Commonwealth-Saga 3 - Der entfesselte Judas
Orion.
»Ich weiß. Trotzdem, wir wollen all unsere Sachen so gut festbinden, wie es geht. Wir dürfen nicht riskieren, weitere Vorräte zu verlieren … oder dass einer von uns über Bord geht, was das betrifft.«
Die Innenarchitekten des Tulip Mansion hatten den Wintergarten als Frühstücksraum konzipiert. Er erstreckte sich wie eine oktagonale Blase über die Ostseite des Nordflügels. Ein traditionelles, hohes Glasdach, gestützt von schmiedeeisernen Säulen, mit Wänden aus glatten Scheiben, die bis zum Boden reichten. Der Boden war klassisch in schwarzen und weißen Marmorfliesen gehalten, mit einer großen runden Romanate-Theke in der Mitte, an der sich die wohlbehüteten Bewohner zum Frühstück im Schein der ersten Sonnenstrahlen trafen. Reben und Kletterfuchsien wuchsen in großen, unglasierten Kübeln am Fuß jeder Säule, und ihr Grün bot behaglichen Schatten. Wie bei allen sonnigen Räumen mit Pflanzen darin, die beständig gewässert wurden, roch die Luft morgens leicht nach Moschus, um im Tagesverlauf vom Aroma der kurzlebigen Blüten ganzjährig blühender Pflanzen immer süßlicher zu werden.
Da die Burnellis den weniger exponierten Westflügel zum Frühstücken bevorzugten, hatte Justine den Wintergarten als eine Art Arbeitszimmer übernommen. Die unbequeme Essgarnitur war bequemen Sitzmöbeln und einem großen Schreibtisch gewichen. Das Einzige, was dieser Tage noch auf dem großen zentralen Tresen stand, war ein gigantisches halbrundes Aquarium mit einer Auswahl irdischer und extraterrestrischer Fische, die sich gegenseitig misstrauisch im Auge behielten. Das Aquarium hatte gerade noch genügend freien Raum gelassen, um das neue große Array auf der verbliebenen Fläche zu installieren.
Justine stand in der Tür und beobachtete die beiden Techniker bei der Arbeit. Als sie fertig waren, sammelten sie ihre Werkzeuge ein und führten ein paar abschließende Tests durch.
Selbstverständlich war Justine ganz in Schwarz gekleidet – ein einfaches langes Kleid und eine dazu passende Bluse; nichts allzu Modisches, doch auch nicht endlos düster.
Nicht mehr als eine Aussage, die ihrer Meinung nach höchst angemessen war. Die meisten Mitglieder ihrer Kreise würden nicht einmal die Bedeutung erkennen, dachte sie. Ihresgleichen hatte sich schon lange nicht mehr mit dem Tod, dem echten Tod, auseinander setzen müssen.
»Fertig und einsatzbereit, Ma’am«, berichtete der Senior-Techniker.
»Danke sehr«, antwortete Justine geistesabwesend. Die beiden Techniker nickten höflich und verließen den Raum. Sie kamen von Dislan, der Elektronikfirma der Familie, die nur für Familienmitglieder entwickelte und produzierte.
Justine trat zu dem einfachen, silbergrauen Zylinder, der auf der polierten Granitplatte des Tresens stand. Ganz oben leuchtete ein winziges rotes Lämpchen.
Paula Myo betrat den Raum und schloss hinter sich die großen Doppeltüren. »Sind wir hier sicher, Senatorin?«, fragte sie mit Skepsis in der Stimme, während sie durch die großen Fenster nach draußen sah. Jenseits des Rosengartens erstreckten sich die Hügel von Rye County und bildeten eine zerklüftete Landschaft aus Pinienwäldern und dunkleren Flecken aus Rhododendren, die längst nicht mehr blühten.
Justine gab ihrem E-Butler einen Befehl. Die Wände und das Dach verwandelten sich in graue Vorhänge aus Licht wie von einem Hologrammprojektor, der einen trüben Herbsthimmel zeigt. Die äußere Welt verschwand vollkommen, ein Effekt, der ein nahezu klaustrophobisches Gefühl hervorrief. »Jetzt sind wir es«, sagte Justine in gelassenem Ton. »Das Array ist vollkommen unabhängig und nicht einmal vernetzt; also kann niemand sich hineinhacken. Wir sind so isoliert, wie es in der modernen Welt nur möglich ist.«
Sie nahm den Speicherkristall aus einem kleinen Metallkästchen und trat vor das Array. Das einzelne Lämpchen änderte den Farbton von Rot nach Grün, als sie die Hand auf die Oberseite legte. »Ich möchte, dass du einen Kristall überprüfst und mir sagst, welche Daten er enthält«, befahl sie der RI.
»Ja, Senatorin«, antwortete die Maschine. Ein kleiner Kreis wurde auf der Oberseite erkennbar und sank nach unten. Justine legte den Speicherkristall in die entstandene Vertiefung.
»Das ist ein Quantenscanner«, erklärte sie an Paula Myo gewandt. »Er müsste jede eventuelle Falle in der Molekülstruktur erkennen.«
Die beiden Frauen setzten sich auf eines der Sofas. Das braune Leder war von der Sonne so
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