Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta
eine Idee. Es war ihm, als würde das Licht
im Bad einen Augenblick lang immer intensiver, bis es in
einem Blitz explodierte. Er mußte lachen.
»Kommen mir die guten Ideen denn immer nur, wenn ich
auf dem Klo sitze?«
Er starrte den Karton an. »Ich denke morgen früh darüber
nach, wenn ich einen klaren Kopf habe.«
Doch es kam anders. Eine Viertelstunde lang wälzte er
sich im Bett hin und her, dann stand er auf und suchte die
Telefonnummer seines Freundes Aliotta heraus, der Capitano
bei der Guardia di Finanza von Montelusa war.
»Entschuldige, daß ich so spät noch anrufe, aber ich
brauche dringend eine wichtige Information. Habt ihr schon
mal den Supermarkt eines gewissen Ingrassia in Vigàta
überprüft?«
»Der Name sagt mir nichts. Aber auch wenn ich mich
nicht an ihn erinnere, könnte durchaus eine Überprüfung
stattgefunden haben, bei der jedoch keine Unregelmäßigkeiten
festgestellt wurden.«
»Danke.«
»Warte. Mit diesen Vorgängen hat Maresciallo Laganà zu
tun. Wenn du willst, kümmere ich mich darum, daß er dich zu
Hause anruft. Du bist doch daheim, oder?«
»Ja.«
»Laß mir zehn Minuten Zeit.«
Montalbano ging in die Küche und trank ein Glas
eiskaltes Wasser, als auch schon das Telefon klingelte. »Hier
ist Laganà, der Capitano hat mir bereits gesagt, worum es geht.
Die letzte Überprüfung des Supermarktes fand vor zwei
Monaten statt, alles ordnungsgemäß.«
»Haben Sie sie von sich aus vorgenommen?«
»Normale Routine. Es war alles vorschriftsmäßig. Ich
kann Ihnen versichern, daß man selten auf einen Händler trifft,
dessen Unterlagen so in Ordnung sind. Da wäre kein
Anhaltspunkt gewesen, wenn wir ihm Schwierigkeiten hätten
machen wollen.«
»Haben
Sie
alles
überprüft?
Geschäftsbücher,
Rechnungen, Quittungen?«
»Entschuldigen Sie mal, Commissario, was glauben Sie
denn, wie so eine Prüfung vonstatten geht?« fragte der
Maresciallo mit leicht unterkühlter Stimme.
»Um Himmels willen, das wollte ich gar nicht
anzweifeln... Ich will mit meiner Frage auf etwas anderes
hinaus. Ich kenne mich mit bestimmten Vorgängen nicht aus
und wollte Sie deshalb um Ihre Hilfe bitten. Woher bezieht so
ein Supermarkt denn seine Ware?«
»Dafür gibt es Großhändler. Fünf oder zehn, je nachdem,
was er braucht.«
»Aha. Können Sie mir sagen, wer Ingrassias Supermarkt
beliefert?«
»Ich denke schon. Das muß irgendwo vermerkt sein.«
»Ich bin Ihnen wirklich dankbar. Ich rufe Sie morgen früh
in der Kaserne an.«
»Aber ich bin in der Kaserne! Bleiben Sie am Apparat.«
Montalbano hörte ihn vor sich hin pfeifen. » Pronto ,
Commissario? Also, die Großhändler, die Ingrassia beliefern,
sind drei aus Mailand, einer aus Bergamo, einer aus Taranto,
einer aus Catania. Notieren Sie. In Mailand...«
»Entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche. Fangen
Sie mit Catania an.«
»Die Firma in Catania heißt Pan, wie Peter Pan.
Eigentümer ist Salvatore Nicosia, wohnhaft in...«
Das paßte nicht.
»Danke, ist gut«, sagte Montalbano enttäuscht. »Warten
Sie, ich habe da was übersehen. Der Supermarkt wird – dabei
geht es allerdings nur um Haushaltsgeräte – noch von einer
anderen Firma aus Catania beliefert, der Firma Brancato.
ATO-CAT stand auf dem Stück Karton. Firma Brancato –
Catania: Das paßte, und wie das paßte! Montalbanos
ohrenbetäubender Freudenschrei jagte dem Maresciallo einen
Schrecken ein.
»Dottore? Dottore! Dio mio, was ist denn passiert?
Fühlen Sie sich nicht wohl, Dottore?«
Elf
Munter, mit Jackett und Krawatte, ein Lächeln auf den Lippen
und in eine Wolke Kölnisch Wasser gehüllt, erschien
Montalbano um sieben Uhr morgens zu Hause bei Signor
Francesco Lacommare, Leiter von Ingrassias Supermarkt, der
ihn nicht nur zu Recht sehr erstaunt, sondern auch in
Unterhosen und mit einem Glas Milch in der Hand empfing.
»Was gibt es?« fragte der Direttore und wurde blaß, als er
den Commissario erkannte.
»Zwei klitzekleine Fragen, und ich bin schon wieder weg.
Aber zuerst etwas sehr Wichtiges: Dieses Gespräch muß unter
uns bleiben. Wenn Sie mit jemandem darüber reden, zum
Beispiel mit ihrem Chef, dann bringe ich Sie unter
irgendeinem Vorwand hinter Gitter, da können Sie Gift drauf
nehmen.«
Während Lacommare noch nach Luft rang, die ihm
offenbar abhanden gekommen war, explodierte drinnen in der
Wohnung die spitze, durchdringende Stimme einer Frau.
»Ciccino, ma cu è a
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