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Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Titel: Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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mich
    an.
    „Ich bin noch nicht fertig mit ihm.“
    „Ist mir egal. Das hier ist eine Klinik, kein Inter-nierungslager. Ich ersuche Sie zu gehen, und zwar
    auf der Stelle. Mein Patient muß sich ausruhen.“
    Ich gebe mir Mühe, die Stirn zu runzeln.
    Sie verzieht die Lippen zu einer Grimasse, als ob
    sie mich fressen wollte: „Auf der Stelle, Kommis-
    sar!“
    „Verpiß dich“, setzt die Mumie eins drauf, „du
    verstärkst bloß meinen Juckreiz.“
    Restlos überzeugt, tippe ich zum lässigen Gruß
    mit einem Finger an die Stirn und ziehe mich zu-
    rück.
    Vom Gang aus höre ich noch, wie sich die
    Schwester aufregt: „Glaubt der vielleicht, er kann
    uns Angst machen mit seinem Schnüffler-
    Abzeichen oder was?“ Und Athmane: „Vergiß die-
    sen Trottel und verwöhn mich wie gestern, aber
    versuch mal, dabei die Hände auf dem Rücken zu
    lassen.“

    9

    Dahmane Faïd ist nur aus einem einzigen Grund
    auf die Welt gekommen: um Geld zu scheffeln.
    Schon das Wimmern des Säuglings – wird dereinst
    78
    sein Biograph vom Dienst zu vermelden wissen –
    war dem Geschepper eines Münzautomaten zum
    Verwechseln ähnlich. Und es kam gar nicht in Fra-
    ge, daß er zum Fläschchen griff, wenn man ihm
    nicht zuvor eine Banknote unter sein Lätzchen
    steckte. Erpressung, Prostitution, Rauschgift,
    Schmuggel, Politik: wo immer es was zu mau-
    scheln gibt, hat er seine Hände im Spiel.
    Der einzige Ort, an dem er nicht investiert, ist Allahs Paradies. Was das anbelangt, gibt er sich kei-
    nen Illusionen hin.
    Sein Büropalast erhebt sich am Ausgang von
    Hydra, steht da wie ein Monument, errichtet zu
    Ehren der Geister, die über den trüben Wassern
    schweben. Sieben Etagen, rundum verglast und
    üppig begrünt mit wild wuchernden Pflanzen, dazu
    eine prachtvolle Eingangshalle, die an einen Bahn-
    hof aus der Kaiserzeit erinnert.
    Lino kämpft sich durch die morgendliche Menge,
    die die Schalter belagert. Je mehr Leute sich um-
    drehen, wenn er vorüberkommt, desto heftiger
    ruckt er mit dem Kopf, um seinen Zopf zum
    Schwingen zu bringen.
    „Glaubst du, ich beeindrucke sie mit meinem
    Pferdeschwanz, Kommy?“
    „Denkst auch nur du!“
    „Nächstes Mal“, verkündet er mit naivem Ernst,
    „setze ich eine Schirmmütze auf.“
    Mich zwickt eine unbändige Lust, ihm ein paar
    Wörtchen zu sagen, aber als jemand, der um den
    geistigen Schiffbruch seiner Artgenossen weiß,
    unterlasse ich es dann doch. Niemand ist tauber als der Narr, der von seiner Narretei nichts weiß.

    79
    Ein Rotschopf vom Format zweier Maultiere
    empfängt uns an der Rezeption. Er hebt den Arm,
    um uns zu zeigen, daß er ein Schießeisen hat.
    „Wir sind von der Polizei“, versuche ich ihn ein-
    zuschüchtern.
    „Niemand ist vollkommen“, schlägt er zurück.
    „Kommissar Llob. Dein Erlöser erwartet mich.“
    Da wird er vor Unterwürfigkeit ganz steif und
    bittet mich höflich, ihm zu einem derart raffinierten Aufzug zu folgen, daß man Lust bekommt, ihn für
    den ganzen Tag zu mieten. Ehe er mich Richtung
    Firmament befördert, filzt er mich und zuckt zu-
    sammen, als seine Hand gegen den Kolben meiner
    9-mm-Pistole stößt.
    „Sie sind bewaffnet, Kommissar?“
    „Nur eine Prothese.“
    Verlegen greift er zum Wandtelefon und verhan-
    delt mit dem Hörer. „In Ordnung“, sagt er schließ-
    lich und legt wieder auf. „Sie können sie behalten.“
    Lino hat kaum Zeit, sein Zöpfchen in Form zu
    bringen, da schiebt der Rotschopf ihn schon zur
    Seite, wie man die Spreu vom Weizen trennt.
    „Einer nach dem anderen. Du bleibst schön hier,
    du Spermatropf, und gib acht, daß du den Teppich
    im Salon gegenüber nicht beschmierst, bis deine
    Eizelle zurück ist.“
    Lino erwartet, daß ich alles kurz und klein schla-
    ge, um seine Ehre zu retten. Aber ich breite nur
    entschuldigend die Arme aus und lasse mich vom
    Aufzug aufsaugen.
    Die Mieze, die mich auf halbem Weg gen Him-
    mel empfängt, ist zum Anbeißen. Genau die Art
    von Topmodel, für die ein Verrückter wie Lino
    80
    zehn Jahre seines Lebens gäbe, wenn er nur zwei
    Minuten in den Genuß käme, öffentlich neben ihr
    zu posieren. Glänzende Mähne und klarer Blick,
    polyvalente Lippen und ein beeindruckend auto-
    nomer Busen.
    „Sitzt wohl am falschen Futtertrog?“ necke ich
    sie.
    „Wer, Monsieur?“
    „Das süße kleine Ferkel, das sich in Ihrem Aus-
    schnitt verkrochen hat.“
    Sie gluckst und erbietet sich, mir aus dem Mantel
    zu helfen. Ich lehne höflich ab, wegen der

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