Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge
auch noch einen direkten Auslöser.«
»Nämlich?«
»Ich sag's dir später. Weißt du, was Catarella immer sagt? Geiz ist ein schlimmes Laster. Denk mal, vor lauter Geiz hat sie Lopipàros Aufmerksamkeit auf sich gezogen, wo sie doch alles dafür hätte tun müssen, daß niemand Notiz von ihr nimmt.«
»Erst hab' ich eine halbe Stunde gebraucht, um das Haus zu finden, dann hat es noch mal eine halbe Stunde gedauert, bis ich die Alte überredet hatte. Sie war mißtrauisch und hatte Angst. Sie hat sich erst beruhigt, als ich mit ihr vors Haus gegangen bin und sie den Wagen gesehen hat, auf dem groß polizia steht. Dann hat sie ein kleines Bündel geschnürt und sich ins Auto gesetzt. Und wie der Kleine geweint hat, als sie überraschend ankam! Sie hielten sich ganz fest umarmt. Ihre Frau war auch ganz gerührt.«
»Danke, Gallu.«
»Wann soll ich sie denn nach Montelusa zurückbringen?«
»Du brauchst dich nicht darum zu kümmern, ich mach' das schon.«
Die kleine Familie vergrößerte sich gnadenlos. Jetzt gab es in Marinella auch noch eine Oma, Aisha.
Er ließ das Telefon lange läuten, aber niemand antwortete, die Witwe Lapecora war nicht zu Hause. Sie war bestimmt einkaufen. Es konnte jedoch auch eine andere Erklärung geben. Er wählte die Nummer der Cosentinos. Die sympathische schnurrbärtige Frau des Nachtwächters ging dran. Sie sprach mit gedämpfter Stimme. »Schläft Ihr Mann?«
»Sissi, Commissario. Soll ich ihn ans Telefon holen?«
»Nicht nötig. Grüßen Sie ihn von mir. Signora, ich habe bei Signora Lapecora angerufen, aber sie ist nicht da. Wissen Sie zufällig…«
»Heute vormittag ist sie nicht zu Hause, Commissario. Sie besucht ihre Schwester in Fiacca. Sie ist schon heute hingefahren, weil morgen um zehn die Beerdigung ihres seligen…«
»Danke, Signora.«
Er legte auf; was jetzt zu tun war, war vielleicht gar nicht mehr so kompliziert.
»Fazio!«
»Zu Befehl, Dottore!«
»Das ist der Schlüssel zu Lapecoras Büro in der Salita Granet 28. Geh rein, und hol einen Schlüsselbund, der im Schreibtisch in der mittleren Schublade liegt. Es hängt ein Schildchen dran, auf dem >Wohnung< steht. Das müssen Ersatzschlüssel sein, die er im Büro aufbewahrte. Mit diesen Schlüsseln gehst du in die Wohnung von Signora Lapecora.«
»Und wenn die Witwe zu Hause ist?«
»Sie ist nicht da, sie ist weggefahren.«
»Und was soll ich dann machen?«
»Im Eßzimmer steht eine Vitrine mit Tellern, Tassen, Tabletts und so weiter. Nimm irgendwas raus, von dem sie nicht leugnen kann, daß es ihr gehört, am besten eine Tasse aus einem kompletten Service, und bring es her. Und leg die Schlüssel unbedingt wieder in die Schublade im Büro.«
»Und wenn die Witwe zurückkommt und merkt, daß eine Tasse fehlt?«
»Das kann uns scheißegal sein. Und noch was. Ruf Jacomuzzi an, und sag ihm, ich brauche im Lauf des Tages das Messer, mit dem Lapecora erstochen wurde. Wenn er niemanden schicken kann, dann fahr du schnell bei ihm vorbei.«
»Montalbano? Hier ist Valente. Könntest du heute nachmittag gegen vier nach Mazàra kommen?«
»Wenn ich jetzt gleich abfahre, schon. Warum?«
»Der Kapitän des Fischkutters kommt. Da hätte ich dich gern dabei.«
»Ich danke dir. Hat dein Mann was rausgekriegt?«
»Ja, und es war auch gar nicht schwer, hat er gesagt. Die Fischer waren ganz gesprächig.«
»Was sagen sie?«
»Ich erzähl's dir, wenn du kommst.«
»Nein, sag's mir jetzt, dann kann ich auf der Fahrt darüber nachdenken.«
»Wir gehen davon aus, daß die Crew von der Geschichte nur wenig oder gar nichts weiß. Alle versichern, daß der Kutter knapp außerhalb unserer Hoheitsgewässer, die Nacht stockdunkel und auf dem Radar deutlich ein Wasserfahrzeug auf ihrem Kurs zu sehen war.«
»Und warum sind sie dann weitergefahren?«
»Weil niemand von der Crew auf die Idee gekommen ist, daß es sich um ein tunesisches Patrouillenboot, oder was auch immer es war, handeln könnte. Sie waren ja, wie gesagt, bereits in internationalen Gewässern.«
»Und dann?«
»Und dann kam völlig unerwartet das Stoppsignal. Unser Fischkutter, zumindest die Crew, vielleicht auch der Kapitän, nahm an, daß es sich um eine Kontrolle durch die Guardia di Finanza handelte. Sie stoppten und hörten, daß arabisch gesprochen wurde. Da ging der tunesische Matrose ans Heck und zündete sich eine Zigarette an. Und die haben auf ihn geschossen. Erst dann ist der Fischkutter auf und davon.«
»Und dann?«
»Und dann und
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