Commissario Montalbano 03 - Der Dieb der süssen Dinge
Import-Export-Firma. Kannst du mir folgen?«
»Vollkommen.«
»Ahmed, der ein wichtiges Treffen plant - Waffen oder politische Unterstützung für seine Gruppe -, kommt nach Italien, wobei ihn einer unserer Geheimdienste deckt. Das Treffen findet auf hoher See statt, ist aber sehr wahrscheinlich ein Hinterhalt. Ahmed hat nicht im Traum dran gedacht, daß unser Geheimdienst ein doppeltes Spiel treibt und mit den Leuten in Tunis, die ihn ausschalten wollen, unter einer Decke steckt. Außerdem bin ich überzeugt, daß auch Fahrid damit einverstanden war, daß Ahmed getötet wurde. Von der Schwester glaube ich das nicht.«
»Warum hast du solche Angst um den Jungen?«
»Weil er ein Zeuge ist. So wie er seinen Onkel im Fernsehen erkannt hat, könnte er auch Fahrid erkennen. Und der hat Karima schon getötet, da bin ich sicher. Er hat sie getötet und in einem Auto weggebracht, das offenbar unserem Geheimdienst gehört.«
»Was machen wir jetzt?«
»Du tust jetzt erst mal gar nichts, Vale. Ich sorge umgehend für ein Ablenkungsmanöver.«
»Viel Glück.«
»Dir auch, mein Freund.«
Es war schon fast Abend, als er ins Büro kam. Fazio erwartete ihn.
»Habt ihr Francois gefunden?«
»Waren Sie zu Hause, bevor Sie hierhergekommen sind?«
fragte Fazio, anstatt zu antworten.
»Nein. Ich komme direkt aus Mazara.«
»Kommen Sie, Dottore, gehen wir in Ihr Büro.«
Als sie dort waren, schloß Fazio die Tür.
»Dottore, ich bin Polizist. Vielleicht nicht so ein guter wie Sie, aber trotzdem Polizist. Woher wissen Sie, daß der Kleine abgehauen ist?«
»Fazio, was ist denn mit dir los? Livia hat mich in Mazàra angerufen, und ich hab' ihr gesagt, sie soll sich an dich wenden.«
»Aber die Signorina hat mir erklärt, sie brauchte meine Hilfe, weil sie nicht wüßte, wo Sie zu erreichen wären, Dottore.«
»Erwischt«, sagte Montalbano.
»Und dann hat die Signorina wirklich furchtbar geweint. Aber nicht weil der Junge weg ist, sondern aus irgendeinem anderen Grund, ich weiß nicht, warum. Da hab' ich begriffen, was Sie, Dottore, von mir wollten, und hab' es gemacht.«
»Was wollte ich denn von dir?«
»Möglichst viel Aufsehen und Lärm. Ich war also überall in der Nachbarschaft und hab' jeden gefragt, der mir über den Weg gelaufen ist: Haben Sie zufällig einen kleinen Jungen gesehen, der so und so aussieht? Kein Mensch hatte ihn gesehen, aber inzwischen wußten alle, daß er weg war. Das wollten Sie doch, oder?«
Montalbano war ganz gerührt. Das war die sizilianische Freundschaft, die wahre Freundschaft, die auf dem Unausgesprochenen, auf der Intuition beruht: Man muß einen Freund nicht um etwas bitten - der andere begreift von selbst und handelt entsprechend. »Und was soll ich jetzt machen?«
»Weiterhin möglichst viel Wirbel. Ruf die Arma an, alle Dienststellen der Provinz, sämtliche Kommissariate, Krankenhäuser und wen du willst. Mach es halboffiziell, nur per Telefon, nichts Schriftliches. Beschreib das Kind, und gib dich besorgt.«
»Dottore, meinen Sie nicht, daß sie ihn dann finden?«
»Keine Sorge, Fazio. Er ist in guten Händen.«
Er nahm ein Blatt Papier mit Briefkopf und schrieb auf der Maschine:
MINISTERIUM FÜR TRANSPORT UND ZIVILES VERKEHRSWESEN IM RAHMEN HEIKLER ERMITTLUNGEN WEGEN ENTFÜHRUNG UND WAHRSCHEINLICH MORD AN FRAU NAMENS KARIMA MOUSSA WIRD DRINGEND NAME DES HALTERS DES FAHRZEUGS >AM 237 GW< BENÖTIGT.
MIT DER BITTE UM BALDIGE ANTWORT, COMMISSARIO SALVO MONTALBANO.
Er wußte auch nicht, warum, aber wenn er ein Fax schrieb, klang es jedesmal wie ein Telegramm. Er las es noch mal durch. Er hatte sogar den Namen der Frau hingeschrieben, um den Köder ein bißchen appetitlicher zu machen. Jetzt waren sie gezwungen, mit ihm in Verbindung zu treten. »Gallo!«
»Zu Ihren Diensten, Dottore!«
»Such die Faxnummer vom Verkehrsministerium in Rom raus, und schick das sofort ab!«
»Galluzzo !«
»Zu Befehl!«
»Und?«
»Ich hab' die Alte nach Montelusa zurückgebracht. Alles in Ordnung.«
»Hör zu, Gallù. Sag deinem Schwager, er soll morgen nach Lapecoras Beerdigung hier in der Nähe sein. Und einen Kameramann mitbringen.«
»Ich danke Ihnen von Herzen, Dottò.«
»Fazio!«
»Ja bitte?«
»Das hab' ich total vergessen - warst du in der Wohnung von Signora Lapecora?«
»Klar. Ich hab' eine Tasse aus einem Zwölferservice genommen. Ich hab' sie drüben. Wollen Sie sie sehen?«
»Interessiert mich nicht. Morgen sage ich dir, was du damit machen sollst. Steck sie in eine
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