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Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären

Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären

Titel: Commissaire-Llob 3 - Herbst der Chimären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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meinen Jackenkragen anspricht: „Entzückt zu
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    hören, daß sie dich rausgeschmissen haben, Llob.
    Da kriegt man ja fast Respekt vor der Polizei.“
    „Wenn es dir Spaß macht.“
    „Und ob! Es kommt mir jedesmal, wenn ich nur
    daran denke! Llob gefeuert, was braucht’s mehr
    zum Glück?“
    Er breitet die Arme aus zum Zeichen äußerster
    Glückseligkeit und jubelt drauflos: „Einfach geil
    …!“
    „Und dein Dinner, das läßt du sausen wegen
    mir?“
    „Dir kann man nichts vormachen. Ich hielt den
    Ort hier bisher für clean.“
    Er reibt sich die Hände. Das Geräusch, das seine
    rauhen Handflächen dabei von sich geben, klingt
    einfach abstoßend.
    „Soso, Yasmina Khadra nennst du dich jetzt!
    Damit wolltest du wohl die Jury vom Prix Fémina
    verführen und deine Gegner gleich mit hinters
    Licht?“
    „Dem Mut der Frauen wollte ich meinen Respekt
    bezeugen. Wenn es überhaupt jemanden in unse-
    rem Lande gibt, der nicht den Schwanz einzieht,
    dann die algerische Frau.“
    Sein Gesicht verzieht sich zu einer häßlichen
    Fratze: „Willst du die Wahrheit wissen, Llob? Du
    bist einem Transvestiten aufgesessen!“
    „Komm endlich!“ ruft Soraya ihm von der Trep-
    pe aus zu.
    Haj Garne bittet sie um noch etwas Geduld,

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    kramt eine Visitenkarte hervor und legt sie mir auf den Teller: „Man kann nie wissen! Wenn du mal
    Lust hast, Nachtwächter zu spielen, kannst du dich
    melden. Ich habe am Stadtrand zwei leere Lager-
    hallen stehen.“
    Er schaut mich sechs Sekunden lang schief an,
    sagt noch: „Mann, geht’s mir heute prächtig!“ Und
    trabt seiner Schickse ins Treppenhaus nach.
    „Mir hat es ungemein gefallen“, piepst Madame
    Rym, deren Kinn noch immer auf ihren Krällchen
    ruht, während ihr Blick nach wie zur Decke geht.
    Weder Dine noch mir ist klar, ob sie sich an uns
    gewandt oder einfach nur laut gedacht hat. „Wie
    bitte, Madame?“
    Ihre riesengroßen Vestalinnenaugen senken sich
    auf mich herab.
    „Ich sagte, daß es mir ungemein gefallen hat,
    Monsieur Llob. Ich spreche von Morituri .“
    „Zu liebenswürdig von Ihnen.“
    „Es ist nicht meine Art, hinter Türen zu lauschen,
    aber dieser Flegel hat ja so laut geredet, daß das
    ganze Restaurant mithören konnte.“
    „Vermutlich, weil er etwas schwerhörig ist.“
    „Und schwer von Begriff dazu.“
    „Kein Grund zur Sorge: das war bei dem schon
    immer so.“
    Sie flechtet ihre Finger auseinander und wendet
    uns ihr Gesicht zu. Faszinierend, mit welcher Ele-
    ganz sich ihr Hals wie in Zeitlupe dreht. Ein wah-
    res Wunder, diese Frau. Die Raffinesse ihrer Toi-
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    lette und die Anmut ihrer Bewegungen fügen ihrer
    Schönheit jenes gewisse Etwas hinzu, durch das
    ein Meisterwerk sich von der Fälschung unter-
    scheidet.
    „Möchten Sie nicht an unseren Tisch übersiedeln,
    Madame Rym?“ schlägt Dine vor.
    „Sehr freundlich von Ihnen. Aber ich bin bereits
    verabredet … Dessen ungeachtet, Monsieur Llob,
    würde ich mich freuen, wenn Sie mich besuchen
    kämen, falls es Sie eines Tages mal nach Hydra
    verschlägt. Ich habe mir schon immer gewünscht,
    einmal Gelegenheit zu haben, mit Ihnen zu plau-
    dern. Ich verehre die Schriftsteller.“
    „Wir werden nicht versäumen, bei Ihnen vorbei-
    zuschauen!“ flötet Dine mit erstaunlich melodi-
    scher Stimme.
    „Am Montag gebe ich einen kleinen Empfang.
    Nichts Besonderes, ein schlichtes Treffen unter
    Freunden.“
    „Um nichts in der Welt würden wir das verpassen
    wollen“, verpflichtet Dine sich feierlich.
    „Na, wunderbar, dann bis Montag, ab zwanzig
    Uhr.“
    Sie lächelt und versenkt sich erneut in die Kon-
    templation der Deckengemälde.
    Unsere Unterredung ist hiermit beendet.

    Die Hose bis auf die Knöchel herabgelassen, die
    Krawatte über die Schulter geworfen, so steht Ka-
    der Laouedj in der Herrentoilette und wäscht sich

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    die Hände. Er ist schon im Zustand fortgeschritte-
    ner Trunkenheit und hat Mühe, seine Bewegungen
    auf die Reihe zu kriegen. Er fährt sich mit feuchten Fingern durchs Haar, dann übers Gesicht. Als er
    sich aufrichtet, sieht er mich im Spiegel. Mein An-
    blick stimmt ihn mißvergnügt.
    „Gute Reise, Sam!“ ruft er mir zu, während ich
    die Tür zum WC aufstoße.
    Er wendet sich schwankend um, um mir mit un-
    sicherer Hand Bye Bye zuzuwinken.
    „Und gutes Geschäft!“
    Ich beachte ihn nicht weiter und schließe die Tür
    hinter mir. Als ich herauskomme, steht er noch
    immer da, stützt sich mit wankenden Knien am
    Becken ab,

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