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Commissario Montalbano 07 - Das kalte Lächeln des Meeres

Commissario Montalbano 07 - Das kalte Lächeln des Meeres

Titel: Commissario Montalbano 07 - Das kalte Lächeln des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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mich schäme, den kann ich Ihnen nicht nennen. Eine Zeit lang ging es irgendwie weiter, aber dann konnte ich nicht mehr. Und vor etwa zwei Monaten hat mir der Herr einen Vorschlag gemacht.«
    »Wie heißt er?«
    Marzilla schüttelte den Kopf, den er immer noch im Nacken hielt.
    »Ich hab Angst, Commissario. Dem traue ich zu, dass er meine Frau und mich umbringen lässt.«
    »Schon gut, weiter jetzt. Was war das für ein Vorschlag?«
    »Er sagte, dass er hier bei uns ein paar Immigrantenfamilien zusammenführen muss. Die Männer haben Arbeit gefunden, aber weil sie illegal hier sind, können sie Frau und Kinder nicht nachkommen lassen. Als Gegenleistung für meine Hilfe wollte er mir einen Teil der Zinsen erlassen.«
    »Einen festen Prozentsatz?«
    »Nein, Commissario. Der sollte jedes Mal neu ausgemacht werden.«
    »Wie hat er dich benachrichtigt?«
    »Am Tag vor der Landung hat er mich angerufen. Er erklärte mir, wer versuchen würde, in den Krankenwagen zu kommen. Beim ersten Mal ging alles glatt, das war eine alte Frau mit zwei Kindern. Aber beim zweiten Mal ist das passiert, was ich Ihnen erzählt habe, da hat sich der Junge gewehrt.«
    Marzilla verstummte und seufzte tief.
    »Sie müssen mir glauben, Commissario. Ich konnte nicht schlafen. Ich hab das immer vor mir gesehen, die Frau, die ihn festhält, ich mit der Spritze, die weinenden Kinder, das hat mir den Schlaf geraubt. Vorgestern bin ich gegen zehn Uhr zu dem Herrn gegangen, um auszumachen, wie viel Prozent er mir nachlässt. Er hat gesagt, dass er mir diesmal gar nichts abzieht, weil das Geschäft schief gegangen ist, die Ware wäre verdorben. Genau so hat er sich ausgedrückt. Und dann hat er noch gesagt, dass ich das bald wieder wettmachen könnte, weil eine neue Lieferung ansteht.
    Ich fuhr nach Hause, völlig fertig. Dann hörte ich in den Nachrichten, dass ein schwarzer Junge überfahren worden und der Fahrer abgehauen ist. Da begriff ich, was der Herr mit der verdorbenen Ware gemeint hat. Dann kamen Sie in den Laden, und im Krankenhaus hatten Sie auch schon nach mir gefragt . Jedenfalls wollte ich unbedingt aus der Sache raus, egal, was passiert.«
    Montalbano stand auf und trat auf die Veranda. Das Meer war ganz leise, wie der Atem eines Kindes. Er blieb eine Weile draußen, dann ging er wieder hinein und setzte sich.
    »Den Namen dieses so genannten Herrn willst du mir also nicht verraten -«
    »Mit wollen hat das nichts zu tun, ich kann nicht!«, schrie Marzilla fast.
    »Schon gut, ganz ruhig, reg dich nicht auf, sonst kriegst du wieder Nasenbluten. Dann machen wir was aus.«
    »Was denn?«
    »Dir ist doch klar, dass ich dich hinter Gitter bringen kann?«
    »Ja.«
    »Und das wäre dein Ruin. Du verlierst die Stelle im Krankenhaus, und deine Frau muss den Laden verkaufen.«
    »Ich verstehe.«
    »Wenn du also noch einen kleinen Rest Hirn im Kopf hast, brauchst du nur eines zu tun. Mir sofort Bescheid geben, wenn der Typ dich anruft. Mehr nicht. Um alles Weitere kümmern wir uns.«
    »Und mich halten Sie da raus?«
    »Das kann ich nicht versprechen. Aber ich kann den Schaden begrenzen. Und jetzt verpiss dich.«
    »Danke«, sagte Marzilla, stand auf und schlich zur Tür, die Beine weich wie Ricotta.
    »Keine Ursache«, erwiderte Montalbano.
    Er ging nicht gleich ins Bett. Er fand eine halbe Flasche Whisky und setzte sich damit auf die Veranda. Bevor er zu einem Schluck ansetzte, hob er jedes Mal die Flasche: ein Prosit auf einen kleinen Krieger, der bis zum Letzten gekämpft und es dann doch nicht geschafft hatte.

Zehn
    Ein stürmischer, scheußlicher Morgen, die Sonne blass und oft hinter schnellen dunkelgrauen Wolken versteckt: Das reichte vollauf, um der sowieso schon üblen Laune des Commissario noch eins draufzusetzen. Er ging in die Küche, kochte Kaffee, trank ein erstes Tässchen, rauchte eine Zigarette, machte, was er machen musste, duschte, rasierte sich, zog die Sachen an, die er schon seit zwei Tagen trug. Bevor er losfuhr, wollte er noch einen Espresso trinken, aber er goss nur eine halbe Tasse ein, die andere Hälfte kippte er sich über die Hose. Seine Hand hatte eigenmächtig einen Schlenker gemacht. Ob das ein weiteres Anzeichen des nahen Alters war? Er fluchte wie ein Kesselflicker, zog die Hose aus und legte sie für Adelina zum Waschen und Bügeln über einen Stuhl. Als er die Taschen leerte, um alles in eine frische Hose zu stecken, entdeckte er in dem kleinen Haufen einen verschlossenen Umschlag.
    Er sah ihn ratlos an. Wo kam

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