Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta
das inszeniert hat, dieselbe Person sind? Ich glaube das
zum Beispiel nicht.«
Nicolò Zito warf ihm einen sonderbaren Blick zu und
sagte dann: »Ich schneide den Bericht jetzt sofort.«
Dann kamen die Leute von »Televigàta«, von den
Regionalnachrichten der RAI, von anderen Privatsendern.
Montalbano beantwortete alle Fragen höflich und – gar nicht
typisch – ungewöhnlich entspannt.
Er hatte einen Mordshunger und schlug sich in der Osteria San
Calogero mit antipasti di mare den Bauch voll, dann fuhr er
schnell nach Hause, machte den Fernseher an und stellte
»Retelibera« ein. Nicolò Zito bauschte die Nachricht von dem
mysteriösen Flugzeug gehörig auf und machte eine
Riesengeschichte daraus. Doch die Krönung war nicht sein
eigenes Interview, das in voller Länge gesendet wurde,
sondern das für den Commissario völlig unerwartete Interview
mit dem Chef der Werbeagentur »Publiduemila« in Palermo,
die Zito leicht ausfindig gemacht hatte, weil sie in ganz
Westsizilien die einzige Agentur war, die über ein Flugzeug
für Reklamezwecke verfügte.
Der Chef war ganz aufgeregt und sagte, eine bildschöne
junge Frau (»Mein Gott, was für eine Frau! Wirklich ganz
unwirklich schön, wie so ein Model aus der Illustrierten,
meine Güte, war die schön!«), jedenfalls eine Ausländerin,
weil sie schlecht italienisch gesprochen habe (»Habe ich
‚schlecht’ gesagt? Das stimmt natürlich nicht, von ihren
Lippen klangen unsere Worte süß wie Honig«), nein, über ihre
Nationalität könne er keine genauen Angaben machen,
Deutsche oder Engländerin, diese Frau also sei vor vier Tagen
in die Agentur gekommen (»Mein Gott! Was für eine
Erscheinung!«) und habe sich nach dem Flugzeug erkundigt.
Sie habe ganz genau erklärt, was auf dem Werbeband und auf
den Zetteln stehen müsse. Ja, sie habe die Rosenblätter
bestellt. Ach, und wie detailliert sie die Örtlichkeiten
beschrieben habe. Sehr präzise. Der Pilot, sagte der
Agenturchef, habe dann selbst die Initiative ergriffen: Anstatt
die Zettel aufs Geratewohl auf die Küstenstraße fallen zu
lassen, habe er sie lieber über einer Menschenmenge
abgeworfen, die bei einem Rennen zugesehen habe. Die
Signora (»Madonna santa, jetzt sage ich lieber nichts mehr,
sonst bringt mich meine Frau noch um!«) habe im voraus und
bar gezahlt, die Rechnung habe sie sich auf den Namen
Rosemarie Antwerpen ausstellen lassen, und die Adresse sei in
Brüssel gewesen. Er habe der Unbekannten (»Meine Güte!«)
keine weiteren Fragen gestellt, warum auch? Die Frau wollte
schließlich keine Bombe abwerfen lassen! Sie war so schön!
So fein! So freundlich! Und ihr Lächeln! Ein Traum.
Montalbano amüsierte sich königlich. Das war seine Idee
gewesen: »Ingrid, du mußt dich noch schöner machen. Dann
begreifen die Leute, wenn sie dich sehen, überhaupt nichts
mehr.«
Auch »Televigàta« stürzte sich auf die geheimnisvolle
Schöne, nannte sie die »wiederauferstandene Nofretete« und
bastelte eine phantastische Geschichte zusammen, die die
Pyramiden mit dem Crasticeddru in Verbindung brachte, aber
es war klar, daß sich der Sender an Nicolò Zitos Bericht im
Konkurrenzsender dranhängte. Auch die regionale Ausgabe
der RAI widmete sich der Geschichte ausgiebig.
Echo, Aufsehen, Spektakel – Montalbano hatte erreicht,
was er wollte, er hatte mit seiner Idee einen Volltreffer
gelandet.
»Montalbano? Hier ist der Questore. Gerade habe ich die
Geschichte mit dem Flugzeug gehört. Gratuliere, das war ja
genial.«
»Es ist Ihr Verdienst, Sie sagten doch, ich solle
dranbleiben, erinnern Sie sich? Ich versuche unseren Mann aus
seinem Versteck zu locken. Wenn er sich nicht innerhalb einer
angemessenen Zeit meldet, dann heißt das, daß er nicht mehr
unter uns ist.«
»Viel Glück. Halten Sie mich auf dem laufenden. Ach ja,
das Flugzeug haben natürlich Sie bezahlt?«
»Klar. Ich vertraue auf die versprochene Sonderzulage.«
»Commissario? Hier ist Preside Burgio. Meine Frau und ich
sind voller Bewunderung für Ihre Initiative.«
»Jetzt können wir nur hoffen.«
»Noch etwas, Commissario: Lassen Sie es uns unbedingt
wissen, falls Lillo zufällig auftaucht.«
In den Spätnachrichten berichtete Nicolò Zito ausführlicher
über die Geschichte und brachte Bilder der beiden Toten vom
Crasticeddru, die er heranzoomte und im Detail zeigte.
Und die der eifrige Jacomuzzi freundlicherweise zur
Verfügung gestellt hat, dachte
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