Coma - Niven, J: Coma - The Amateurs
drohten aus den Höhlen zu springen, hinter dem Klebeband drangen gedämpfte, verzweifelte Geräusche hervor, als sie versuchte zu sprechen. Ihre Wangen pumpten, ihre Nasenflügel flatterten.
Lee versuchte, den kurzen Lauf gegen ihre Stirn zu pressen, aber sie krümmte und wand sich, drehte sich weg, versuchte zu schreien, versuchte den Kopf in den Schoß zu beugen, versuchte sich kleiner zu machen, versuchte zu verschwinden. Lee trat einen Schritt nach hinten und zielte mit der Waffe auf ihren Scheitel. Mit dem Daumen zog er den Hahn zurück. Er legte den Finger auf den Abzug. Ein leichter Druck, und das wär’s.
Ein quälend langer Augenblick verstrich, in dem Leanne weinte und Lees Kopf hämmerte, während er verzweifelt versuchte, die Bilder loszuwerden, die sich ihm in den Weg stellten. Vor allem eines kehrte in einer Tour wieder und ließ sich einfach nicht abschütteln.
»Tut mir wirklich leid«, sagte Lee.
39
Tag zwei der Open Championships
MANCHMAL HAT MAN BEINAHE DEN EINDRUCK, DASS DAS GOLFSPIEL ganz allein entscheidet und es überhaupt nichts mit dem Spieler zu tun hat, wie und wohin eine Partie sich entwickelt. Manchmal kann man alle nur menschenmöglichen Vorkehrungen treffen, Stunde um Stunde mit jedem Schläger üben, den man im Bag hat, Körper und Geist trainieren bis zum Gehtnichtmehr, jeden noch so winzigen Aspekt des Schwungs ausarbeiten – und sobald man den Platz betritt, versemmelt man trotzdem jeden Ball.
An anderen Tagen schlägt man schlapp und völlig eingerostet eben dort auf, hat es nur mit Mühe und Not noch rechtzeitig aus dem Bett geschafft, um am ersten Tee zu sein, wenn der eigene Name aufgerufen wird – und jeder Ball landet genau da, wo man ihn haben will. Die Pitches laufen wie geschmiert, und nach jedem Putt liegt der Ball im Loch.
Heute sollte einer dieser Tage sein.
»Ach du Scheiße, seht mal, was vom Müllwagen gefallen ist …«, witzelte Coffey, als Gary triefäugig auf das Tee taumelte. Er hatte Recht behalten: Die »paar Bierchen« allein hatten nicht geschadet. Auch nicht die zwei Flaschen Wein, die sie beim Abendessen im Clubhaus geleert hatten. Genauso wenig wie die Whisky-Colas, zu denen sie später übergegangen waren. Und ganz sicher auch nicht die Tequila-Slammer …
Gary spürte, wie sein Gehirn gegen die Innenseite seines Schädels schlug, wenn er den Kopf bewegte. Den Cut schaffen? Das Einzige, was ihn im Augenblick interessierte, war, die ersten
Löcher zu überstehen, ohne umzukippen. Birdies? Hauptsache er erschlug sich nicht aus Versehen mit dem eigenen Schläger. Wie jeder bestätigen wird, der um die psychologischen Feinheiten des Golfsports weiß, ist eben das die perfekte Geistesverfassung, um diesen Sport zu betreiben.
Am ersten, zweiten und dritten Loch schlug er Birdies, und damit es nicht langweilig wurde, beendete er das vierte, ein Par fünf, mit einem Eagle, nachdem er erst ein Eisen drei zweihundertzehn Meter weit aufs Grün geschlagen und dann den Ball mit einem Zehn-Meter-Bergab-Putt versenkt hatte.
Nach vier Löchern lag Gary in der Runde fünf unter Par. Und damit nur noch drei über Par im Turnier. Auf dem Platz sprach sich herum, dass dieser Typ aus der Gegend gerade ganz vorzeigbares Golf spielte. Und als sie das siebte Grün erreichten, war die Gruppe seiner treuen Zuschauer – Cathy, Sadie, April, Dr. Robertson und Bert – um ein paar Dutzend Golf-Fans angewachsen.
Darunter war auch Nick Parr, einer der Reporter, die für die BBC vom Turnier berichteten. Parr war mit seinem Mikrofon und einem Kameramann über die Fairways gestreift, in der Hoffnung, dass vor den Abschlägen der Stars in etwa einer Stunde noch irgendwas Interessantes passierte. Als Garys Birdie-Putt am Siebten geradewegs im Loch landete und er in der Runde damit bei sechs unter Par lag, las Parr den Namen auf Stevies rotem Leibchen. »IRVINE« stand da. Er fuhr mit dem Finger das Spielerverzeichnis entlang. »Irvine, Gary (A), Ravenscroft G.C., Ardgirvan.« Ein Junge von hier also.
»Entschuldigen Sie«, sagte Parr zu der kleinen Frau im blauen Pullover, die jubelnd auf und ab sprang, »kennen Sie den Jungen?«
»Das ist mein Sohn!«, quiekte Cathy entzückt. »Das ist jetzt sein vierter Birdie! Und am Vierten hat er einen Eagle geschlagen!«
»Wirklich?«, fragte Parr.
Als Cathy und Sadie davoneilten und den anderen zum achten Tee folgten, sprach Parr über sein Headset mit seiner Produzentin Debbie Reynolds, die im Studiowagen der BBC vor dem
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