Commonwealth-Saga 3 - Der entfesselte Judas
verschlüsselt. Ich verfüge nicht über die Rechenkapazität, um sie zu entschlüsseln.«
»So ein Mist!«, murmelte Justine. Einen Augenblick lang hatte sie sich tatsächlich Hoffnungen gemacht; sie hatte sich wirklich mehr Hilfe erwartet von einem Stück Hardware, das sie über fünf Millionen irdische Dollars gekostet hatte. »Wer hat genügend Kapazität?«
»Die SI«, antwortete Paula. »Außerdem die Guardians. Sie haben den Schlüssel.«
»Vertrauen Sie der SI?«, fragte Justine. Die Frage fiel ihr schwer.
»Ich glaube zumindest, dass sie ein vertrauenswürdiger Verbündeter in unserem Kampf gegen die Primes ist.«
»Das ist eine sehr vorsichtige Antwort.«
»Ich glaube nicht, dass wir Menschen die Motive der SI zu begreifen imstande sind. Wir wissen nicht einmal, welche wahren Absichten sie im Hinblick auf unsere Spezies hegt. Sie behauptet, vertrauenswürdig zu sein, und sie hat sich noch nie in irgendeiner Weise gegen uns gewandt. Allerdings …«
»Ja?«
»Im Verlauf meiner Ermittlungen ist mir bereits einige Male aufgefallen, dass die SI uns Menschen beträchtlich mehr Aufmerksamkeit schenkt, als sie einzuräumen bereit ist.«
»Das Sammeln von Informationen ist eine Hauptbeschäftigung von Regierungen, seit die Trojaner dieses hässliche kleine Geschenk von den Griechen bekommen haben. Ich zweifle nicht eine Sekunde daran, dass die SI uns beobachtet.«
»Aber wozu? Es gibt eine Reihe von Theorien, von denen die meisten ins Reich der wilden Konspirationsfantasien gehören. Hauptsächlich beinhalten sie die Sorge, dass die SI bestrebt sein könnte, gottgleich zu werden.«
»Und was glauben Sie?«
»Ich stelle mir vor, dass die SI uns genauso beobachtet, wie wir einen Nachbarn beobachten würden, der uns immer wieder Ärger bereitet. Sie beobachtet uns, weil sie keine Überraschungen erleben will, ganz besonders keine bedrohlichen.«
»Ist das denn wirklich relevant?«
»Wahrscheinlich nicht – es sei denn, die SI entscheidet sich für die Seite der Primes.«
»Verdammt, Sie sind vielleicht misstrauisch.«
»Ich ziehe es vor, das Problem als eine logische Übung zu betrachten«, erwiderte Chief Investigator Myo.
»Wie denn das?«
»Ich versuche, alle möglichen Züge meines Gegners so weit vorherzusehen, wie es mir möglich ist; doch ich stimme Ihnen zu: Die Wahrscheinlichkeit, dass die SI sich uns gegenüber als feindlich erweisen könnte, ist sehr gering. Ich für meinen Teil arbeite sogar mit ihr zusammen. Sie verfügt außerdem über viele gespeicherte menschliche Persönlichkeiten, die uns ausnahmslos alle gewogen sein sollten.«
»Jetzt weiß ich überhaupt nicht mehr, was ich denken soll.«
»Es tut mir Leid; ich wollte Sie nicht unnötig beunruhigen. Es war gedankenlos von mir angesichts Ihrer gegenwärtigen Situation.«
»Wissen Sie, der einzige Vorteil meines Alters ist in diesem Augenblick, dass ich weiß, wann ich zu durcheinander bin, um eine wichtige Entscheidung zu treffen. Also, falls Sie nichts dagegen haben, überlasse ich die Entscheidung Ihnen. Wollen Sie die SI bitten, die Daten für uns zu entschlüsseln?«
»Die einzige Alternative wäre, die Guardians zu kontaktieren und sie nach dem Schlüssel zu fragen.«
»Wissen Sie denn, wie Sie das anstellen können?«, fragte Justine überrascht.
»Nein. Hätte ich einen Zugang zu den Guardians, der mir dies ermöglichen würde, hätte ich die ganze Organisation schon vor Jahrzehnten aus dem Verkehr gezogen.«
»Ich verstehe.« Das grau-blaue Symbol für den Kode, den Kazimir ihr übertragen hatte, schwebte in einer Ecke von Justines virtueller Sicht, reglos und verlockend zugleich. Einmal mehr wurde ihr bewusst, dass sie nicht klar genug dachte, um eine derartige Entscheidung zu treffen. Sie wusste nicht einmal, ob sie Chief Investigator Myo anvertrauen sollte, dass sie im Besitz des Kodes war. Für eine Senatorin des Commonwealth war der Kontakt mit einer Gruppe von Menschen, die gegenwärtig als politische Terroristen eingestuft waren, ein höchst gefährlicher Akt. Justine hatte instinktiv gezögert, den unverdächtig erscheinenden Kode in die Unisphäre zu laden. Wenn ihre Verbindung zu den Guardians öffentlich bekannt wurde, bevor der Starflyer enttarnt war, wäre sie vollkommen diskreditiert. Nicht einmal ihre Familie wäre dann noch in der Lage, sie zu schützen, und der Starflyer hätte einen weiteren Sieg davongetragen.
»Möglicherweise müssen wir niemanden bei der Entschlüsselung des Speicherkristalls
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