Con molto sentimento (German Edition)
weihevoller Andacht den Schaum weglöffelte. Bei einem Mann wie Alexis wirkte dieses Benehmen seltsam deplatziert.
»Deine Schwester«, griff Patrice den Faden wieder auf. »Etwa die Mutter von William?« Um der Wahrheit die Ehre zu geben, er war um jeden Aufschub dankbar, wenn er nur nicht auf die eigentliche Sache zu sprechen kommen musste, die ihm auf der Seele lastete.
»Genau die: Mary-Alice. Sie möchte meine Meinung zu Williams Vorspiel wissen.«
Hätte Patrice nur etwas besser hingehört, dann wäre ihm der skeptische Tonfall gewiss aufgefallen. So meinte er nur eifrig: »William muss die Professoren ziemlich beeindruckt haben.«
»Er hat was?« Alexis fiel der Löffel aus der Hand.
›Ups.‹ Patrice bereute seine Worte augenblicklich und gab Alexis seinen eigenen, noch unbenutzten Löffel.
»Claude hat mir erzählt, dass William in der Mittagspause der Orchesterprobe am Flügel gespielt hat und Federico wohl ein paar Leute dazugebeten hat.«
»Federico hat was getan?« Alexis‘ Stimme war ruhig, aber er biss unbewusst die Zähne aufeinander und zückte bereits sein Smartphone. Mit flinken Fingern tippte er eine Nachricht, dann löschte er sie wieder, wie Patrice aus dem Augenwinkel heraus feststellte. Anscheinend hielt es Alexis für sinnvoller seinen Geliebten damit von Angesicht zu Angesicht zu konfrontieren.
»Ich bin noch immer dagegen, dass William ein Internat besucht«, geruhte sich Alexis dann zu erklären. Warf seinem Smartphone einen letzten Blick zu, als ob es dieses Schlamassel verursacht hätte, und steckte es dann unverrichteter Dinge wieder weg.
»Federico meint, dass dein Neffe ziemlich talentiert ist.«
»Das ist er auch.«
Dann verstand Patrice das Problem wohl nicht, er machte einen fragenden Laut. »Aber?«
»Aber die Sache ist die, dass Talent alleine nicht ausreicht. Federico ist das beste Beispiel. Es ist bei weitem nicht selbstverständlich, dass er heute so erfolgreich ist.«
»Du meinst, diese Entzündung, die er hatte.«
»Richtig und nicht nur das, zwei Operationen, wochenlange Rehabilitation und selbst heute noch muss er darauf achtgeben seine Hände nicht zu überstrapazieren. Federicos gesamte Kindheit und Jugend war nur auf das Klavierspiel ausgerichtet, du kannst dir nicht vorstellen, wie schwer es für ihn war, als dieser alleinige Lebensinhalt für ihn weggebrochen ist.«
Patrice überdachte diese Worte, während er auf die Autobahn und den dahinfließenden Verkehr starrte. Der Geruch von Benzin und halb verrottetem Müll lag in der Luft, die typische Mischung von Autobahnraststätten.
Patrice nahm noch einen letzten Schluck Kaffee zur Stärkung. Er hatte es bitter nötig. Jetzt musste es sein, es half ihm alles nicht weiter: »Ich war damals dabei.«
»Bitte?«
»Bei der Schlägerei in der Claude verletzt wurde. Ich war dabei, ich war mittendrin. Ich bin nicht erst dazugekommen, als es schon vorüber war, was Claude noch heute glaubt.«
Alexis sagte nichts. Was sollte er auch sagen? Oder besser gesagt, was erwartete Patrice, wie Alexis reagieren würde? Erwartete er Verständnis oder den gerechten Zorn darüber wie feige er sich damals verhalten hatte? Nein, Patrice wusste nicht, was er sich wünschte. Aber eines wusste er, wenn er nicht bald mit jemandem über diese verdammte Sache sprechen konnte, würde es nur noch schlimmer und noch schwerer für ihn werden. Schon jetzt traute er sich nicht es gegenüber Claude zu beichten, immerhin hatte er jetzt bei Alexis einen Anfang gemacht.
Endlich regte sich Alexis und Patrice wagte einen Blick in das Gesicht des anderen. Alexis hatte seine Sonnenbrille abgesetzt und musterte ihn. »Wie soll ich das verstehen?«
»Na, wie ich es gesagt habe.« Patrice holte Luft.
»Ich war dabei, bei diesen Schlägern.«
»Du treibst dich in deiner Freizeit mit Hooligans herum? Was ist nur aus euch Nerds geworden?«
»Nein. Es war eine ganz dumme Sache«, beeilte er sich zu erklären.
»Das will ich aber auch meinen.« Immerhin musste Patrice dem Engländer zu Gute halten, dass er nicht laut wurde oder sonst irgendwie ausflippte. Zumindest noch nicht.
»Mein Stiefvater lag mir schon den ganzen Tag in den Ohren, dass ich nur vor dem Laptop herumhängen würde und Luc, mein Stiefbruder, hat mich auch aufgezogen. Also bin ich halt mit auf ein Fußballspiel gegangen. Selbst ich hatte am Abend, als wir wieder zurück in
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