Commissario Montalbano 07 - Das kalte Lächeln des Meeres
gemein hätte - wie wurde das mit den Handys geregelt? Und hatte einer der Zeugen, der Fischer, nicht berichtet, dass der Mann mit einem Handy telefonierte? Nein, wohin Montalbano sich auch wandte, stieß er gegen eine Mauer. Da kam ihm ein Gedanke. Er setzte sich ins Auto, ließ den Motor an und fuhr los. Es war gar nicht so einfach, die Straße zu finden, zwei- oder dreimal fuhr er an derselben Villa vorbei, dann sah er in der Ferne endlich, was er suchte. Der Wächter saß immer noch auf seinem Stuhl, die erloschene Zigarre im Mund. Montalbano hielt an, stieg aus und trat zu ihm.
»Guten Tag.«
»Wenn Sie ihn gut finden … guten Tag.«
»Ich bin Polizeikommissar.«
»Das hab ich mir schon gedacht. Sie sind vorhin mit dem anderen Polizisten vorbeigefahren, der mir das Foto gezeigt hat.«
Er hatte ein scharfes Auge, der Herr Wächter. »Ich wollte Sie was fragen.«
»Fragen Sie.«
»Sieht man hier manchmal Einwanderer?« Der Wächter sah ihn verwundert an.
»Einwanderer? Guter Mann, hier gibt's weder Einwanderer noch Auswanderer. Bloß die, die hier wohnen, wenn sie mal kommen. Einwanderer! Quatsch.«
»Aber warum finden Sie das so abwegig?«
»Hier fährt alle zwei Stunden der private Wachschutz durch. Und wenn die einen Einwanderer sichten würden, würden sie ihn mit einem Arschtritt in sein Land zurückbefördern!«
»Und warum ist von dem Wachschutz heute niemand unterwegs?«
»Weil sie einen halben Tag streiken.«
»Danke.«
»Nein, ich hab zu danken, weil Sie mir die Zeit ein bisschen vertrieben haben.«
Montalbano fuhr wieder los. Doch bei dem weißroten Haus, vor dem er sich mit Fazio getroffen hatte, kehrte er wieder um. Er wusste, dass es dort nichts zu finden gab, aber irgendetwas zog ihn an diesen Ort. Am Rand des Steilhangs blieb er stehen. Es dämmerte. Im Gegenlicht wirkte die Villa mit der Riesenterrasse gespenstisch. Trotz der luxuriösen Bauten, der akkurat geschnittenen Bäume, die über die Einfriedungen hinausragten, trotz des vielen Grüns überall war Spigonella ein wüstes Land, um mit Eliot zu sprechen. Zwar sind alle Ortschaften am Meer, vor allem wenn sie von Urlaubern leben, außerhalb der Saison wie tot. Aber Spigonella musste schon tot gewesen sein, bevor es geboren wurde. In seinem Anfang war sein Ende, noch mal frei nach Eliot. Als Montalbano sich jetzt wieder ins Auto setzte, fuhr er wirklich zurück nach Vigàta.
»Catare, hat Marzilla sich gemeldet?«
»Nein, Dottori. Der hat nicht angerufen, aber der Ponzio Pilato hat angerufen.«
»Und was hat er gesagt?«
»Er hat gesagt, dass er morgen kein Flugzeug mehr kriegt, aber übermorgen, also nämlich übermorgen am Nachmittag, da kommt er.«
Montalbano ging in sein Zimmer und griff, noch ehe er sich setzte, zum Telefon. Er wollte etwas Bestimmtes überprüfen, was ihm, als er vor dem Kommissariat parkte, durch den Kopf gegangen war.
»Signora Albanese? Guten Abend, wie geht es Ihnen? Commissario Montalbano hier. Wann kommt denn Ihr Mann vom Fischen zurück? Ah, er ist heute nicht rausgefahren? Er ist zu Hause? Könnte ich ihn mal sprechen? Ciccio, wieso bist du zu Hause? Grippe? Und wie geht's dir jetzt? Wieder gut? Das freut mich. Hör mal, ich wollte dich was fragen . Wie? Ich soll zum Abendessen kommen, damit wir in Ruhe reden können? Also, ich will mich aber nicht einladen, deiner Frau Umstände machen . Was sagst du? Pasta mit frischer Ricotta? Und dann kleine gebratene Fische? In spätestens einer halben Stunde bin ich da.«
Das ganze Abendessen über gab er keinen Ton von sich.
Hin und wieder erkundigte sich Ciccio Albanese vorsichtig:
»Was wollten Sie mich denn fragen, Commissario?«
Aber Montalbano antwortete nicht, er wedelte nur mit dem linken Zeigefinger, um ihm zu bedeuten: nachher, nachher. Denn er hatte entweder den Mund voll oder er wollte ihn nicht öffnen, weil er fürchtete, die eindringende Luft könnte den zwischen Zunge und Gaumen eifersüchtig gehüteten Geschmack forttragen.
Als der Espresso kam, beschloss er, über sein Anliegen zu sprechen, allerdings erst, nachdem er Albaneses Frau Komplimente zu ihren Kochkünsten gemacht hatte.
»Du hattest Recht, Ciccio. Der Mann wurde vor drei Monaten in Spigonella gesehen. Es muss so gewesen sein, wie du gesagt hast: Er wurde umgebracht und dann in Spigonella oder Umgebung ins Meer geworfen. Du bist wirklich gut, das sagen ja auch alle.«
Ciccio Albanese steckte das Lob wortlos ein, als sei es selbstverständlich, und fragte bloß:
»Und
Weitere Kostenlose Bücher