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Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Titel: Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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auch
    nicht im entferntesten mit dem Gefängnis vergleichen, in dem
    ich meine Tage verbringe. Und »Gefängnis« ist wirklich nicht
    übertrieben. Die Bewachung durch Papa ist erstickend,
    außerdem ist das Leben in so einem winzigen Dorf eintönig
    und stumpfsinnig. Stell Dir vor, letzten Sonntag nach der
    Kirche hat mich ein Junge gegrüßt, den ich nicht mal kenne.
    Papa hat es mitgekriegt, ihn auf die Seite genommen und ihm
    eine geknallt. Das ist doch verrückt! Nur am Lesen habe ich
    Freude. Mein bester Freund ist Andreuccio, der zehnjährige
    Sohn meines Cousins. Er ist intelligent. Hättest Du je
    geglaubt, daß Kinder viel witziger sein können als wir?
    Liebste Angelina, seit ein paar Tagen bin ich verzweifelt. Ich
    habe – auf so abenteuerlichem Wege, daß es zu lang dauern
    würde, Dir das zu erklären – einen kurzen Brief mit ein paar
    Zeilen von Ihm, Ihm, Ihm bekommen: Er schreibt, daß er
    verzweifelt ist, daß er es nicht mehr aushält, mich nicht zu
    sehen, daß sie jetzt, nachdem sie so lange in Vigàta gewesen
    seien, den Befehl bekommen hätten, in wenigen Tagen
    aufzubrechen. Ich bin todunglücklich, wenn ich ihn nicht
    sehen kann. Bevor er abreist, muß, muß, muß ich wenigstens
    ein paar Stunden mit ihm verbringen, auch wenn ich dafür
    etwas Verrücktes tun muß. Ich schreibe Dir bald wieder und
    umarme Dich ganz fest.
    Deine Lisetta
    »Sie haben also nie erfahren, wer dieser ‚er’ war?« fragte
    der Commissario.
    »Nein. Sie wollte es mir nicht sagen.«
    »Und nach diesem Brief haben Sie keine weiteren
    bekommen?«
    »Sie sind gut! Es ist schon ein Wunder, daß ich diesen
    hier bekommen habe, in den Tagen damals war die Straße von
    Messina nicht befahrbar, sie wurde ununterbrochen
    bombardiert. Dann sind am neunten Juli die Amerikaner
    gelandet, und die Verbindung war endgültig abgebrochen.«
    »Signora, erinnern Sie sich an die Adresse Ihrer Freundin
    in Serradifalco?«
    »Natürlich. Bei der Familie Sorrentino, Via Crispi 18.«

    Montalbano wollte gerade den Schlüssel ins Schloß stecken,
    als er aufhorchte. Im Haus waren Stimmen und Geräusche zu
    hören. Er dachte daran, zum Auto zu laufen und seine Pistole
    zu holen, tat es dann aber doch nicht. Vorsichtig öffnete er die
    Tür, ohne das geringste Geräusch zu machen.
    Da fiel ihm ein, daß er Livia völlig vergessen hatte, die
    schon, wer weiß wie lange, auf ihn wartete.
    Er brauchte die halbe Nacht, um Frieden zu schließen.

    Um sieben Uhr morgens stand er leise auf, wählte eine
    Nummer und flüsterte ins Telefon. »Fazio? Du mußt mir einen
    Gefallen tun. Melde dich krank.«
    »Kein Problem.«
    »Ich brauche bis heute abend den kompletten Lebenslauf
    eines gewissen Stefano Moscato, der hier in Vigàta vor etwa
    fünf Jahren gestorben ist. Hör dich im Dorf um, schau in der
    Kartei oder sonstwo nach. Es ist dringend.«
    »Alles klar.«
    Er legte auf, nahm Papier und Stift und schrieb:
    Liebling, ich muß dringend weg und will Dich nicht
    wecken. Am frühen Nachmittag bin ich bestimmt wieder
    zurück. Warum nimmst Du nicht ein Taxi und schaust Dir die
    Tempel noch mal an? Sie sind immer großartig. Kuß.
    Er schlich sich wie ein Dieb davon – wenn Livia
    aufwachte, käme er in Teufels Küche.

    Anderthalb Stunden brauchte er bis Serradifalco; es war ein
    schöner Tag, und er pfiff gutgelaunt vor sich hin. Er mußte an
    Caifas denken, den Hund seines Vaters, der meistens
    gelangweilt und trübsinnig durchs Haus schlich, aber sofort
    munter wurde, wenn er mitkriegte, wie sein Herrchen sich an
    seinem Gewehr zu schaffen machte, und sich in ein
    Energiebündel verwandelte, wenn es dann auf die Jagd ging.
    Die Via Crispi fand er sofort, das Haus Nummer 18 war ein
    zweistöckiger palazzetto aus dem neunzehnten Jahrhundert.
    Auf dem Klingelschild stand »Sorrentino«. Ein nettes
    Mädchen um die Zwanzig fragte ihn, was er wünsche.
    »Ich würde gern mit Signor Andrea Sorrentino sprechen.«
    »Das ist mein Vater. Sie finden ihn im Rathaus.«
    »Arbeitet er dort?«
    »So ungefähr. Er ist Bürgermeister.«

    »Natürlich erinnere ich mich an Lisetta«, sagte Andrea
    Sorrentino. Er sah jung aus für seine mehr als sechzig Jahre,
    kaum ein weißes Haar, eine stattliche Erscheinung.
    »Warum fragen Sie nach ihr?«
    »Es geht um einen Fall, in dem äußerst diskret ermittelt
    wird. Tut mir leid, daß ich Ihnen nichts sagen kann. Aber Sie
    können mir glauben, daß jeder Anhaltspunkt sehr wichtig für
    mich ist.«
    »Schon gut,

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