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Coma - Niven, J: Coma - The Amateurs

Coma - Niven, J: Coma - The Amateurs

Titel: Coma - Niven, J: Coma - The Amateurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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Spiel interessant genug wurde, um es zu übertragen.
    Gary hockte sich hinter den Ball und versuchte, sich ein Bild zu machen. Es war hoffnungslos: Erst ging es bergab, von links nach rechts abfallend, nach etwa zwei Drittel des Weges wieder
bergauf, diesmal von rechts nach links abfallend, und schließlich – so sah es zumindest aus – kurz vor dem Loch wieder andersherum.
    »Was hältst du davon?«, fragte Gary Stevie, der hinter ihm hockte.
    Stevie versuchte den Putt zu lesen, aber er war wie Sanskrit für ihn. Hieroglyphen. In Ermangelung einer halbwegs sinnvollen Eingebung zur Linie des Putts suchte Stevie nach etwas Allgemeinerem, etwas Inspirierendem, was er Gary an die Hand geben konnte. Was hätte Martin Luther King gesagt? Was hätte Joe Strummer gesagt?
    »Schön fest durch die Mitte.«
    Sie fühlten sich wie zwei Glücksritter, die vom Weg abgekommen waren.
    Gary seufzte und setzte den Kopf des Putters hinter dem Ball auf. Ohne sich wirklich Chancen auszurechnen, verpasste er dem Ball einen lockeren Klaps, ignorierte die Bodenwelle und spielte ihn geradewegs durch die Mitte. Der Ball legte bergab an Geschwindigkeit zu, und erst sah es aus, als wäre der Schlag viel zu fest ausgefallen. Dann begann er, nach rechts zu schwenken, und einen Augenblick lang schien er zwanzig Meter am Ziel vorbeirollen zu wollen. Als es bergauf ging, zog er wieder nach links und wurde jetzt so rapide langsamer, dass er scheinbar den Rücken der Bodenwelle nicht mehr erreichen würde. Aber er tat es, rollte wieder bergab, gewann ein wenig an Geschwindigkeit, wechselte ein drittes Mal den Kurs und kullerte langsam auf das Loch zu. In diesem Augenblick sagten Stevie und Gary wie aus einem Munde: »Aye, deine Mutter.«
    Der Ball knallte gegen die Wand des Locheinsatzes, sprang zehn Zentimeter hoch in die Luft und fiel dann mit einem befriedigenden Scheppern ins Loch. Gary hatte seinen ersten Birdie des Tages. Stevie und er sahen einander an und fingen an zu lachen.

    Mit einem Mal begann Garys Hirn zu rattern. In den Sekunden, die der Ball gebraucht hatte, um in das Loch zu fallen, hatte sich seine Perspektive völlig verändert. Von diabolischen vier über Par innerhalb eines Wimpernschlags zu einem drei über Par. Drei über Par war nicht so schlecht. Er hatte immer noch elf Löcher zu spielen. Er brauchte bloß drei weitere Birdies und er wäre Level-Par: ein Neustart, von dem aus alles möglich war. Und plötzlich verwandelten sich die elf Löcher, die noch vor ihm lagen, von einem Jüngsten Gericht, das es irgendwie zu überleben galt, in ein blühendes Paradies übervoll mit traumhaften Birdie-Chancen.
    Dieses Gefühl überirdischer Kraft und unendlicher Möglichkeiten würde vermutlich etwa dreieinhalb Minuten anhalten: die Zeit, die zwischen dem Einlochen seines Putts am siebten und dem Abschlag am achten Loch verstrich. Dem achten von Troon.
    Die Briefmarke.
    Eines der legendärsten Löcher im Golfsport. Mit einer Länge von nur hundertfünfzehn Metern ist es das kürzeste Loch im Turnus der Open. Seinen Namen verdankt es der Größe seines winzigen Greens. Das Grün selbst ist vollkommen von Bunkern umgeben. Tiefe, gähnende Abgründe, welche Unmengen nicht hundertprozentig geschlagener Abschläge verschlungen und so die Runden sowie die geistige Gesundheit zahlloser Männer ruiniert haben.
    Ein deutscher Amateur namens Hermann Tissies, der 1950 die Open Championship spielte, landete mit seinem Abschlag in einem der Bunker links vom Grün. Fünf Schläge später war es ihm gelungen, seinen Ball aus dem Bunker zu spielen … in einen anderen hinein. Nach weiteren fünf Schlägen spielte er den Ball erfolgreich zurück in den ursprünglichen Bunker. Tissie schaffte es in der Folge, sich mit nur drei Schlägen aus dem Bunker zu befreien und den Ball nach fünfzehn Schlägen einzulochen, die seinen Score nachhaltig ruinierten.

    Selbst Calvin Linklater hatte hier einmal einen haarsträubenden fünffachen Bogey mit neun Schlägen auf der Karte zu verzeichnen.
    Unglaublich, dass ein einfaches 115-Meter-Par-drei, das bei günstigem Wind bloß einen Klaps mit dem Sand Wedge erforderte, für so viel Wut und Elend verantwortlich sein sollte.
    Natürlich kannte Gary Irvine all diese Geschichten – und sogar noch einige mehr. Aber als er nun, noch ganz euphorisiert von seinem Birdie, die hölzernen Stufen zum achten Tee hinaufstieg, beschloss er sie zu vergessen. Ein leichter Gegenwind, der ihm ins Gesicht blies, ließ seine Hand

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