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Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Titel: Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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sozusagen am hellichten Tag, wenn es
    nicht Nacht wäre. Ganz schön ausgefuchst, kein Zweifel. Denn
    ein Fremder, der vorbeikommt und einen Nachtwächter in
    Uniform sieht, wie er ein paar Leute beim Beladen eines
    Lasters beaufsichtigt, würde nicht im Traum drauf kommen,
    daß es sich um einen Diebstahl handeln könnte. So hat mein
    Kollege Augello die Geschichte rekonstruiert, und Cavaliere
    Misuraca, der auf dem Nachhauseweg war, bestätigt es.«
    Ingrassia, der immer mehr das Interesse zu verlieren
    schien, je länger der Commissario redete, sprang, wie von der
    Tarantel gestochen, auf.
    »Misuraca?!«
    »Ja, der, der beim Einwohnermeldeamt gearbeitet hat.«
    »Aber der ist Faschist!«
    »Ich wüßte nicht, was die politische Überzeugung des
    Cavaliere mit unserer Geschichte hier zu tun hat.«
    »Und ob sie was damit zu tun hat! Als ich noch in der
    Politik war, war der nämlich mein Feind.«
    »Sind Sie jetzt nicht mehr in der Politik?«
    »Was soll man da noch? Wo sich ein paar Mailänder
    Staatsanwälte in den Kopf gesetzt haben, die Politik, den
    Handel und die Industrie kaputtzumachen!«
    »Hören Sie, was der Cavaliere gesagt hat, ist nichts weiter
    als eine simple Zeugenaussage, die die Vorgehensweise der
    Diebe bestätigt.«
    »Es ist mir scheißegal, was der Cavaliere bestätigt. Ich
    sage nur, daß er ein armseliger alter Trottel und schon weit
    über achtzig ist. Wenn er eine Katze sieht, ist er imstande zu
    sagen, es sei ein Elefant. Was wollte er dort überhaupt mitten
    in der Nacht?«
    »Das weiß ich nicht, ich werde ihn fragen. Kommen wir
    jetzt auf unser Thema zurück?«
    »Ich bitte darum.«
    »Nachdem sie mindestens zwei Stunden lang vor Ihrem
    Supermarkt aufgeladen haben, fährt der Lastwagen los. Er legt
    fünf oder sechs Kilometer zurück, kehrt um, parkt an der
    Tankstelle und bleibt da stehen, bis ich komme. Und Ihrer
    Meinung nach haben sie diesen Riesenaufwand getrieben, ein
    halbes Dutzend Delikte begangen, mehrere Jahre Knast
    riskiert, nur damit die Kerle selber oder Sie was zum Lachen
    haben?«
    »Commissario, wir können noch die ganze Nacht hier
    sitzen, aber ich schwöre Ihnen, ich bin überzeugt, daß es nichts
    weiter als ein dummer Streich war.«

    Im Kühlschrank fand er pasta fredda con pomodoro, vasalicò
    e passuluna – mit Basilikum und schwarzen Oliven –, deren
    Duft einen Toten zum Leben hätte erwecken können, und als
    zweiten Gang alici con cipolla e aceto.
    Montalbano konnte sich stets auf Adelinas kulinarische,
    obwohl schmackhaft einfache Phantasie verlassen. Seine
    Haushälterin, die einmal am Tag kam, um ihm beizustehen,
    war Mutter zweier hoffnungslos krimineller Söhne, von denen
    einer noch immer im Gefängnis saß, was er Montalbano zu
    verdanken hatte. Nichtsdestotrotz hatte Adelina den
    Commissario auch heute nicht enttäuscht. Immer, wenn er den
    Ofen oder den Kühlschrank öffnete, spürte er genau jenes
    Herzklopfen wie damals, als er noch ein Kind war und in der
    Morgenfrühe des zweiten November den Weidenkorb suchte,
    in den die Toten nachts ihre Geschenke gelegt hatten. Dieses
    Fest, am Tag nach Allerheiligen, gab es längst nicht mehr, es
    war der Banalität der Geschenke unter dem Weihnachtsbaum
    gewichen, so wie jetzt das Andenken der Toten erlosch. Die
    einzigen, die die Toten nicht vergaßen, sondern deren
    Andenken hartnäckig wachhielten, waren die Mafiosi,
    allerdings waren die Geschenke, die sie zu ihrem Gedenken
    schickten, keine Modelleisenbahnen oder Mandelplätzchen.
    Aber egal, bei Adelinas Köstlichkeiten war die Überraschung
    jedenfalls eine unerläßliche Würze. Montalbano nahm die
    Teller mit dem Essen, eine Flasche Wein und Brot, schaltete
    den Fernseher ein und setzte sich an den Tisch. Er liebte es,
    allein zu essen, jeden Bissen schweigend zu genießen; zu den
    vielen Dingen, die ihn mit Livia verbanden, gehörte auch, daß
    sie akzeptierte, wenn er beim Essen kein Wort sagte. Er fand,
    daß er in punkto Geschmack Maigret näher war als Pepe
    Carvalho, dem Helden in Montalbáns Kriminalromanen, der
    Gerichte in sich hineinschlang, von denen sogar ein
    Haifischbauch in Flammen aufgehen würde.
    Bei den Programmen der nationalen Sender verzog er
    mißmutig das Gesicht, sogar die Regierungsmehrheit war
    wegen eines Gesetzes gespalten, das die vorzeitige
    Haftentlassung für Leute verbot, die sich das halbe Land unter
    den Nagel gerissen hatten; die Staatsanwälte, die den Filz mit
    der politischen Korruption aufgedeckt

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