann 1962 bei den Open in Troon einen Platzrekord auf einem Links Course aufstellte, der als einer der härtesten der Welt galt. Die Open würden diesen Sommer nach Troon zurückkommen. Die größte Meisterschaft, die dieser Sport kannte. An einen Ort bloß zehn Kilometer von hier entfernt. Gary hatte sich dafür bereits Urlaub genommen.
    »Dein Vater und ich«, fuhr Bert fort, »wir sind rübergefahren, für das ganze Turnier. Heiß war’s. Der Platz war trocken und schnell. Wir sind Arnie vier Tage lang gefolgt. Es war unglaublich, was der Mann mit einem Golfball anstellen konnte. Den Driver vom Fairway schlagen, als wäre es ein Eisen sieben. Wie auch immer, es war der dritte Tag, und wir standen direkt hinter dem Absperrband am elften Loch, dem langen Par fünf, das parallel zur Bahnlinie verläuft. Die Zuschauermenge war gewaltig. So wie heute bei deinem Linklater …« Und während Gary zuhörte,
war er dort, bei ihnen: Die Irische See funkelte, die Sonne schien in sein Gesicht, die Züge, in beige und bordeaux, die auf ihrem Weg nach Glasgow vorbeirauschten, und sein Vater lebte, war jung und bei bester Gesundheit. »Arnie spielte seinen zweiten Schlag, es war ein Eisen drei.«
    Bert Thompson hatte in all den Jahren regelmäßig den Geburtstag seiner Frau vergessen. Er wusste nicht eine der Telefonnummern seiner Kinder auswendig. In dieser Stadt gab es Männer, die er bereits sein ganzes Leben lang kannte, deren Vornamen ihm aber immer wieder entfielen. Dafür konnte er Schlag für Schlag nacherzählen, wie Arnold Palmer an einem Samstag im Sommer, vor fast einem halben Jahrhundert, seine 67er-Runde spielte.
    »Er hat den Ball in der Ansprechposition ziemlich weit zurückliegen, will ihn tief schlagen, schwingt durch und – das gibt’s doch nicht – shankt ihn!«
    »Palmer?«
    »Ob er den Ball shankte? Und ob. Der wäre beinahe auf die Bahnschienen geflogen!«
    »Und was hat er dann gemacht?«
    »Nun, erst hebt er den Schläger und sieht ihn sich an, als hätte der ihn gerade, verzeih meine Ausdrucksweise, einen Arsch genannt. Nachdem er den herausgeschlagenen Rasen wieder angedrückt hat und weitergehen will, beugt sich dein Vater über das Band und spricht ihn an, sagt irgendetwas Wohlwollendes, etwas wie ›Das passiert den Allerbesten, Mr Palmer‹.«
    »Was antwortete er darauf?«
    »Palmer sieht deinen Dad an, blickt ihm direkt in die Augen und sagt: ›Halt gefälligst die Schnauze.‹«
    Das mussten beide einen Moment lang sacken lassen. Bert schüttelte in demonstrativem Unglauben den Kopf. » Arnold Palmer. Der deinem Dad sagt, er solle die Schnauze halten. Es war einer der größten Momente im Leben deines Vaters.«

    Gary genehmigte sich einen weiteren Schluck von Berts Whisky. Die Sonne glitzerte auf dem silbernen Flachmann.
    »Ob du’s glaubst oder nicht: Shankings können jeden heimsuchen. Es spielt sich alles da oben ab. Das«, wieder tippte er Gary an die Stirn, »ist der wichtigste Muskel beim Golf. Was ich sagen will ist Folgendes: Deinen Golfschwung würde sicherlich kaum jemand als

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