Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Titel: Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
Vom Netzwerk:
Löcher
    im Jackett.
    Wie ein Pharao an der Spitze seines Imperiums
    ergeht Dahmane Faïd sich in den Tiefen eines den
    Besucher frustrierenden Büros, im Mund eine Zi-
    garre und zu seinen Füßen die Welt. Er ist unför-
    mig und kahlköpfig, im frömmlerischen Gesicht
    ein Stoppelbart, zwischen den Fingern eine Ge-
    betskette. Das Klirren der Bernsteinperlen tröpfelt mit der Regelmäßigkeit eines tödlichen Tick-Tack
    in die Stille, zwingt meinem Puls den Rhythmus
    auf und läßt meine Speicheldrüsen versiegen.
    „Nehmen Sie Platz, Derrick!“ dirigiert er mich
    schleunigst zu einem Sessel, um mir nicht die
    Hand drücken zu müssen.
    Ich versinke in einem Fauteuil, der so weich ist,
    daß ich das Gefühl habe, mit allen vieren in der
    Luft zu hängen.
    „Sie haben exakt drei Minuten!“ fährt er mich an.
    „Mein Terminkalender quillt über.“
    Seine Brutalität weckt in mir Lasttierinstinkte. Im Nu gerät mein Herz aus dem Takt, und in meinen

    81
    Eingeweiden beginnt es zu rumoren. Natürlich war
    ich als alter Hase auf einiges gefaßt und hatte das traute Tête-à-tête mit ihm gefürchtet. Jetzt stelle ich fest, daß ich trotz meines unausrottbaren Pes-simismus weit hinter der Realität zurückgeblieben
    bin.
    „Es geht um Ben Ouda“, falle ich mit der Tür ins
    Haus.
    „Ich denke, der ist tot und begraben.“
    „Genau. Und eben dem Grund für sein vorzeiti-
    ges Ableben bin ich auf der Spur, Monsieur Faïd.
    Der Verstorbene war ein Freund von Ihnen …“
    „Diese Formel hat im Börsenjargon einen unan-
    genehmen Beigeschmack“, schneidet er mir das
    Wort ab und bläst mir den Rauch ins Gesicht.
    „Ich nehme es zur Kenntnis, Monsieur. Also: was
    bedeutete er Ihnen im Rahmen Ihres Gesamtumsat-
    zes?“
    Er schätzt auch meine Neuformulierung der Fra-
    ge nicht. Sein linker Wangenknochen bebt. Er
    glaubt offenbar, daß ich meinen Auftritt gründlich
    vorbereitet habe.
    „Das war kaum der Rede wert.“
    „Konkret?“
    Er schaut demonstrativ auf die Uhr.
    „Er hatte ein wenig Kleingeld. Ich habe es gegen
    eine Beteiligung für ihn angelegt.“
    „Scheint, daß Sie beide in heftigem Streit ausei-
    nandergegangen sind.“
    „Das ist so üblich bei Geschäftsbeziehungen. Ben
    hatte es auf das größte Stück vom Kuchen abgese-
    hen und wollte nicht begreifen, daß sein Gebiß
    dafür nicht taugte. Er war bankrott gegangen und
    82
    wollte noch mal bei Null anfangen. Aber Nullen
    leihe ich kein Geld. Da hat er die Tür zugeknallt
    und ist gegangen.“
    Ich mache „hm“, versuche, das Hämmern meines
    Herzens zu bändigen und frage tollkühn: „Wußten
    Sie, daß er an einem Buch arbeitete?“
    „Ich bin kein Verleger.“
    „Er hat Ihnen nicht davon erzählt?“
    „Das einzige Buch, das für mich zählt, ist das, in
    dem meine Zahlen stehen, Derrick.“
    „Ich habe Gründe anzunehmen, daß er wegen
    dieses Buches umgebracht wurde.“
    „Wenn es Ihnen Spaß macht.“
    Seine wulstigen Lippen ziehen sich um die Zigar-
    re zusammen. Ich versuche, seinem Blick standzu-
    halten, es gelingt mir nicht.
    Dahmane Faïd ist milliardenschwer. Er braucht
    nur einmal kurz zu niesen, wenn er die Republik
    aus den Angeln kippen will. Seine Taschen quellen
    über vor Abgeordneten, und die Behörden fressen
    ihm aus der Hand. In den Jahren des Heils, zur Zeit der Einheitspartei, hatte er ein Vetorecht auf alle Regierungsprogramme und erlaubte sich, Justiz-und Verwaltungsbeamte ein- und abzusetzen, ohne
    auf den geringsten Widerstand zu stoßen. Jeder
    Kandidat, gleich auf welchem Gebiet, der seines
    Segens nicht teilhaftig war, hatte nicht mehr Aus-
    sichten, behalten zu werden, als eine Lektion in
    Staatsbürgerkunde, wenn man sie einem Vandalen
    erteilt. Soviel ich weiß, ist seine Diktatur bis heute ungebrochen.
    „Mal im Ernst“, rülpst er los, indem er leicht auf
    seine Zigarre klopft, „was läßt Sie vermuten, daß

    83
    Bens Tod mit seinem Buch zusammenhängen
    könnte? Er hat einen Haufen Bücher geschrieben,
    eins verdrehter als das andere, und niemanden hat
    das je gekümmert. Die Leute sind ausgehungert,
    Derrick. Sie versuchen, sich irgendwie durchs Le-
    ben zu schlagen, statt sich die Existenz mit blöd-
    sinnigen Theorien zu erschweren. Ben war ein
    Liebhaber hübscher Jungs. Er verbrachte mehr Zeit
    damit, hinter knackigen Ärschen herzulaufen, als
    darauf zu achten, wem sie gehörten. Sein Harem
    quoll über vor Junkies und Gestrandeten, vor Gau-
    nern und Psychopathen. Ich persönlich

Weitere Kostenlose Bücher