Conan-Saga 15 - Conan der Thronräuber
verschwand die Rote Hand um die Spitze des Nordhorns.
3
DER DUNKLE FREMDE
Der blaue Dunst hatte sich zu einer monströsen schwarzen Gestalt verdichtet, die nur verschwommen zu erkennen war. Sie füllte das ganze vordere Ende der Höhle und verbarg die stillen Gestalten am Tisch. Ganz sicher war der Cimmerier nicht, aber er glaubte, daß sie zottliges Fell, spitze Ohren und eng beisammenstehende Hörner hatte.
Noch während die langen Arme wie Tentakel auf seine Kehle zuschossen, schlug der Cimmerier blitzschnell mit seiner piktischen Axt auf sie ein. Die Wucht des Hiebes brach den Schaft der Axt, und das Kupferblatt flog klirrend gegen die Tunnelwand. Doch soviel der Cimmerier sehen konnte, war die Klinge überhaupt nicht in das Fleisch seines Gegners gedrungen. Es gehörte eben mehr als eine normale Waffe dazu, einen Dämon zu verwunden. Und schon schlossen sich die Klauen um seine Kehle, um ihm den Hals zu brechen, als wäre er ein morscher Ast. Seit er in Hanumans Tempel in Zamboula gegen Baal-pteor gerungen hatte, hatte keiner Conan mehr mit solcher Kraft gepackt.
Als die haarigen Finger seine Haut berührten, spannte der Barbar die harten Muskeln seines ungemein kräftigen Halses und zog den Kopf so tief zwischen den Schultern ein, wie es nur ging, um seinen übernatürlichen Gegner eine möglichst geringe Angriffsfläche zu bieten. Er ließ Dolch und zerbrochenen Axtschaft fallen, packte die dicken schwarzen Prankengelenke, schwang beide Beine hoch und vorwärts und trat die Fersen mit aller Kraft gegen die Brust des Ungeheuers, während er den Körper lang ausstreckte.
Der ungeheure Widerstand des kräftigen Rückens und der Beine des Cimmeriers befreite ihn aus dem tödlichen Griff und schleuderte ihn in den Tunnel zurück, durch den er gekommen war.
Er landete mit dem Rücken auf dem Steinboden und schnellte sich mit einem Purzelbaum auf die Beine, ohne auf seine Verwundungen zu achten. Er war bereit zu fliehen oder zu kämpfen, je nachdem, was sich ergab.
Während er keuchend dastand und mit gefletschten Zähnen wie ein Wolf zur Tür der inneren Höhle starrte, tat sich, entgegen seiner Erwartung, jedoch überhaupt nichts. Denn kaum hatte Conan sich aus dem Griff des Ungeheuers befreit, hatte es sich aufgelöst und war wieder zu dem blauen Dunst geworden, aus dem es sich verdichtet hatte.
Der Cimmerier stand sprungbereit und brauchte nur herumzuwirbeln, um den Tunnel hochsausen zu können. Die abergläubische Angst der Barbaren nagte an ihm. Zwar war er furchtlos bis zur Tollkühnheit, wenn es sich bei seinen Gegnern um Männer oder Tiere handelte, aber alles Übernatürliche erweckte auch jetzt noch kaltes Grauen in ihm.
Deshalb also hatten die Pikten ihre Chance nicht mehr genutzt und waren statt dessen umgekehrt! Er hätte sich etwas Ähnliches eigentlich denken müssen. Er versuchte sich an alles zu erinnern, was er seit seiner Jugend im wolkenverhangenen Cimmerien und später während seiner Wanderschaft durch den größten Teil der zivilisierten Welt über Dämonen gehört – und selbst erlebt – hatte. Feuer und Silber vertrugen sie angeblich nicht. Doch im Augenblick verfügte er weder über das eine noch das andere. Aber wenn solche Luftgeister feste Form annahmen, unterlagen sie auch den Beschränkungen dieser Gestalt. Dieses gigantische plumpe Ungeheuer konnte also nicht schneller laufen als ein sterbliches Tier seiner ungefähren Größe und Statur. Conan war sicher, daß er hurtiger zu rennen vermochte als eine solche Kreatur.
Er nahm all seinen Mut zusammen und brüllte mit klopfendem Herzen: »He, du, häßliches Monstrum! Traust du dich nicht heraus?«
Er erhielt keine Antwort. Der blaue Dunst wirbelte im Höhlengewölbe, ohne sich wieder zu verfestigen. Plötzlich erinnerte Conan sich an eine piktische Sage über einen Dämon, den ein Hexer herbeibeschworen hatte, um eine Gruppe fremdartiger Männer, die über das Meer gekommen waren, zu töten. Dieser Hexer hatte dann jedoch auch den Dämon zu seinen Opfern in die Höhle verbannt, in der dieser sie umgebracht hatte, damit der Dämon sich nicht gegen ihn, der ihn aus seiner Hölle gerissen hatte, wenden und ihn zerreißen könne.
Wieder wandte der Cimmerier seine Aufmerksamkeit den Truhen entlang der Tunnelwand zu ...
Im Fort befahl der Graf: »Schnell, hinaus!« Er zerrte an den Sperrbalken des Tores. »Zerstört den Schild, ehe die Fremden landen!«
»Aber Strombanni ist doch geflohen«, rief Galbro.
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