Conan-Saga 11 - Conan der Abenteurer
Schlangenhals ragte. Er zog und bekam ihn frei. Als ahnte sie mit mehr als tierischer Klugheit, was er beabsichtigte, wand sich die Schlange, bemüht, auch seinen rechten Arm zu umwickeln. Doch blitzschnell hieb der Dolch zu und schlitzte den mächtigen Rumpf bis fast zur Mitte auf.
Ehe der Cimmerier noch einmal zustoßen konnte, löste die Schlange sich von ihm und schleppte sich über den Boden, während Blut aus der tiefen Wunde schoß. Conan sprang ihr mit erhobenem Dolch nach, aber sein wilder Hieb durchschnitt leere Luft. Die Schlange war ausgewichen und schob nun den Kopf gegen den Paneel der Sandelholztäfelung. Es öffnete sich. Der lange Schlangenleib schnellte hindurch und war verschwunden.
Sofort hieb Conan auf die Täfelung ein. Mit ein paar Schlägen hatte er sie zersplittert, und er konnte in den düsteren Alkoven dahinter blicken. Doch keine Schlange war zu sehen, nur Blut auf dem Marmorboden und Spuren, die zu einer Bogentür führten – und diese Spuren waren die von den nackten Sohlen eines Mannes ...
»Conan!«
Er wirbelte gerade rechtzeitig herum, um die Devi von Vendhya aufzufangen, die durch das Gemach gelaufen kam, um sich ihm glücklich, dankbar und doch von Angst und Panik erfüllt an den Hals zu werfen.
Sein wildes Blut war durch all die Geschehnisse zutiefst aufgewühlt. Er schloß sie mit solcher Kraft in seine Arme, daß sie zu jeder anderen Zeit aufgeschrien hätte, und zerpreßte schier ihre Lippen. Sie wehrte sich nicht, war im Augenblick nur Frau. Sie schloß die Lider und genoß völlig hingegeben seine feurigen, leidenschaftlichen Küsse. Sie keuchte unter seiner Heftigkeit, als er ihre Lippen freigab, um Luft zu holen, und blickte auf sie hinunter.
»Ich wußte, daß du kommen würdest«, murmelte sie, »daß du mich nicht den Grausamkeiten dieser Teufel überlassen würdest.«
Bei ihren Worten wurde ihm die Umwelt wieder bewußt. Er hob den Kopf und lauschte angespannt. Schweigen herrschte in der Burg von Yimsha, aber es war eine unheilschwangere Stille. Gefahr lauerte in jedem Winkel, spähte unsichtbar von jeder Decke.
»Wir sollten zusehen, daß wir verschwinden, solange wir es können«, murmelte er. »Die Verletzungen hätten mehr als genügt, ein normales Tier – oder einen Menschen – zu töten, aber ein Zauberer hat ein Dutzend Leben. Verwundet man einen, zieht er sich zurück wie eine verstümmelte Schlange, nur um sich irgendwo durch frische Zauberkräfte zu stärken und mit neuen magischen Mitteln zu versehen.«
Er hob das Mädchen auf und trug sie wie ein Kind auf den glänzenden Jadekorridor und die Treppe hinunter. Alle Sinne gespannt, achtete er auf irgendwelche Zeichen oder Geräusche.
»Ich lernte den Meister kennen«, wisperte Yasmina und klammerte sich schaudernd an ihn. »Er wirkte seine Zauber an mir, um meinen Willen zu brechen. Der schrecklichste war ein vermodernder Leichnam, der mich in seine Arme schloß. Ich fiel in Ohnmacht und weiß nicht, wie lange ich das Bewußtsein verlor. Kurz nachdem ich wieder zu mir kam, hörte ich Schreie und Kampfgeräusche von unten, und dann glitt diese grauenvolle Schlange durch den Türvorhang – ahhh!« Die Erinnerung schüttelte sie. »Irgendwie wußte ich, daß es keine Illusion, sondern eine wirkliche Schlange war, die mich töten wollte.«
»Zumindest war es kein Phantasieschatten«, antwortete Conan rätselhaft. »Er wußte, daß er geschlagen war, und zog es vor, dich zu töten, statt zuzulassen, daß du befreit würdest.«
»Was meinst du mit ›er‹?« fragte sie voll Unbehagen, doch dann schrie sie auf, drückte den Kopf an seinen Hals und vergaß ihre Frage. Sie hatte die Toten am Fuß der Treppe entdeckt.
10
YASMINA UND CONAN
Conan schritt schnell durch die riesige Halle und das Vorgemach zur Tür, die auf die Galerie hinaus führte. Da sah er, daß der Boden mit winzigen glitzernden Glassplittern übersät war. Die Kristallscheibe, die die Türöffnung verschlossen hatte, war völlig zersprungen. Daher also das betäubende Klirren, als er auf die Kristallkugel einschlug. Er war nun auch ziemlich sicher, daß gleichzeitig jegliches Stückchen Kristall in der ganzen Burg zerbrochen war. Instinkt oder die vage Erinnerung an geheimnisvolle Legenden ließen ihn die Wahrheit über die schreckliche Verbindung zwischen den Meistern des Schwarzen Kreises und den goldenen Granatäpfeln ahnen. Er spürte, wie sich ihm die Nackenhärchen aufstellten, und verdrängte hastig alle
Weitere Kostenlose Bücher