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Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Titel: Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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versichern.«
    »Und was wollen Sie dann?«
    »Ich muß die Akte schließen, verstehen Sie? Ich kann die Sache ja nicht in der Schwebe lassen.«
    Bei den Worten Sache und Akte war Biraghìn, der Bürokrat des Istituto case popolari, plötzlich wie ausgewechselt.
    »Ach, das kann ich sehr gut verstehen. Es handelte sich um eine Sitzung des Parteivorstands, an der teilzunehmen der Cavaliere kein Recht hatte, aber wir haben eine Ausnahme gemacht.«
    »Also eine Sitzung im engsten Kreis?«
    »Ein Dutzend Personen.«
    »Kam jemand, der den Cavaliere sprechen wollte?«
    »Nein, wir hatten die Tür abgeschlossen. Das wüßte ich noch. Aber er wurde am Telefon verlangt.«
    »Verzeihen Sie, ich nehme an, Sie kennen den Tenor des Gesprächs nicht?«
    »Ich kenne nicht nur den Tenor, sondern auch den Bariton, den Baß und den Sopran!«
    Er lachte. Wie witzig Ferdinando Biraghìn war! »Sie wissen doch, wie der Cavaliere geredet hat, so als wären alle anderen taub. Es war schwierig, ihn nicht zu hören, wenn er redete. Stellen Sie sich vor, einmal...«
    »Entschuldigen Sie, Dottore, ich habe wenig Zeit. Sie konnten also den...«
    Er stockte und verwarf das Wort »Tenor«, um Biraghìns tragischem Humor nicht noch mal in die Falle zu gehen.
    »... also verstehen, worum es im Kern ging?«
    »Natürlich. Es war jemand, der dem Cavaliere den Gefallen getan hatte, sein Auto woanders abzustellen. Und zum Dank beschimpfte ihn der Cavaliere, weil er es zu weit weg geparkt hatte.«
    »Haben Sie mitbekommen, wer angerufen hat?«
    »Nein. Warum?«
    »Darum«, sagte Montalbano und legte auf.
    Der Junge hatte also nicht nur in der Werkstatt irgendeines Komplizen hinter verschlossenen Türen den tödlichen Service erledigt, sondern sich auch noch einen Spaß daraus gemacht, den Cavaliere spazierengehen zu lassen.
    Montalbano erklärte einer freundlichen Angestellten von »Retelibera«, wie hoffnungslos unfähig er war, sobald etwas nach Elektronik aussah. Er konnte zwar den Fernseher einschalten, die Programme suchen und den Apparat wieder ausmachen, das schon, aber ansonsten – Fehlanzeige. Geduldig und liebenswürdig legte das Mädchen die Kassette ein und ließ, sobald Montalbano darum bat, die Bilder zurücklaufen und anhalten. Als er »Retelibera« verließ, war der Commissario überzeugt, daß er genau das gesehen hatte, was ihn interessierte, aber das, was ihn interessierte, schien keinen Sinn zu ergeben.

Zehn
    Unschlüssig blieb Montalbano vor der Osteria San Calogero stehen: Es war zwar allmählich Zeit zum Essen, und Hunger hatte er auch, andererseits trieb ihn der Gedanke, der ihm während des Films gekommen war und dem nachgegangen werden mußte, in Richtung Crasticeddru. Der Duft der triglie fritte, der aus der Osteria kam, gewann das Duell. Er aß ein antipasto speciale di frutti di mare, dann ließ er sich zwei spigole bringen, die so frisch waren, daß sie noch im Wasser zu schwimmen schienen.
    »Sie essen, ohne bei der Sache zu sein.«
    »Sie haben recht, mich beschäftigt ein Gedanke.«
    »Sie dürfen angesichts der Gnade, die u Signuri Ihnen mit diesen spigole schenkt, an gar nichts denken«, sagte Calogero feierlich und entfernte sich.
    Montalbano ging im Büro vorbei, um sich nach dem Stand der Dinge zu erkundigen.
    »Dottor Jacomuzzi hat mehrmals angerufen«, teilte Germanà ihm mit.
    »Wenn er noch mal anruft, sag ihm, daß ich mich später bei ihm melde. Haben wir eine starke Taschenlampe?«
    Als Montalbano sich von der Provinciale her dem Crasticeddru näherte, beschloß er, das Auto stehenzulassen und zu Fuß weiterzugehen. Es war ein schöner Tag, der leichte Wind tat ihm gut und hob seine Laune. Auf dem Boden rund um den Grat waren jetzt die Reifenspuren von den Autos all der Neugierigen zu sehen, die hier herumgefahren waren, der Block, der als Tür gedient hatte, war ein paar Meter weggerückt, der Eingang zur Höhle lag frei. Er wollte gerade hineingehen, als er wie angewurzelt stehenblieb und lauschte. Von innen war halblautes Flüstern zu hören, hin und wieder unterbrochen von unterdrücktem Stöhnen. Ihm kam ein Verdacht: Wurde da etwa jemand gefoltert? Es war keine Zeit, zum Auto zu laufen und die Pistole zu holen. Er stürzte hinein und schaltete gleichzeitig die Taschenlampe an.
    »Stehenbleiben! Polizei!«
    Die beiden in der Grotte erstarrten vor Schreck, aber Montalbano erschrak noch viel mehr. Es waren ein Junge und ein Mädchen, blutjung, nackt und gerade dabei, sich zu lieben: Sie stützte sich,

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