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Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman

Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman

Titel: Commissario Pavarotti trifft keinen Ton - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Florin
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Verhörspezialistin, bei dem Mann einen Punkt finden würde, um den Hebel anzusetzen?
    Dass Kirchrather Pavarotti gegenüber zugegeben hatte, dass sein Verband mit dem Toten im Clinch gelegen hatte, zeigte nur, dass der Alte nicht dumm war. »Dieser Kirchrather hat ganz genau gewusst, dass der alte Felderer oder ein anderer aus dem Verband die schmutzige Wäsche schon vor mir ausgebreitet hat«, knurrte Pavarotti.
    Lissie konnte nachfühlen, wie sauer die kleineren Händler auf Felderer gewesen sein mussten. Sie hatte ja selbst festgestellt, wie viele Kettenläden sich mittlerweile in den Lauben angesiedelt hatten. Die Atmosphäre war bereits zu einem Teil weg. Diesen Themenkomplex auszusparen, wäre äußerst unklug von Kirchrather gewesen. Danach war der Informationsfluss des Schatzmeisters aber sehr schnell versiegt. »Den Besuch oben in Thurnstein hätte ich mir glatt sparen können. Null Neuigkeitswert!«, hatte der Commissario geknurrt. Außerdem hatte Kirchrather es geschafft, Pavarotti eine ordentliche Injektion mit Schuldgefühlen zu verpassen. Offenbar hatte der Commissario ein latent schlechtes Gewissen den Südtirolern gegenüber, auch wenn er selbst niemandem etwas getan hatte. Das hatte der VEMEL -Obermacker wahrscheinlich gleich erkannt. Lissie sah es buchstäblich vor sich, wie Pavarotti wie ein dicker geprügelter Hund den Tappeiner Weg hinuntergetrottet war. Normalerweise hätte sie gegrinst, aber irgendwie war die Vorstellung doch nicht komisch.
    Wenn jemand das Vorhandensein von Schuldgefühlen erkannte, dann war sie das. Die waren ja schließlich ihre ständigen Begleiter, da kriegte man einen Riecher. Sie war permanent in Habachtstellung, dass die kleinen Monster nicht im unpassenden Moment aus der Kiste sprangen. Immer schön Deckel drauf.
    * * *
    Lissie schaute auf die Uhr. Es war fast zehn. In ein paar Minuten war sie mit Kirchrather verabredet, um ihm ihre zum Teil getürkte Familiengeschichte unterzujubeln. Sie wollte aufstehen, konnte aber nicht. Auf einmal hatte sie keine Kraft dazu. Sie fühlte sich, als hinge sie an einem Tropf, aus dem flüssiges Blei in sie einsickerte und sich breitflächig in ihren Adern verteilte. Tropfen für Tropfen, immer mehr. Bis runter zum kleinen Zeh.
    Wie gelähmt saß Lissie da, bloß ihre Augen rollten unkontrolliert von links nach rechts. Gott sei Dank war sie allein im Café, auch die Terrasse war inzwischen leer. Von hinten hörte sie Tassengeklapper und das Brummen der Spülmaschine. Ihr Atem ging stoßweise. Atme ruhig und gleichmäßig. Fixiere etwas, befahl sich Lissie und starrte auf den leeren Durchgang zu den Lauben, den sie vor wenigen Minuten entlanggegangen war. Vor einer Ewigkeit. Eine Träne kullerte ihre Backe hinunter.
    Das wurde ja langsam zur Gewohnheit mit der Heulerei.
    So schlimm wie heute war es seit Monaten nicht gewesen. Schuld war natürlich dieses verfluchte Meran. Eine Konfrontation mit der Vergangenheit war eben doch keine Rosskur, sondern führte zu gar nichts. Oh doch. Zu so etwas wie jetzt, vielen Dank auch.
    Lissie verstand nicht, wieso sie diese komischen Anfälle überhaupt bekam. Hingen sie mit ihrer häufigen Niedergeschlagenheit zusammen? Deswegen zum Arzt zu gehen, kam aber gar nicht in Frage. Sinnlos verplemperte Zeit. Es ging ja gar nicht um irgendwas Verdrängtes, das ein Seelenklempner an die Oberfläche befördern könnte. Ihr war ja bewusst, wo der Kern ihrer Probleme lag. Das alles hatte mit ihrem Vater zu tun. Er hatte sich auf die Seite von gemeinen Killern gestellt. Trotzdem liebte sie ihn immer noch, verdammt sollte er sein. Und warum war sie so unsagbar wütend auf ihn, anstatt ihn einfach nur zu verachten und endlich zu vergessen? War das die Schuld, die sie nicht abtragen konnte und die sie immer wieder quälte: dass sie ihn nicht hassen konnte? Aber Schuldgefühle wem gegenüber eigentlich? Den Baader-Meinhof-Opfern gegenüber, den Angehörigen, alles Menschen, die sie gar nicht gekannt hatte? Sie horchte in sich hinein. Nein, wohl kaum. Bevor ihr Vater hatte verhindern können, dass die Frau ihre gerechte Strafe bekam, war er weg gewesen. Außerdem hätte nicht mal er das geschafft. Was also war es?
    »Frau von Spiegel?«
    Lissie fuhr hoch und haute dabei ihren Unterarm gegen die Tischkante. »Auhhhh«, stöhnte sie. Endlich. Der Bann war gebrochen. Vor ihr stand ein gut erhaltener Siebziger im Norwegerpullover. Schütteres Haar am Oberkopf, braun gebrannt, ein bartloses Gesicht mit Falten an den

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