Conan-Saga 11 - Conan der Abenteurer
Tief im Süden erreichten wir eine Oase, aber stygische Reiter verfolgten uns. Wir flohen weiter von Oase zu Oase, von Durst und Hunger gepeinigt, bis wir in einen unbekannten Landstrich kamen, wo es nur gleißende Sonne und blanken Sand gab. Weiter trugen uns unsere Pferde, sie dem Zusammenbruch und wir dem Wahnsinn nahe.
Eines Nachts sahen wir Feuer und ritten näher, in der verzweifelten Hoffnung, Freunde zu finden. Aber ein Pfeilhagel empfing uns. Conans Pferd wurde getroffen. Es bäumte sich auf und warf seinen Reiter ab. Er muß sich dabei den Hals gebrochen haben, denn er rührte sich nicht mehr. Mir gelang es, in der Dunkelheit zu entkommen, obwohl mein Pferd unter mir zusammenbrach. Einen kurzen Blick hatte ich auf unsere Angreifer: große schlanke braunhäutige Männer, die fremdartige barbarische Kleidung trugen.
Zu Fuß zog ich weiter durch die Wüste, bis ich auf die drei Aasgeier traf, die du gestern gesehen hast. Schakale waren sie, Ghanater, die Angehörigen eines räuberischen Stammes von gemischtem Blut. Der einzige Grund, warum sie mich nicht umbrachten, war wohl, daß ich nichts bei mir trug, das sie brauchen konnten. Seit einem Monat begleitete ich sie auf ihren Raubzügen, weil es nichts anderes gab, was ich hätte tun können.«
»So hatte ich mir das nicht vorgestellt«, murmelte Lissa. »Man sagte mir, daß es Kriege und Grausamkeit gäbe, draußen in der weiten Welt, aber alles erschien mir immer wie ein Traum und so fern. Wenn ich dich über Verrat und Kampf reden höre, ist mir, als sähe ich alles genau vor mir.«
»Kommen denn nie Feinde nach Gazal?« wollte Amalric wissen.
Sie schüttelte den Kopf. »Die Menschen machen einen Bogen um unsere Stadt. Manchmal konnte ich schwarze Punkte erkennen, die am Horizont entlangzogen. Die alten Männer sagten, das seien Heerscharen auf dem Weg in einen Krieg. Aber nach Gazal kamen sie nie.«
Amalric fühlte sich unbehaglich. In dieser lebensfeindlichen Wüste hausten einige der wildesten Stämme der Welt, die Ghanater und Ghanarer, deren Hoheitsgebiet sich weit in den Osten erstreckte; die vermummten Tibu, die, wie er glaubte, weiter im Süden zu Hause waren; und das halb mystische Reich von Tombalku, das von einer wilden barbarischen Rasse beherrscht wurde. Es schien ihm sonderbar zu sein, daß eine Stadt inmitten dieses wilden Landes so völlig unbeachtet bleiben konnte und ihre Bürger nicht einmal die Bedeutung des Krieges kannten.
Er wandte den Blick ab. Seltsame Gedanken befielen ihn. Hatte das Mädchen unter der heißen Sonne den Verstand verloren? War sie ein Dämon in Frauengestalt, der aus der Wüste kam, um ihn in die Verdammnis zu locken? Doch ein Blick auf sie – wie sie sich einem Kind gleich am Sattelknauf des Kamels festklammerte – genügte, um seine Zweifel zu zerstreuen. Aber trotzdem fragte er sich, ob sie ihn wohl verzaubert hatte.
Ihr Weg führte sie stetig nach Westen. Sie hielten nur gegen Mittag an, um Datteln zu essen und Wasser zu trinken. Um Lissa vor der sengenden Sonne zu schützen, richtete Amalric aus seinem Schwert, dessen Scheide und den Satteldecken eine Art Zelt. Das Mädchen war so müde und steif von dem anstrengenden Ritt auf dem Kamel, daß Amalric sie aus dem Sattel heben mußte. Wieder fühlte er die sinnliche Zartheit ihres sanften Körpers. Heißes Verlangen wühlte ihn auf. Einen Herzschlag lang stand er reglos, betäubt von ihrer Nähe, ehe er sie in den Schatten des behelfsmäßigen Zeltes legte.
Er war fast verärgert über den klaren Blick, mit dem sie seinem begegnete, und über die Bereitwilligkeit, mit der sie ihm ihren jungen Körper auslieferte. Es schien, als wäre sie sich der Dinge nicht bewußt, die ihr möglicherweise Leid zufügen konnten. Ihr unschuldiges Vertrauen beschämte ihn und hielt die hilflose Wut in ihm in Schach.
Abwesend kaute er Datteln, ohne sich überhaupt recht bewußt zu werden, daß er sie in den Mund schob. Seine Augen nahmen jede Einzelheit des zarten Mädchenkörpers auf. Als er Lissa wieder auf das Kamel setzte und ihre Arme sich instinktiv um seinen Hals schlangen, erschauderte er. Aber er half ihr, sich festzuhalten, und sie setzten ihre Reise fort.
2
Kurz vor Sonnenuntergang deutete Lissa geradeaus und rief: »Die Türme von Gazal!«
Am Rand der Wüste sah er die Stadt: Minarette und Turmspitzen erhoben sich jadegrün gegen den Himmel. Wäre Lissa nicht gewesen, hätte er an eine Sinnestäuschung geglaubt. Heimlich beobachtete er das
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