Con molto sentimento (German Edition)
mithören.
»Du musst unterscheiden, Patrice«, Alexis fixierte ihn mit diesen blauen Augen und Patrice rutschte unwillkürlich auf der Sitzbank herum. »Du musst es zum einen mit deinem Gewissen vereinbaren und dir überlegen, wie du dich gegenüber Claude verhalten möchtest. Ja, du hast zugeschlagen und dich mit den falschen Typen abgegeben. Auch wenn es das erste und letzte Mal gewesen ist«, stoppte er gleich Patrices Protest, dass er sich ja für gewöhnlich nie mit dieser Sorte Mensch eingelassen hätte.
»Diese ganze Seite ist die der Justiz, des Gesetzes, des Rechtsstaats – nenne es wie du willst. Wenn du als Zeuge aussagst und Claude auf eine Anzeige gegen dich verzichtet, denn er ist nun einmal der Einzige, der dich belangen könnte, bist du aus dem Schneider.« Und wenn Hugo oder Noah ihn anzeigen würden, da wäre es für die Anwälte ein leichtes Patrice da wieder herauszuhauen. Immerhin würde dann Aussage gegen Aussage stehen und man würde den beiden anderen vorwerfen, während des ganzen Trubels die falschen Schlüsse gezogen zu haben.
»Aber das ist doch falsch!« Patrice stopfte frustriert noch eine Handvoll Pommes frites in sich hinein.
Alexis zuckte nur mit der Schulter: »Es ist eine Chance. Auf diese Weise hängt dir nichts an. Dein Führungszeugnis bleibt sauber, keine Peinlichkeiten bei zukünftigen Bewerbungsgesprächen.« Alexis‘ Art die Sache zu sehen war beängstigend. Man konnte das Gesetz doch nicht einfach zurechtbiegen, wie es einem in den Kram passte.
»Es ist nicht richtig«, beharrte Patrice und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.
»Rechtlich ist es völlig einwandfrei.«
»Aber moralisch!«
Alexis biss mit sichtlichem Genuss in seinen zweiten Bruger. »Ah, das«, meinte er in Bezug auf Patrices moralische Bedenken. »Es ist pragmatisch.«
»Scheinheilig.«
»Du musst auch immer das letzte Wort haben.« Alexis leckte sich einen Klecks Ketchup von der Fingerspitze. »Es ist deine Chance noch einmal von vorne anzufangen. Nutze das!«
»Auf jeden Fall muss ich mit Claude reden«, seufzte Patrice unglücklich, als er seine letzte Pommes vertilgt hatte. Es würde kein leichtes Gespräch werden.
»Ich dann dich begleiten, falls du das möchtest«, als ob Alexis seine Patrices Gedanken gelesen hätte.
»Ja«, Patrice lehnte sich wieder gegen die Sitzbank. »Ich weiß es noch nicht.« Er rieb sich die Stirn und seufzte schwer. Er würde das alles in Ruhe verarbeiten müssen. Da fiel ihm noch etwas ein: »Was war das eigentlich für ein Umschlag, den du diesem Anwalt gegeben hast? Waren das Bestechungsgelder?«
Alexis klappt beinahe – beinahe – die Kinnlade nach unten. »Nein, natürlich nicht! Du bist schon wie Federico, der vermutet auch immer gleich solche Dinge.«
Bei dieser unbedarften Nennung seines Partners stockte Alexis und kurz zuckte sein Blick zu seiner Hand mit den Ringen.
»Nein«, wiederholte er. »Einer der Seniorpartner ist entfernt mit meiner Mutter verwandt, außerdem sind es Freunde der Familie. Ich weiß, dass er und seine Frau sehr für einen Künstler schwärmen, der bei dem selben Management unter Vertrag steht wie ich. Ich habe ihm nur zwei Konzertkarten gegeben. Nichts weiter.«
Zweifelsohne waren es Konzertkarten in der ersten Preiskategorie, aber gut, das war nicht ganz so schlimm wie ein Umschlag mit Geldnoten, befand Patrice.
»Außerdem bilde dir nicht zu viel ein«, sprach Alexis indes weiter. »Was glaubst du denn, warum man dir de Galle abgestellt hat? Ein junger Anwalt, der gerade mal seit einem halben Jahr für die Kanzlei arbeitet und noch keinen größeren Fall hatte. Wenn du einen der Seniorpartner hättest haben wollen, dann hätte ich bedeutend mehr, als nur ein paar Konzertkarten springen lassen müssen.«
»Aha«, irgendwie klang dies für Patrice jetzt nicht mehr so zuversichtlich. Doch er war auf der anderen Seite auch nicht in der Position sich wählerisch zu zeigen. Immerhin gab es die Chance, dass er nicht angeklagt wurde und diese Option hatte er für sich selbst schon abgeschrieben gehabt. Vielleicht konnte doch noch alles irgendwie gut gehen. Aber es hing allein an Claude.
Patrice mochte sich in eine mehrstündige Session von Onlinespielen flüchten, Alexis bevorzugte da lieber die große Orgel im Konzertsaal des Konservatoriums oder einen Ausritt bei seinem neuen bevorzugten Reitstall. Spät am Abend war jedoch
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