Commissario Montalbano 11 - Die Flügel der Sphinx
identifizieren können, an der sie umgebracht wurde?«, fragte Montalbano. »Wahrscheinlich schon«, sagten die beiden im Chor. Das Telefon klingelte. Fazio und Augello wollten aufstehen und das Büro verlassen. »Wartet, ich muss euch noch etwas sagen.«
»Dottori, am Telefon ist eine Frauensperson, von der ich nicht verstanden habe, wie sie heißt.«
»Sag mir doch einfach, was du verstanden hast.«
»Cirrincio, Dottori.«
»Da hast du völlig richtig verstanden, Catare. Stell sie durch.«
Er war besorgt. Wetten, dass Adelina ihm sagte, dass sie nicht zum Saubermachen kommen und nichts zum Essen für ihn vorbereiten konnte? »Was gibt's denn, Adelina?«
»Dutturi, Sie wollen mich bitte entschuldigen, aber ich muss Ihnen sagen, dass mein Sohn Pasquali mir heute Morgen, als ich ihn im Gefängnis besucht habe, gesagt hat, dass er Sie sprechen muss.«
»Haben die ihm denn immer noch keinen Hausarrest gegeben?«
»Noch immer nicht, Dutturi.«
»Kommst du morgen?«
»Sicher, Dutturi.«
»Bereite mir was zu essen vor, und denk dran, dass du morgen auf dem Markt keinen frischen Fisch findest.«
»Lassen Sie mich nur machen.«
Nachdem das Schreckgespenst einer Schnitzelmahlzeit von ihm gewichen war, war er bester Laune. Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und schaute, weil ihm danach war, eine kleine Show abzuziehen, die beiden mit ernster Miene an.
Sechs
Und zwar mit so ernster Miene, dass Augello sich Sorgen machte.
»Was ist denn los?«
»Los ist, dass es eine große Neuigkeit in der Entführungssache Picarella gibt.«
»Eine Neuigkeit?«, fragte Fazio erstaunt.
Mimi dagegen nahm die Sache eher lässig.
»Sag bloß, es hat eine Lösegeldforderung gegeben!«
»Fändest du das so abwegig?«
»Sicher, weil ich niemals glaube, dass er entführt wurde!«
»Und du, Fazio? Wenn ich dir sage, dass Signora Ciccina wegen einer Lösegeldforderung angerufen wurde, würdest du das dann glauben oder nicht?«
»Ich könnte es glauben, wenn…«, sagte Fazio. Mimi wurde wütend und schnitt ihm das Wort ab. »Aber du und ich, wir sind doch zu der gleichen Schlussfolgerung gelangt! Wieso hast du denn jetzt deine Meinung geändert?«
»Lassen Sie mich doch erst mal ausreden, Dottor Augello. Ich könnte es glauben, wenn ich mir vorstelle, dass Picarella das Geld ausgegeben hat, das er aus dem Safe genommen hat, und nun seinen Komplizen anrufen lässt, um noch mehr zu bekommen.«
»Also, so gesehen bin ich auch dabei!«, sagte Mimi.
»Dann glaubt ihr also auch jetzt noch, dass die Entführung nur ein Täuschungsmanöver war?«
»Ja«, antworteten Augello und Fazio im Chor.
»Auch wenn ich den Beweis hätte, dass ihr euch irrt?«
»Ja«, wiederholten die beiden.
Montalbano öffnete die Schublade, nahm einen Abzug des retuschierten Fotos und reichte ihn Mimi.
Fazio stand auf und stellte sich hinter Augello, um das Foto ebenfalls zu betrachten.
»Ich glaub's ja nicht!«, rief Augello.
»Das ist er!«, sagte Fazio.
»Wann ist das gemacht worden?«, fragte Mimi.
»Wie sind Sie darangekommen?«, drängte Fazio.
»Immer mit der Ruhe. Das Foto ist nicht älter als drei bis vier Tage«, sagte Montalbano.
»Wo wurde es gemacht?«, fragte Mimi.
»In Havanna, in einem Nachtclub. Seht ihr jetzt, dass ihr euch geirrt habt? Picarella war nicht auf den Malediven und auch nicht auf den Bahamas, sondern auf Kuba.«
»Dieser Hornochse!«, sagte Mimi.
»Aber wie sind Sie darangekommen?«, fragte Fazio noch einmal.
»Das hat mir dieser Herr hier mit dem Oberlippenbart und der Brille gegeben, der aus Vigàta stammt.«
»Den kenne ich nicht«, sagte Fazio.
»Doch, ich glaube schon, dass du ihn kennst«, sagte Montalbano und hielt ihm das Original hin.
»Das ist doch Di Noto! Der exportiert Fisch!«
»Bravo! Ich habe sein Aussehen verändern lassen, um ihn da nicht mit hineinzuziehen.«
»Und was machen wir jetzt?«, fragte Mimi. »Ganz einfach. Morgen früh, wenn Fazio auf die Suche nach Möbelwerkstätten und Restauratoren geht, lässt du Signora Picarella herkommen und erklärst ihr das ganze Wie und Warum.«
»Und die wird dann ihre ganze Wut an mir auslassen, so eifersüchtig, wie die ist!«
»So was nennt man Berufsrisiko, Mimi.«
»Aber wie soll ich es ihr denn beibringen?«
»Behandle sie einfach mit großem Taktgefühl, Mimi. Du beginnst beispielsweise damit, dass du ihr sagst, du hättest die Gewissheit, ihrem Mann würde es da, wo er sich befindet, gut gehen. Ja, es würde ihm sogar hervorragend
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